Viele Worte braucht man über MOBY ja nicht mehr zu verlieren. Dafür ist der nimmermüde Produzent schon viel zu lange im Geschäft. Und obgleich er es regelmäßig in die Charts geschafft hat, schwebte ihm doch immer eine gewisse Aura des Alternativen bei. Das ließ sich zum einen mit seinem Engagement für Tiere und seinem veganen Lebensstil begründen, zum anderen aber auch auf sein musikalisches Schaffen zurückführen. Denn obgleich er vornehmlich in der Techno/Elektro-Szene zu Hause war, verband er seine Musik stets mit ungewöhnlichen Stilen, und so standen verzerrte Gitarren und punkige Rhythmen neben schnellen Disco-Beats nie im Widerspruch.
Mit „Hotel“ liefert er jetzt ein Konzeptalbum ab, in dem er die Paradoxie seiner zweiten Heimat beschreibt. Ein Hotelzimmer, das, wenn man es betritt, einen Eindruck hinterlässt, als ob es neu und noch nie benutzt worden sei, von dem man aber weiß, dass es vielleicht erst wenige Stunden zuvor der Ort privatester Intimitäten, seien sie fröhlicher oder trauriger Natur, gewesen sein könnte. Und irgendwie passt die erste CD des Albums hundertprozentig zu dieser Beschreibung, denn leider weist die Musik keinerlei Ecken und Kanten mehr auf und klingt stattdessen steril, kommerziell und nicht im entferntesten Sinne mehr alternativ. Fünfzehn Songs, die vortrefflich in die gesichtslosen Charts von heute passen und als einzigen Einfluss neben dem Pop minimale Abstecher in die Dark Wave/EBM-Richtung aufweisen. Eine knappe Stunde voller Belanglosigkeiten, die stellenweise mit den billigsten Drumcomputer-Beats unterlegt wurden („Where you end“), stellenweise fast an ROBBIE WILLIAMS erinnern („Spiders“) und leider nicht mehr Charme als ein kühles, steriles Hotelzimmer besitzen.
Da erscheint CD2, die passenderweise „Hotel-ambient“-CD heißt, fast wie eine Entschuldigung an treue Fans, mit dem Beweis, dass er auch noch anders kann. Eine Stunde instrumentaler Musik, die zwar ähnlich leicht verdaulich wie YOSHINURI SUNAHARA klingt, aber zumindest der angenehmen musikalischen Hintergrunduntermalung dienen kann. Deshalb darf die Ambient-CD auch gerne in der Lounge Bar eines noblen Hotels laufen, aber bei CD1 würde ich schleunigst auschecken.
Drei Punkte für Disc 1, sieben Punkten für Disc 2, und außerdem gibt’s einen Zusatzpunkt für das wirklich schöne Artwork der CDs.