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Kurz & schmerzlos (Oktober – Dezember 2021) – CD-Besprechungen in aller Kürze

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2021 geht zu Ende, und man hat das Gefühl, dass die Mehrheit der Menschen dieses Jahr mit einem seufzenden „Uff“ abschließen. In der Tat gab es in den letzten 365 Tage viele unschöne Ereignisse: in den USA stürmen Anhänger des scheidenden Präsidenten zu Jahresbeginn das Capitol, während dieser von Wahlbetrug spricht. In Russland wird ein prominenter Regierungskritiker festgenommen, im Nahen Osten erobern die Taliban Afghanistan zurück, auch zwischen Israel und Palästina kommt es nicht zur Ruhe. In Deutschland spüren wir die Auswirkungen des Klimawandels konkret an der Flutkatastrophe im Ahrtal, und weltweit gesehen muss man attestieren, dass Corona nach wie vor nicht vorbei ist.
Doch es gab auch positive Dinge zu vermelden: in den USA wird ein antidemokratischer Präsident nach einer Amtszeit abgewählt, in der Schweiz stimmt die Mehrheit für eine gleichgeschlechtliche Ehe, Beethovens zehnte Sinfonie wird von Künstlicher Intelligenz vollendet, und selbst das omnipräsente Coronavirus birgt aus ökologischer Sicht (fortschreitende Digitalisierung, Home-Office, weniger Reiseaktivitäten) manche Vorteile in sich. Dass Italien mit feinstem 70s Glamrock den Eurovision Song Contest gewinnt und mit der Squadra Azzurra und dem Altrecken Chiellini die nachgeholte EM, darf man ebenfalls als positive Randnotiz vermerken.
Doch was erwartet uns 2022? Ein neues Album von PLACEBO? Bereits angekündigt für den 25.03.22. Mehr Klimaschutz? So steht es jedenfalls im Koalitionsvertrag. Das Ende von Corona? Die WHO zeigt sich vorsichtig optimistisch, dass zumindest die schweren Verläufe ein Ende finden – eine entsprechende Impfquote vorausgesetzt. Der erste Pokalsieg von Borussia Mönchengladbach nach 26 Jahren? Hahaha, bleiben wir realistisch.

Rückblickend auf das letzte Quartal hier nun unsere Kurzreviews von Oktober bis Dezember 2021.

ACID MOON AND THE PREGNANT SUN – Speaking of the devil (Label: Tonzonen Records, VÖ: 15.10.2021)
(jg) Sie kommen aus Israel, sind nebenbei in Stoner Rock-Bands (u.a. THE GREAT MACHINE) unterwegs, haben nun aber eine Band gegründet, die sich mehr am Psychedelic und Sixties Rock orientiert. Erinnert mich ein wenig an THE SOUNDTRACK OF OUR LIVES, SUPER FURRY ANIMALS, SUPERGRASS und noch viel ältere Sachen. Ganz so, als ob man neben all dem Rockgedöns auch noch eine leicht hippieske Ader hat, die das Ehepaar Eden Leibermann und Aviran Haviv hier mit ihrer achtköpfigen Band auslebt. Dabei hat man fast das Gefühl, dass der Summer of Love es bis in die Corona-Zeit geschafft hat…
https://acidmoonandthepregnantsun.bandcamp.com

ANDREA MOTIS – Colors & Shadows (Label: Jazzline, VÖ: 12.11.2021)
(jg) Vor ANDREA MOTIS kann man wirklich nur den Hut ziehen! Eine Künstlerin, die die Trompete perfekt zu beherrschen scheint und mit ihrer Gesangsstimme nicht weniger beeindruckt. Hervorzuheben ist dies insbesondere, da die Barcelonerin erst 25 Jahre alt ist. Zugleich durfte sie aber schon die Bühne mit so namhaften KünstlerInnen wie QUINCY JONES, SCOTT HAMILTON und JOAN CHAMORRO teilen. Auch musikalisch bietet ANDREA MOTIS eine schöne Stilvielfalt von Bar Jazz, Swing, Big Band bis hin zu Latin. Was mich am Zusammenspiel mit der WDR BIGBAND COLOGNE aber doch ein wenig enttäuscht, ist die Tatsache, dass ihre Musik irgendwie antiquiert klingt und mit ihrer Makellosigkeit genauso gut bei einer Autohaus-Neueröffnung funktionieren würde. Ich würde mir ein wenig mehr persönliche Note und eigenen Stil wünschen. Aber vielleicht braucht es dafür auch einfach noch ein wenig mehr Erfahrung. Das Technische beherrscht die junge Spanierin bereit schon jetzt.
https://andreamotis.com/en/

