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Bernd Brunner – Das Buch der Nacht

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Im letzten Jahr las ich das Buch „Streifzüge durch die Nacht“ von Dirk Liesemer, in dem der Autor seine Eindrücke von Nachtwanderungen auf Papier festhielt. Dabei schilderte Liesemer aus sehr persönlicher Sicht, was ihm bei Fußmärschen von der Nordsee bis in die Schweizer Alpen so auffiel. Wie ändert sich die Sinneswahrnehmung, muss man im Wald gerade nachts Angst vor Wildschweinen haben, was macht die Finsternis so eindrucksvoll? Nebenbei sprach er mit Märchensammlern, Jägern, Ornithologen, Astronomen und Esoterikern – ausschließlich nachts. Ein Buch, das mir gefiel und mich beim Thema Lichtverschmutzung (ein Begriff, zu dem ich mir zuvor noch nie Gedanken gemacht hatte) zum Nachdenken anregte.
Deshalb interessierte es mich umso mehr, wie Bernd Brunner mit dem Thema Nacht umgeht und aus welchem Blickwinkel er die dunkle Tageszeit betrachtet. Dazu sollte man vielleicht wissen, dass Brunner ein vielseitig interessierter Mensch ist, der neben BWL und Amerikanistik zuletzt Kulturwissenschaften studiert hat, als Fernseh- und Zeitschriftenredakteur sowie als Buchlektor tätig war und nach wie vor Artikel für diverse renommierte Zeitungen schreibt. Zuletzt aber zeichnete er sich vor allem als Sachbuchautor zu den unterschiedlichsten Themen aus, dabei unter anderem ein Buch über die Ornithologie, den Winter, auch über Bären, Weihnachtsbäume und Aquarien bis hin zu einer kulturfeuilletonistischen Betrachtung des Nordens.
Das lässt bereits erahnen, dass die Herangehensweise an das Sujet vollkommen anders ist. Auf den ersten Blick ist bereits die äußere Gestaltung der gebundenen Buchform eindrucksvoll: Glitzerpartikel auf dunklem Leinen, die das Buch tatsächlich funkeln lassen wie einen Sternenhimmel – dieses Konzept ging als Sieger aus einem Wettbewerb des Studiengangs Buch- und Medienproduktion der HTKW Leipzig hervor. Doch wie gestaltet man ein Sachbuch über die Nacht inhaltlich spannend?
In 35 Kapiteln betrachtet Brunner die Nacht aus verschiedenen Blickwinkeln. In einem davon geht es beispielsweise um die sprichwörtliche Stille der Nacht. Allzu ruhig ist es nachts in der Realität jedoch nur selten. Während einem in den Industriestaaten plötzlich das Brummen der Kühlschränke oder das Rauschen der Klimaanlage auffällt, berichteten Forschungsreisende in den Wüsten vom Singen oder sogar vom Dröhnen der Sandlawinen, während es in den Tropen zu einem wahren Konzert der Tierwelt kommt. In anderen Kapiteln geht es um das Reisen während der Nacht, die Veränderungen der Schlafgewohnheiten im Laufe der Menschheitsgeschichte und welche Künstler und Wissenschaftler scheinbar bedeutsame Eingebungen in ihren nächtlichen Träumen hatten.
So bietet „Das Buch der Nacht“ einen unterhaltsamen Überblick über die verschiedenen Aspekte der dunklen Tageszeit, wobei man jedoch kritisch anmerken muss, dass viele Themen (gerade aus naturwissenschaftlicher Sicht) nur oberflächlich angeschnitten und selten vertieft werden. Ebenso wirken die zahlreich eingestreuten Zitate von den verschiedensten Persönlichkeiten zu einem bestimmten Thema oft etwas wahllos zusammengesucht. So bietet dieses Buch zwar eine kurzweilige Unterhaltung, die sich als Bettlektüre tatsächlich gut eignet. Allzu große Erkenntnisgewinne oder Aha-Momente blieben bei mir jedoch leider aus.

Verlag: Galiani Berlin
Seiten: 192 Seiten, gebundene Ausgabe
Preis: 28€
Erscheinungstermin: 07.10.2021