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MUDHONEY – Vanishing point

Keine Lust, hier mühselig die üblichen Sub Pop-/Grunge-/NIRVANA-Verweise einzeln unterzubringen und zu erläutern – wer 2013 den Kauf eines MUDHONEY-Albums erwägt, weiß, was auf ihn zukommt. MUDHONEY haben in den Achtzigern angefangen, Rock in der Tradition der STOOGES oder BLUE CHEER zu spielen – also wildes, dreckiges Zeug, das immer wieder mit Punk in Verbindung gebracht worden ist. Daran hat sich seit 25 Jahren nichts geändert und die Frage, ob das (Traditionsverbundenheit oder Stilwille?) gut so ist, wurde im Laufe der Jahre unterschiedlich beantwortet, spielt aber keine Rolle mehr, denn nach so langer Zeit ist man ohnehin jenseits von Gut und Böse, was irgendwelche Trends betrifft. Bleibt die Frage, ob „Vanishing point“ ein gutes MUDONEY-Album ist.
Obwohl ich ihr Schaffen seit „Piece of cake“ nur noch sehr unzuverlässig verfolgt habe (der „Vanishing point“-Vorgänger „The lucky ones“ hat’s bei mir auf höchstens drei Durchläufe gebracht, war mir zu eintönig, in die Alben davor habe ich jeweils nur kurz reingehört – wahrscheinlich ein Fehler), behaupte ich mal, dass „Vanishing point“ unter ihren Alben ein Highlight ist. Zumindest gefällt’s mir gerade genauso gut wie „Every good boy deserves fudge“ – und die hab ich früher rauf- und runtergehört. Gerechnet hatte ich damit nicht unbedingt, aber MUDHONEY klingen auf ihrem neunten Album so frisch und kraftvoll wie in den frühen Neunzigern und bestätigen eigentlich nur, dass ihr rotzig vorgetragener, HENDRIX- und 70er-STONES-lastiger Bluesrock tatsächlich eher mit dem (sicherlich fragwürdigen) Adjektiv „zeitlos“ belegt denn als Grunge-Eintagsfliege betrachtet werden sollte. Die Gitarren (natürlich twangy und fuzzy) ziehen ihre Schlieren wie eh und je; Frontmann Mark Arm singt auf seine unnachahmlich begeistert-gequälte Weise so grandios schief, als lägen Großtaten wie die EP „Superfuzz bigmuff“ Monate und nicht Jahrzehnte zurück.
Ihr Alter gereicht ihnen eher zum Vorteil – man hört eine Band, die richtig zusammenspielt, und die klare, unprätentiöse Produktion dient ausschließlich dem Ausstellen dieses Zusammenspiels. Dennoch wird Routine vermieden – recht typische, immer noch funktionierende MUDHONEY-Rocker wie „Slipping away“ oder „The final course“ wechseln sich ab mit etwas langsameren Stücken wie „What to do with the neutral“ (das mit seinem überkandidelten Sprechgesang und schrägen Groove noch einmal deutlich macht, dass MUDHONEY mehr mit Noiserock-Bands vom Schlage JESUS LIZARD oder sogar KILLDOZER zu tun haben als mit erfolgreichen Co-Grungern wie PEARL JAM), „Sing this song of joy“ oder der Hymne „I like it small“. Mit Versen wie „And I’ve got big enough balls to admit that I like it small“ wird hier die Haltung der Band unverschnörkelt auf den Punkt gebracht (zum Ende des Songs hin sogar mit Chor!): das trotzige Festhalten am Althergebrachten, lieber weiterhin „minimal production“, „dingy basements“ und „no expectations“ als etwas vermeintlich Neues, aber im Grunde nur Aufgepumptes, Substanzloses wie so viele gehypte Indiebands, die im Laufe von MUDHONEYs Karriere kurz aufgeglüht, dann aber genauso schnell wieder erloschen sind.