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Kurz & schmerzlos (Juli – September 2022) – CD-Besprechungen in aller Kürze

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Ist bei Blueprint der Herbstblues eingekehrt, oder warum lassen die Kurzreviews diesmal so lange auf sich warten. Das zwar nicht, aber wie Ihr vielleicht in den letzten Tagen festgestellt habt, sieht unsere Seite derzeit etwas seltsam aus. Probleme in der Darstellung, Rettungsversuche, die das Layout zerschossen – alles Dinge, die man sich nicht wünscht, aber an denen wir hinter den Kulissen bereits fleißig herumwerkeln. Geduldet Euch also noch ein wenig (und meldet Euch gerne, wenn Ihr uns IT-mäßig unterstützen wollt), voraussichtlich im November werden wir mit einer aktualisierten Seite im neuen Design wieder voll und ganz für Euch da sein. Bis dahin wird hier ein wenig improvisiert, aber unsere Kurzreviews wollen wir Euch natürlich trotzdem nicht vorenthalten. Viel Spaß beim Stöbern mit einer bunten Mischung aus Art Rock, Electro-Funk, Nu-Jazz, Kabarett, Soul, Modern Classic, Break Beats, Roots Rock, Afrobeat, Synphonieorchester, Krautrock, armenischer Folkmusik, Big Band, Radiopop und „Popeln für Fortgeschrittene“.

13YC – Haha gravity (Label: Tomatenplatten, VÖ: 14.09.2022)
(jg) Bei Blueprint freuen wir uns ja immer wie Bolle, wenn wir physisch bemustert werden. Umso mehr, wenn es sich nicht nur um eine Promo-CD im Schuber, sondern um ausgefallenere Formate handelt. Ihr drittes Album „Haha gravity“ (eine Anspielung auf den aktuellen Trend, Fakten zu leugnen?) der Berliner Band 13YC erscheint wahlweise auf LP, Tape oder digital auf drei verschiedenen Labels in Deutschland, Spanien und der Schweiz. So viele Optionen! Die bieten die drei MusikerInnen von 13YC aber auch musikalisch. Klassische Instrumente wie Drums, Bass und Keys in Kombination von drei Samplern, dazu die Wurzeln im Jazz und die Gedanken bei Marx. Heraus kommt dabei ein experimenteller Mix aus Indie, Post-Punk, Elektro und R&B, der wegen seiner guten Ideen eher überrascht als anstrengt. Wer auch mit Bands wie BLONDE REDHEAD, TENNISCOATS und SPIRIT FEST etwas anfangen kann, sollte dies mal auschecken!
http://www.13yearcicada.org/

EDDIE HARRIS QUARTET – Live at Fabrik, Hamburg 1988 (Label: Jazzline, VÖ: 23.09.2022)
(jg) Eine Reihe von Live-Konzerten aus der Fabrik in Altona – vor meiner Hamburger Zeit. Genaugenommen liegen die besagten Konzerte des Multiinstrumentalisten EDDIE HARRIS (Trompete, Tenor Saxophon, Klavier, Gesang) sogar schon mehr als 30 Jahre in der Vergangenheit und bilden somit die Fortsetzung der „Live at Fabrik“-Reihe von Jazzline und NDR Kultur. Dabei fällt sofort auf, dass das hier festgehaltene Konzert genauso gut vor einer Woche hätte stattgefunden haben können, so zeitlos klingt der Jazz, den er zusammen mit Darryl Thompson (Gitarre), Ray Peterson (Bass) und Norman Fearrington (Drums) performt und gekonnt mit Funk und Soul vermischt, als ob diese Stile schon immer zusammen gehört hätten. Die besagten Grenzüberschreitungen machen dieses Album überraschend zugänglich. Ein wichtiges Stück musikalische Zeitgeschichte, das die Vielseitigkeit und Experimentierfreude des 1996 verstorbenen Musikers noch einmal unterstreicht, der außerdem mit Künstlern wie JEFF BECK, ALBERT LEE und YES zusammengearbeitet hat.
https://de.wikipedia.org/wiki/Eddie_Harris