BRNS – Celluloid swamp (Label: Yolanka Productions; VÖ: 22.10.2021)
(so) Bomabstischer,  sich stets steigernder Synthiesound mit verhallten Stimmen und teils zum Weltende hin kreischenden Gitarren, ein Hook zum Niederknien. So beginnt „Celluloid swamp“ mit „Get something“ – und ich hätte mir gewünscht, dass dieses Album nur eine Single ist. Denn danach wird es teils gruselig-jazzpoppig oder funky, jedenfalls ein Sammelsurium der Stile, was interessant, aber auch (wie in diesem Falle) anstrengend sein kann. Die Brüsseler Band probiert auf „Celluloid swamp“ schlicht alles aus, was man mit so einem Synthesizer halt machen kann. Und das ist ganz schön viel. Man kann das vielseitig und kontrastreich nennen – ich bleibe bei anstrengend.
https://www.facebook.com/BRNSmusic

BRUNO ANGELINI – Transatlantic roots (Label: Vision Fugitive, VÖ: 17.12.2021)
(jg) Interessant – ein Künstler, der das ziemlich dicke Booklet seines neuen Albums seinen Einflüssen aus Kunst, Kultur und Politik widmet. Hier tauchen Fotos von David Lynch und Spike Lee neben verblichenen Fotos von indigenen Künstlern aus der Zeit um 1900 herum und Screenshots aus Jim Jarmush-Filmen auf. Doch welche Musik macht BRUNO ANGELINI selbst? An erster Stelle Jazz, gefolgt von Avantgarde und Electronica (letzteres jedoch nur sehr versteckt als atmosphärische Flächen). Ärgerlicherweise ist die Trompete, die recht experimentell durch die Songs quäkt, hier das auffälligste Instrument und nicht Angelinis dezentes Pianospiel. Nicht einfach zu hören, aber sicherlich „open-minded“, wie es so schön heißt.
http://www.brunoangelini.com/

CHARLOTTE OC – Here comes trouble (Label: Embassy of Music, VÖ: 15.10.2021)
(so) Ja, nett. Eine Singer/Songwriterin mit klarer Tendenz zu R’n’B, die ziemlich zurückgelehnte Songs darbietet, die bei jedem Sektempfang hervorragend im Hintergrund laufen können. Ab und zu rutscht sie dann zurück in die Folk-Schublade und singt dir das nächste Lied vor. Die Stimme ist dabei sicherlich ein Pfund, dass CHARLOTTE OC in die Waagschale werfen kann, aber für mich ist’s eben nur dahinplätschernde Begleitmusik zu einer Tätigkeit deiner Wahl, solange sie nicht Tempo von dir verlangt. „Here comes trouble“ ist bestimmt in vielen CD-Regalen und Spotify-Playlisten gut aufgehoben (schaut man sich mal die Followerzahlen an), bei mir staubt sie leider ein.
https://www.facebook.com/CharlotteOCOfficial

CHURCH OF MENTAL ENLIGHT – The truth (Label: Niffa Records, VÖ: 03.12.2021)
(bc) „Eine glatt gebügelte Version von THE HIVES” schoss es mir durch den Kopf, als ich zum ersten Mal flüchtig in das Album von CHURCH OF MENTAL ENLIGHT reinskippte. So ganz kann ich diesen Vergleich nach mehrmaligem Hören allerdings nicht mehr nachvollziehen, denn neben diversen rockigen Passagen verfügt „The truth“ auch über einen gewissen Blues-Anteil, der sich vor allem in Stücken wie „The score“ oder „Slaves to the screen“ niederschlägt. Für Fans des guten, alten Skandi-Rock ist dieses Werk insofern nur bedingt zu empfehlen, wenngleich die Texte und Attitüde der Band durchaus in der Nähe des Punks anzusiedeln sind.
https://de-de.facebook.com/churchofmentalenlightment/

COLVER – Walk swim fly (Label: Eigenregie, VÖ: 24.09.2021)
(jg) Die europäische Promoagentur 5ive Roses Press ist bei blueprint vor allem wegen avantgardistischer Musik bekannt, die oftmals nicht allzu leicht zu hören ist. Umso überraschender, dass COLVER ihnen die Promotion ihrer selbstveröffentlichten Debüt-EP „Walk fly swim“ anvertraut haben. Denn die Musik der vier Belgier ist ausgesprochen zugänglich, man könnte sogar fast von „Easy listening“ sprechen. Musikalisch kann man COLVER irgendwo zwischen den Eckpunkten Indie, Neo-Psychedelic, Synthpop und Yachtrock einsortieren, tatsächlich würde ich auch dem Vergleich mit ihren Landsleuten von BALTHAZAR zustimmen. Perfekt geeignet für ein lauschiges Sommerfestival mit einem Caipi in der Hand und den Füßen im See. Ich bin gespannt, was man nach diesen fünf Songs weiter von COLVER hören wird.
https://www.facebook.com/colverbandbe/

