Viele von euch werden das aus der Kolonialzeit stammende deutsche Kinderlied kennen, in dem sich eine Gruppe minderjähriger Schwarzafrikaner durch die Verquickung unglücklicher Umstände nach und nach buchstäblich dezimiert. Ähnlich erging es mir im Vorfeld des diesjährigen Open Flair-Festivals: Während zu Wochenbeginn noch Träumereien bezüglich einer illustren, bis zu acht Köpfe starken Reisegruppe durchaus realistisch erschienen, hagelte es plötzlich Absagen, und so waren 36 Stunden vor der geplanten Abfahrt auf einmal nur noch zwei einsame Seelen für den geplanten Trip nach Eschwege übrig. Darüber hinaus brach durch die ganzen kurzfristigen Ausfälle die komplette zuvor durchdachte Anreise- und Campingorganisation zusammen. Um es kurz zu machen: Am Donnerstag stand ich plötzlich vor einem organisatorischen Scherbenhaufen. Improvisation war gefragt, denn die Aussicht, nur zu zweit drei Tage lang ohne Festival-Luxusgüter (wie etwa einem dauerbetriebenen Grill oder einem Pavillonzelt) bei vorhergesagtem Regenwetter auf dem Open Flair auszuharren, erschien nur bedingt attraktiv. So beschlossen meine verbliebene Mitstreiterin und ich, dem Open Flair lediglich am Freitag einen Besuch abzustatten, da an diesem Tage das Line-Up am interessantesten war.
Da TURBOSTAAT aufgrund von Vaterfreuden seitens eines Bandmitgliedes (schön, dass sich ganz im Gegensatz zu unserer gesprengten Reisegruppe wenigstens andere Menschen vermehren…) ihren Auftritt kurzfristig abgesagt hatten, schien eine Anfahrt ohne Zeitdruck möglich, und eine Ankunft am frühen Abend zum Konzert der MAD CADDIES wurde angestrebt. Hier haben wir aber leider die Rechnung ohne die organisatorischen Rahmenbedingungen gemacht – was die Jungs aus Kalifornien ablieferten, klang aber zumindest vom Auto aus (Warteschlange vor den Parkplätzen) und zwischen dem Unmutsgegrummel der Umstehenden (riesige Warteschlange vor dem Kassenhäuschen) nicht schlecht…
Wenigstens das Wetter schien uns wohl gesonnen, denn anstelle des angekündigten Unwetters erfreuten wir uns an t-shirtlichen Temperaturen und konnten sogar den ein oder anderen Sonnenstrahl erhaschen. Zu THE SOUNDS waren wir dann endlich auch tatsächlich auf dem Festivalgelände. Die Schweden spielten auf der kleinen Bühne und brachten das davor befindliche Publikum gut in Wallung. Im Gegensatz zu dem etwas mauen Döner aus der Festival-Fressmeile wusste die Band auf jeden Fall zu überzeugen, auch wenn wir ihr nur am Rande unsere Aufmerksamkeit geschenkt haben. Anschließend übernahmen MADSEN auf der Hauptbühne das Kommando. Die Band gefällt mir auf der Bühne auf jeden Fall besser als im Radio, auch wenn die Publikumsanimation wirklich nicht sein musste. Aber einige Festivalbesucher brauchen so etwas scheinbar, um sich ins Geschehen eingebunden zu fühlen…
MUFF POTTER waren an diesem Abend wesentlich besser drauf als bei ihrem schwachen Hamburg-Gig bei der Visions-Tour vor einigen Monaten. Man merkt den Jungs gerade bei Festivals an, dass sie Lust haben mit dem Publikum zu spielen, anstatt nur stupide ein Programm einzustudieren und dieses anschließend routiniert abzuspulen. Improvisierte Ansagen mit dem Hang, sich selber nicht ganz ernst zu nehmen, sind mir tausendmal lieber alles Rockstargetue dieser Welt.
Als Headliner fungierten die BEATSTEAKS, die es als erste Band des Abends schafften, ausnahmslos das Interesse aller Festivalbesucher auf sich zu ziehen. Trotz des mittlerweile einsetzenden Regens war die Stimmung auf dem Siedepunkt, und so erlebten auch wir einen versöhnlichen Abschluss eines für uns vorzeitig beendeten Festivals.
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