Bevor dieser Samstag kam, hätte man die drei Gestalten fragen können: „Welches Konzert hättet ihr denn am liebsten noch einmal gesehen?“ Die Antworten wären gewesen: „ALANIS MORISSETTE“ (Jens), „TUBESTRIKE“ (Arne) und „YAGE“ (Akki). Doch wie gesagt, das war vor Samstag. Nach dem 02.02 fällt die Antwort anders, dafür aber einheitlich aus: die Militär- und Blasmusikparade 2008 in der Color Line Arena!
Es gibt multiple Gründe für diesen Sinneswandel. Zum einen wäre da der penetrante, süßliche Geruch von alten Menschen, der trotz der riesigen Halle in der Luft klebt und die herrliche Erinnerung an die Urgroßoma hervorruft, die einem eine Tafel Ritter-Sport Schokolade schenkt. Des weiteren seien die erzieherischen Blicke erwähnt, die einem gnadenlos entgegen geworfen werden, weil zerfetzte Jeans nun mal absolut nicht in diese Welt gehören. Und sie haben recht; die Erziehung greift: warum um Himmels Willen habe ich nicht meine braune Cordhose und die Jägerweste angezogen, ich Depp! Was habe ich bloß meiner armen Mutter mit meinem Outfit angetan? Und zu guter letzt natürlich die Sicherheit des musikalischen Verständnisses. Nirgendwo findet man so viele begnadete, taktsichere Hände-Klatscher wie an diesem Ort. Man, die Kraft der Masse wird hier mal wieder deutlich, und ich krieg jetzt noch ’ne Gänsehaut.
Und wenn ich nach diesem Erlebnis an all die Rock-Pop-Punk-Techno-Hardcore-Bands denke, die musikalisch eher einer Chaostheorie zu folgen scheinen, wird mir ganz schlecht. Ein bisschen Ordnung ist in einer Welt voll von Selbstmordattentätern, Immobiliencrashs und dem lateinamerikanischen Sozialismus des 21. Jahrhundert schon wünschenswert. Und genau eine solche Welt verbirgt sich hinter der Militär- und Blasmusikparade. Zünftiges Bier zu Strauß‘ Radetzkymarsch, ein paar schottische Männer in Röcken und ein Moderator, der sich für keinen Witz zu schade ist. Aber das macht auch nichts, solange das Publikum lacht. Und genau das haben die drei Gestalten auch getan: sie haben sich köstlich amüsiert!
(jg) In der Tat. Aber hätte ich bereits vorher gewusst, um was für ein Geburtstagsgeschenk es sich handelt, hätte ich es wahrscheinlich abgelehnt. Denn ich hatte die Wahl: entweder eines, das so bescheuert ist, dass es schon wieder gut ist oder ein eher funktionelles. Meine Wahl fiel natürlich auf ersteres, und so wird mein Handy auch zukünftig nicht mit einem solarbetriebenen Ladegerät wieder aufgetankt. Aber wie heißt es so schön? Wer nichts erwartet, kann auch nicht enttäuscht werden. Immerhin musste ich nicht alleine hin, und letztlich trafen wir direkt neben der ehemaligen AOL-Arena, die wir wegen des Derbys gegen 96 (Arne) ja eigentlich besuchen wollten, dann doch nicht nur auf verkappte Altnazis, wie zuvor befürchtet. Vielleicht lag’s daran, dass neben dem deutschen Orchester auch ausländische Truppen aufspielten. Und es gab letztlich nicht nur Frohsinn im Vier-Viertel-Takt, sondern auch so manche Exkursion in den Swing, Jazz und Klezmer. Vor allem der Militärmusikkorps Odessa stach dabei positiv hervor und überzeugte im Gegensatz zu den meisten anderen Uniformierten statt durch akkuraten Stechschritt eher durch musikalische Virtuosität, wohingegen der deutsche Umzug ungelogen „Highway to hell“ und „Smoke on the water“ intonierte. Wenn die Zuschauer gewusst hätten, zu welch unchristlicher Musik sie da soeben mitgeschunkelt haben…
Achso, und um Euch den Witz des Abends nicht vorzuenthalten:
Nach der letzten Musikparade habe der Moderator mit einem Zuschauer gesprochen, der vor allem von den goldenen Toiletten überrascht war. Worauf er sich gewundert, aber auch nicht weiter nachgefragt habe. Geklärt hat sich die Sache ein paar Tage später als er einen der beteiligten Musiker auf selbige Parade ansprach. Der fand sie zwar auch sehr gut, aber wenn er nur wüsste, welcher Sack ihm da in seine Tuba gekackt hat… In diesem Sinne: lasst’s krachen!