DAS KITSCH – Teer und Federn (Label: In gute Hände, VÖ: 22.10.2021)
(so) Das zweite Album von KITSCH beschäftigt sich nicht mehr ganz so mit dem triefenden Kitsch, sondern versucht, auch die düstereren Seiten des Lebens zu beleuchten. Das tun sie auf ziemlich enervierende Art, denn nahezu alles auf „Teer und Federn“ schreit für mich Kunst – und das macht es eben weniger eindringlich, drängt sich dieser Gedanke doch immer wieder in den Vordergrund. Musikalisch breiten DAS KITSCH das gesamte Pop-Material vor unseren Ohren aus, klingen eben doch zu oft noch kitschig, sind die Texte auch noch so lyrisch (und das sind sie durchaus). Funk, Jazz, Rock, Electro… alles wird hier verwurstet und verwendet, für mich ergibt sich jedoch kein Ganzes aus den Versatzstücken.
https://www.facebook.com/daskitsch

DAYDREAM THREE – The lazy revolution (Label: Noja Recordings, VÖ: 08.10.2021)
(bc) Enzo Pepi, der führende Kopf hinter DAY DREAM THREE, hat laut Infoschreiben in den 2000er Jahren kräftig in der italienischen Post-Rock/Noise-Szene mitgemischt. Diese Einflüsse spiegeln sich zwar auch irgendwie im Songwriting von „The lazy revolution“ wider, insgesamt würde ich das Album jedoch eher in der Grunge- und Indie-Ecke verorten. Mit seinen angezerrten Gitarren und dem einerseits zurückhaltenden, aber dennoch eindringlichen Gesang klingt „The lazy revolution“ eher nach Seattle als nach Sizilien, bleibt dabei aber leider die ganz großen Hits schuldig.
https://www.facebook.com/Daydreamdaydreamdaydream/

DESERTRAIN – Grunge locomotive (Label: Grimond, VÖ: 10.12.2021)
(so) Schaut man auf das Cover von „Grunge locomotive“, so könnte man denken, die Band heiße eventuell auch Deserttrain (und tatsächlich habe ich mich auch beim ersten Lesen vertan). Aber DESERTRAIN haben nicht nur nur ein T im Bandnamen, nein, sie haben den des Albums auch ziemlich passend gewählt. Grunge eben. Grunge aus Polen in diesem Falle. Zwischendurch vermeint man auch, ein wenig Metal durchzuhören. Ansonsten bietet „Grunge locomotive“ ziemliches Standardprogramm für das Genre und ich bin unsicher, ob diese Lokomotive tatsächlich eine ganze Szene ziehen kann. Nett für Erinnerungen an vergangene Zeiten.
https://www.facebook.com/official.desertrain/

FASCINATION CURVE – Corona time in Amerika (Label: CMR, VÖ: 29.10.2021)
(bc) In welchem Verhältnis diese schwedische Band nun genau zu den Vereinigten Staaten von Amerika steht, ist mir nicht so ganz klar. Auf jeden Fall wurde „Corona time in Amerika“ in den USA aufgenommen, was angesichts des Titels logisch erscheint. Zugleich setzt sich das Album inhaltlich aber auch mit dem (überwiegend negativen) sozialen und politischen Geschehen auseinander, das dort während dieser Zeit stattgefunden hat: Rassismus und der Tod von George Floyd, die gesellschaftliche Spaltung des Landes im Zuge der Präsidentschaftswahlen und natürlich die verheerenden Auswirkungen der Corona-Pandemie. Couragierte, mutige, aber auch optimistische Texte, verpackt in sphärisch-experimentelle Folk-Songs, die es auch mal auf eine Länge von bis zu 20 Minuten bringen. Ein Album also, das man auf jeden Fall auf sich wirken lassen sollte.

