Und er hat es wirklich gemacht… Ich sprach vor dem Konzert mit mehreren Bekannten, und die Meinung war fast einstimmig: „A partial print“, das neue Album von TIGER LOU, kann mit seinem Vorgänger leider nicht mithalten. Zu glatt, zu mainstreamig, zu ruhig.
Ich gebe zu, auch mir gefällt „The loyal“ besser, allerdings nahm ich das neue Album nach dem Interview mit Frontman und Songwriter Rasmus Kellermann mit anderen Augen bzw. Ohren wahr, und es konnte tatsächlich in meiner Gunst steigen. Als mir nämlich bewusst wurde, wie viel Arbeit in dem Album steckt, wie ausgefeilt es arrangiert wurde und dass Rasmus viel am Gesang geübt und auf Doppelungen verzichtet hat – der Gesang, der bei mir anfangs gar nicht auf Begeisterung stieß. In besagtem Interview kündigte Rasmus auch an, dass er das Album live am Stück wiedergeben wolle. Und so sollte es dann auch sein.
Das Uebel & Gefährlich war sehr gut gefüllt, zuvor konnten FIREFOX AK das Publikum bereits auf ihre Seite ziehen, was nicht selbstverständlich ist, denn allzu viel Ähnlichkeit zu TIGER LOU bestand nicht. Hier trafen achtziger Discobeats auf einen gefühlvollen, aber kräftigen weiblichen Gesang, melodiöse Keyboards und Synthies, einen groovigen Bass und ein minimales Schlagzeug. Die Gitarre von Sängerin Andrea Kellermann hörte man hingegen kaum, vielleicht hätte sie das Instrument sogar beiseite legen können. Aber da die Anvertraute des TIGER LOU-Sängers ansonsten eher schüchtern wirkte, sorgten die sechs Saiten vielleicht auch für ein wenig Rückhalt.
Herr Kellermann selbst sang bei einem Song im Duett mit, ansonsten begann sein Auftritt erst eine Stunde später. Und zwar mit zwei mächtigen Openern: „The more you give“ / „The less you have to carry“ sorgte schon auf CD für einen guten Einstieg, live kam das Doppelpack aber so ungemein kraftvoll rüber, wie man TIGER LOU zuvor noch nie erlebt hat. Bombastisch! Danach ein paar gefühlvollere Nummern bis „An atlas of those our own“ auch live seine ganze Klasse offenbarte. Zur Hälfte des Sets verkündete Rasmus dann, was viele bereits bemerkt hatten: sie werden das neue Album komplett spielen –„from beginning to end“. Wie einfallslos, mögen manche denken, doch als kritischer Zuschauer kam man nicht umher, die Reihenfolge als perfekt aufeinander abgestimmt anzuerkennen. Hier wurde ein ruhiger Block von einem rhythmisch versierten Instrumental-Part abgelöst, dann ein Stück, bei dem der Gesang klar im Vordergrund stand und die Hälfte der Band zunächst von der Bühne trat. Aber was während des gesamten Auftritts am meisten auffiel, war die augenscheinliche Spielfreude der Band, die absolute Präzision der Musiker, ein klarer Gesang und ein toller Sound. Im Zugabenteil gab es auch endlich ein paar ältere Songs von den vorherigen Alben und EPs, und offensichtlich fiel ab diesem Zeitpunkt auch die Anspannung auf und vor der Bühne. Fast hatte es den Anschein, als ob „A partial print“ der Pflichtteil, die Zugabe hingegen die Kür war. Gut war zwar auch der erste Teil, richtig ausgelassen wurde es aber erst zum Schluss. Nichtsdestotrotz holte ich beim abschließenden Feedback unisono die Meinung ein, dass die neuen Songs live und laut doch um einiges besser gefallen als auf CD und dass Pontus ein unglaublicher Schlagzeuger ist. Nur eine kritische Stimme hörte ich nach dem Konzert – wenig überraschend von einem TIGER LOU-Fan, der das neue Album noch nicht kannte.