Mittlerweile weiß ich es zu schätzen, wenn mir beim Hören neuer Musik erstmal nichts einfällt. Kein Genre oder gar eine andere Band oder in diesem Fall auch kein Film. Denn wenn Musiker (manchmal ganz bewusst) mit ihrer Musik ausschließlich auf andere verweisen, vergisst man gelegentlich beim Hören, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: den Klang. Bei PAN & ME achte ich viel genauer auf das, was da gerade mit Instrumenten so gemacht wird. Ich höre im Laufe des Albums Streichinstrumente, Klavier und Geräuschsamples (Meeresrauschen, Gluckern, Plätschern, vielleicht das Geräusch eintauchender Ruder, irgendwann auch Glockenläuten, Fiepsen, Quietschen und im Hintergrund des zweiten Tracks etwas, das sich erst wie eine Dampflok und später wie fallende Bomben anhört).
Dabei bewegt man sich in den ersten Minuten noch auf vertrautem Terrain – eine traurige, einfache Cellomelodie, ich lese „Soundtrack“ im Untertitel und denke: „Das könnte irgendeinen Programmkino-Film untermalen.“ Dazu passt auch der kurze Text, in dem von den Aufnahmesessions in der Umgebung verlassener Aleutendörfer die Rede ist. Hier sollen wohl bestimmte Bilder in den Köpfen der Hörer erzeugt werden, die vermeintlich zur Musik passen, aber ich möchte mich beim Hören ungern lenken lassen. Allerdings sollte einen auch jetzt schon stutzig machen, dass hier jemand durch eine Gasmaske atmet. Und zum Glück schlägt es nach einigen Minuten komplett in etwas Anderes um: Aus dem Vinylknistern schält sich ein gerader Beat heraus, sogar eine Basslinie taucht schemenhaft auf, dazu werden verschiedene Geräusche verwoben: quietschende Türangeln, Gongschläge – ich habe leerstehende, große Gebäude vor Augen, durch die der Wind heult. Alles passt wunderbar zueinander, ich höre für mich neuartige, schwer kategorisierbare Musik und genau das brauche ich derzeit.
Man findet auch auf den weiteren Tracks Vieles – wuchtige Eisentonnenbeats, sägende Streicher, metallisches Schwirren, Surren und Scheppern, das immer wieder in übersichtliche Strukturen gezwungen wird, auch Blechblasinstrumente. Alles wird sehr dosiert dargeboten, nie wirkt etwas überladen oder ziellos. Und so entsteht eine Stimmung, der man mit Adjektiven wie „unheimlich“ oder „verstörend“ nicht mehr gerecht würde. Bei aller Düsternis überwiegt letztlich der Abwechslungsreichtum. Deshalb macht es mir Spaß, dem hier zuzuhören, und trotzdem klingt diese Musik überhaupt nicht gefällig.
Erst dem vorletzten Stück wird mehr Bombast gegönnt, mich erinnert es etwas an AMON TOBIN, wie hier Beats, Klavier und Synthesizer zusammengefügt werden. Mit den Streichern und hellen Synthesizer-Flächen des letzten Stücks endet das Album leider vergleichsweise versöhnlich, aber ein Großteil dieser 35 Minuten (weil so viel passiert, habe ich das Gefühl, dass die CD deutlich länger ist) ist aufregend, schön und überraschend zugänglich – nach dem letzten Ton bin ich hellwach.
Ich kenne leider noch nicht viele solcher Alben. Seit „Zamia Lehmanni“ von SPK, das atmosphärisch in eine ähnliche Richtung geht (obwohl es aus einer anderen Ära stammt und musikalisch auch ein ganz anderes Ding ist), hat mir Instrumentalmusik nicht mehr so gut gefallen.