FIXI & NICOLAS GIRAUD – Tempo Tempo! (Label: La Familia, VÖ: 19.11.2021)
(jg) Eine multiinstrumentale Hommage von diversen Künstlern/-innen an Schlagzeuger-Legende und Afrobeat-Mitbegründer Tony Allen (FELA KUTI, …). Musikalisch darf sich hier jede/r Künstler/in zwischen Jazz, HipHop, Soul, Chansons und Weltmusik austoben, wobei das Ergebnis am Ende überraschenderweise doch einen klaren roten Faden aufweist. Ganz so als ob man im Kampnagel eine Backing-Band auf die Bühne stellt und bei jedem einzelnen Song ein/e andere/r Gastmusiker/in hinzutritt und seine bzw. ihre persönliche Note hinzufügt. Insgesamt hätte ich mir auf dieser Kollaboration aber doch einen wenig mehr Jazz und dafür etwas weniger World Music gewünscht. Aber das ist natürlich eine sehr subjektive Einschätzung und wird einer Hommage an Tony Allen vielleicht auch nicht ganz gerecht.
https://la-familia.fr/artiste/fixi-nicolas-giraud/

LES YEUX D’LA TETE – Bonne nouvelle (Label: Fais & Ris, VÖ: 12.11.2021)
(jg) Französischsprachige Balkanbeats mit Sinti-Swing kriegen wir beim Blueprint-Fanzine auch nicht allzu oft zwischen die Finger. Klingt in der Summe wie eine Mischung aus „Die fabelhafte Welt der Amelie“, einem ausgelassenen Gartenfest und einer kroatischen Hochzeitskapelle – gute Stimmung garantiert und ziemlich lässig präsentiert. Wenn Völkerverständigung und musikalische Grenzüberschreitungen nur immer so unkompliziert funktionieren würde, wie es uns LES YEUX D’LA TETE auf ihrem mittlerweile fünften Album präsentieren!
https://www.lesyeuxdlatete.fr/

MLB TRIO – Birka (Label: Ilona Records, VÖ: 17.12.2021)
(jg) Der Bandname sagt es bereits aus: In diesem Trio sind die drei beteiligten Musiker Maillard (Piano), Luc (Gitarre) und Belmondo (Trompete) gleichberechtigt, wenngleich die klassische Gitarre (die für meinen Geschmack einen portugisischen Fado-Charme in ihren Kammerjazz mit einbringt) und die melancholische Trompete für den Hörer wesentlich präsenter sind als Thierry Maillard, der sich mit dem Klavier recht dezent im Hintergrund bewegt. Aber vielleicht fallen Trompete und Akustikgitarre hier auch einfach mehr auf, weil sie sich eben doch markant von der klassischen Jazztrio-Besetzung Klavier, Kontrabass und Schlagzeug unterscheiden. Ein ruhiges und zugleich ungewöhnliches Album!
https://www.thierrymaillard.com/

PESS – You can make Hamburger yourself (Label: Aagoo Records, VÖ: 26.11.2021)
(bc) Japaner*innen eilt hierzulande ja der Ruf voraus, in gewissen Dingen etwas – nun ja – speziell zu sein. Auch dieses Duo aus Tokyo schafft es nicht, dieses Vorurteil auszuräumen. Stattdessen gibt es hier recht schrägen, vor allem aber auch abwechslungsreichen Shoegaze- und Indie-Sound zu hören, garniert mit einer Sängerin, deren quietschige Stimme an eine Mischung aus Highschool-Musical und den Chipmunks erinnert. Bleibt aber definitiv im Gedächtnis.
https://www.youtube.com/channel/UC5ecGNJKRrusxQA3QpWSAaA

RELATE – Level up! (Label: Tangrami Records, VÖ: 05.12.2021)
(so) Zu Beginn von „Level up!“ meint man noch, eine aktuelle Version von THE ESCAPE (in etwas schneller) zu hören. Mit „Palette“ wird es dann düster-hymnisch, man mag von ULTRAVOX sprechen. In den Elektropop-Momenten haben RELATE aus dem Pott ihre besten. In denen, in denen sie dann leider doch zu viel nach NIGHTWISH klingen, ihre schlechteren. So recht kann sich das Album auch nicht entscheiden, wohin es nun eigentlich will, die vielen Wechsel machen „Level up!“ leider nicht interessant, sondern eher enervierend. Es steckt viel Power in RELATE, sie sollte vielleicht beim nächsten Mal in die richtigen Bahnen gelenkt werden, um nicht zu sehr ins Klein-Klein zu verfallen.
https://www.facebook.com/RelateBand

