Das Ansehen Russlands hat in den letzten Wochen und Monaten im Westen doch argen Schaden genommen: Wahlbetrug, Korruption und Willkür der Justiz scheinen an der Tagesordnung zu sein. Dabei ist insbesondere die städtische Bevölkerung sehr am kulturellen Leben beteiligt. Der Stellenwert von Literatur ist meines Wissens im Gros der Bevölkerung viel höher als hierzulande. Gleiches ließe sich vermutlich auch über Musik sagen, aber wenig bis gar nichts klingt hier herüber (mir fällt tatsächlich keine einzige Band ein…). Die Avantgardisten POVAROVO sind da vermutlich nur die Spitze des Eisbergs.
Auffällig langsam, gar schleppend kommen die 15 Tracks auf „Tchernovik“ daher. Auch sehr reduziert. Melodieführend ist in der Regel ein Keyboard, das mal nach Klavier, mal nach Glockenspiel klingt, manchmal begleitet von Klangflächen, die zum Teil an Geigen erinnern. Meiner Meinung nach ist das Album aber dann am stärksten, wenn die Ambient-Klangflächen gänzlich fehlen und durch Klarinette ersetzt werden. Dann vermischen sich Klassik, Jazz und Trip-Hop wie in „After breake“ auf ganz wunderbare Weise, es gibt Raum für Pausen, Dramatik und, ja, Melancholie. Sparsam eingesetzte und meist düstere Samples sorgen zudem für enorme Abwechslung. Überhaupt handelt es sich in der Regel um recht kurzweilige Stücke, was für ein Genre wie Dark Jazz doch außergewöhnlich ist. Wem Bands wie BOHREN & DER CLUB OF GORE, DALE COOPER QUARTET & THE DICTAPHONES bzw. KILIMANJARO DARKJAZZ ENSEMBLE zusagen, der wird auch an POVOROVO Gefallen finden. Auf eine vereinfachte Formel gebracht: YANN TIERSEN goes Dark Jazz!