Eine vielversprechende Geschichte: Flemming Borby, Kopf von LABRADOR reist nach Kuba und findet dort die lang ersehnte Lässigkeit beim Musizieren. Begeistert von der Art des Spielens und der Energie der Musiker entschließt sich Borby, das vorliegende Album komplett in Havanna zusammen mit lokalen Studiomusikern aufzunehmen.
Was zunächst wie ein kleines „Tausend und eine Nacht“ aus der Post-„Buena Vista Social Club“-Ära klingt, entpuppt sich dann beim Hören leider doch ein wenig unspektakulärer als erhofft.
Lässigkeit? Auf jeden Fall. Das Kompliment vorweg. Offensichtlich war aber eine gleichberechtigte Fusion von kubanischen Musik-Elementen nicht unbedingt vorgesehen, wie man beim Lesen der Platteninfo noch hätte denken können. Jedenfalls wäre ich nicht unbedingt darauf gekommen, dass die Platte auf Kuba aufgenommen wurde, wenn ich es nicht gelesen hätte.
Am ehesten hervor sticht dieser Bezug in „Miracle“ durch die Rhythmen der Percussion-Instrumente im Hintergrund. Eine bis in die Tiefen der Songstrukturen greifende Prägung ist aber nicht auszumachen. Vielleicht war diese ja aber auch gar nicht beabsichtigt. Also nur falsch geweckte Erwartungen?
Trotzdem bleibt für mich etwas zentral, das fehlt. So etwas wie unterscheidbarer musikalischer Ausdruck. Die Platte plätschert an mir vorbei. Dabei ist eine thematische Vielfalt auf dem Album durchaus gegeben. Nur verschwindet diese in einem oft verträumten, stets gehaucht wirkenden Timbre der Stimme und einem für meinen Geschmack zu Keyboard- und Akustikgitarren-verklebten Tralala-Allerlei – was wirklich schade ist, denn dadurch rutschen die Songs immer wieder in das ab, was man, um den Begriff negativ zu gebrauchen, „Easy Listening“ nennen kann. Leider wird dieser Eindruck textlich oft auch mitgetragen, weil zu viele Klischees bedient werden, von „Summer and sun in my hand“ bis „Butterflies“.
Ein positives Gegenbeispiel stellt „Liberty“ dar, mein persönliches Highlight der Platte. Mit seiner melancholischen Grundstimmung und Durchlässigkeit bricht es noch am ehesten aus der gefühlten Konformität der sonstigen Songs heraus. Und die Wahnsinns-Trompete zum Schluss!
Spätestens aber ab „Butterflies“, möchte man dann laut schreien: „Nix Butterflies. Auch kein Miracle und so’n Zeug. Ich hole jetzt den bösen Wolf – jawohl!“
Ja, richtig! Denn das rauscht so weich und nichts-wollend dahin, dass es einen gelüstet, BLACK FLAG intravenös zu verabreichen. In homöopathischen Dosen. Natürlich.
LABRADOR veröffentlichen ein eigentlich gutes Pop-Album, das einen aber irgendwie seltsam spurlos zurücklässt. Auf dem Cover ist ein melancholisches Zitat des japanischen Autoren Haruki Murakami abgedruckt, in dem er seine Gedanken beim Landeanflug auf den Hamburger Flughafen an einem tristen Novembertag schildert. Das prägt sich mir fast am eindringlichsten ein.