RUNNNER – Always repeating (Label: Run for cover Records, VÖ: 16.07.2021)
(so) Immer wiederholend. RUNNNER gibt sich auf diesem Album sehr viel Mühe damit, genau das nicht zu sein und nutzt dafür viele unterschiedliche Einflüsse aus den unterschiedlichsten Genres für seine Singer/Songwriter-Songs. Mal hier ein bisschen R&B, da ein bisschen Country und dort ein bisschen guten, alten Folk. Insgesamt ein durchaus gelungenes Label-Debüt für RUNNNER, der seinen Lebensmittelpunkt nach L.A. verlagert hat, auch wenn es dort „fucking dry“ ist. Ein Album, das sich durch Tempi- und Stilwechsel auszeichnet (hey, BRNS, so geht das auch!), sich Zeit für sich selbst nimmt und auch ein wenig Zeit braucht, bis es sich ins Herz gespielt hat. Aber das kann klappen.
https://www.facebook.com/runnnermusic

SPIDERGAWD – VI (Label: Crispin Glover Records, VÖ: 10.12.2021)
(jg) Als Schreiber von Blueprint steht man bei einer Plattenreview von SPIDERGAWD vor ähnlichen Problemen, wie wenn ein passionierter Biertrinker eine adäquate Rezension zu einem guten Wein schreiben soll. Ich kann lediglich erkennen, dass SPIDERGAWD sich irgendwo zwischen 70er/80er Hardrock mit leichten Metal- und Alternative Rock-Einflüssen bewegen, und dass sie ihre Sache ziemlich gut machen. Ihr sechstes Album ist ausgesprochen melodiös (man kann tatsächlich „mitsingbar“ sagen und gewisse Ähnlichkeiten zum Punk & Roll der BACKYARD BABIES erkennen) und hat fast durchgehend einen mitreißenden Groove. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass mir ein Konzert der fünf Norweger nach der Corona-Zeit (hier gehören Gedränge, Schweiß und Bier einfach dazu) durchaus Spaß machen würde. Wobei ich trotzdem anmerken muss, dass Gitarrensoli, die das Können des Musikers zur Schau stellen, und allzu hoher mehrstimmiger Gesang doch nach wie vor ziemlich befremdlich auf mich wirken.
http://www.spidergawd.no/

THE BLUE BUTTER POT – Jewel & Glory (Label: Air Force One, VÖ: 01.10.2021)
(jg) Ein Garage-/Blues-/Desert Rock-Duo aus Frankreich, das ZZ TOP und CREEDENCE CLEARWATER REVIVAL als Referenzen benennt. Für mich klingt das Ergebnis wesentlich mehr nach Garage und würde in meinen Augen gut in eine Kellerkneipe auf dem Hamburger Kiez passen. Dort könnte man sicherlich auch bei dem einen oder anderen Bier viel Spaß mit THE BLUE BUTTER POT haben. Es groovt und rockt, aber zu Hause würde ich dann doch eher zur JON SPENCER BLUES EXPLOSION oder den üblich Verdächtigen aus Palm Desert greifen.
https://www.thebluebutterpot.com

THE VEGETARIANS – Bill Haley (Label: Annellssongs, VÖ: 01.10.2021)
(bc) Vor etwa 20 Jahren haben THE VEGETARIANS als Cover-Projekt begonnen und Songs von Bands wie FRANK ZAPPA, YES, KING CRIMSON oder GENESIS neu interpretiert. Auf dem aktuellen Werk gibt es (fast) nur eigenes Material, wobei sich die Schweden nicht ganz zwischen Pop-, Progressive- und Classic-Rock entscheiden können. Und was das Album mit seinem Namensgeber BILL HALEY zu tun hat? Keinen Schimmer. Insofern bin ich angesichts des Bandnamens versucht zu sagen: Dies hier ist weder Fisch noch Fleisch.
https://de-de.facebook.com/The-Vegetarians-62627120666/

ZEITKONSUM – Zukunftsmusik (Label: Eigenregie, VÖ: 22.10.2021)
(so) Liebe Zeitkonsumenten: Echt? Das ist die Musik der Zukunft? Dann passiert mit Musik ja nicht mehr allzu viel, sie besinnt sich auf Althergebrachtes zwischen Punk, Rock und Folk, mischt das zusammen und schaut, was herauskommt. Hm, passt dann ja auch irgendwie zur Musik der letzten Jahre. Ist nicht gerade schlecht, was uns „Zukunftsmusik“ entgegenbrüllt, aber es ist eben doch viel zu viel Bekanntes und zu oft der Versuch, zu viel miteinander zu vermischen, um irgendwie interessant zu bleiben. Gelingt nur teilweise und bei mir ist bei kreischenden Gitarrensoli dann ja einfach Schluss. Wer für eine Zukunft ohne MONTREAL oder DIE ÄRZTE vorsorgen oder den leeren Platz zwischen DIE PRINZEN und DIE TOTEN HOSEN füllen möchte, der sollte hier zugreifen.
https://www.facebook.com/ZeitKonsum