ERIK DAHL – Music for small rooms (Label: Svalka Records, VÖ: 06.06.2022)
(jg) Was kommt dabei heraus, wenn ein Komponist, der in der Regel für Tanz- und Theaterproduktion Stücke schreibt, sich dazu entschließt, ein eigenes Album zu veröffentlichen? Im Falle von ERIK DAHL ist es ein Pianoalbum geworden, das sich aber von vielen Modern Classic-Produktionen unterscheidet, indem das Instrument nicht als solches im Fokus steht. Häh? Wahrscheinlich ging es dem Schweden vielmehr um das Festhalten seiner kreativen Ideen, bei denen das Klavier als Mittel zum Zweck diente, quasi als Übersetzer seiner Noten. Dafür spricht, dass Dahl bei einigen Stücken Harmonium, Gesang, Geige, Gitarre, Klarinette, Synthies und sonstige Beats und Sounds dezent ergänzt, um die gewünschte Stimmung zu erreichen. Letztendlich also doch ein gar nicht allzu überraschendes Ergebnis für einen Komponisten, das sich aus Sicht des Hörers aber sehr wohl von sonstigen Solo Piano-Alben abhebt.
https://soundcloud.com/erik-dahl

EXTRA LIFE – „Secular works, Vol. 2” (Label: Last Things, VÖ: 02.07.2022)
(bc) Die New Yorker Formation EXTRA LIFE spielt ziemlich eigenwilligen Avantgarde / Art Rock, den ich mir irgendwie auch gut als progressive Rock-Oper vorstellen könnte. Doch auch auf die Gefahr hin, als Kunstbanause abgestempelt zu werden: Bereits der erste (und nebenbei bemerkt achtminütige) Track raubt mir den letzten Nerv. Könnte laut abgespielt vielleicht auch als Foltermethode funktionieren. Angesichts der Cover-Gestaltung erscheint mir dieser Gedanke gar nicht mal so abwegig…
https://www.facebook.com/extralifetheband/

FANFARA STATION – Boussadia (Label: Garrincha Gogo, VÖ: 02.09.2022)
(jg) Kleines Ratespiel: dieses Album wird mit einem Hitchcock-ähnlichen Schrei eingeleitet, der durch Mark und Bein geht. Welche Musik machen FANFARA STATION? Falsch. Weder Metalcore, noch Psychobilly. Aber die Antwort ist auch nicht vorherzusehen gewesen. Denn wie beschrieb es Kollege Bernd bereits ganz zutreffend? „Hier treffen nordafrikanische Klänge auf eine Brass Band und vermischen sich mit Elektro und Break Beats zu einem gleichermaßen modernen wie exotischen Gesamtsound. Hab ich in dieser Form auch noch nie gehört.“ Ich ebenfalls nicht und wahrscheinlich auch sonst niemand. Ziemlich viel Alarm jedenfalls, das zugleich die ethnischen und musikalischen Wurzeln der beteiligten Musiker widerspiegelt. Das klingt ab und an etwas jazzig, viel häufiger aber nach Straßenmusik, wild, revolutionär und zugleich tanzbar. Könnte ich mir gut zum joggen vorstellen, wenn ich damit endlich mal wieder anfangen würde.
https://www.facebook.com/fanfarastation/

GEBHARDT – Geb Heart (Label: Apollon Records, VÖ: 23.09.2022)
(so) Nun… also, da möchte der ehemalige MOTORPSYCHO-Drummer irgendwie klingen wie ein rockiger TOM WAITS oder vielleicht auch die härtere Version der THE INDELICATES. Beides funktioniert nur so semi. Auch die TOM PETTY-Anleihen sind nicht unbedingt zielführend. „Geb Heart“ ist ein Album, das es sich im großen See des Rock auf einer Seerose gemütlich gemacht hat und sich von den Wellen der anderen tragen lässt. Nein, das ist nicht wirklich schlecht, es ist nur so… ich kann noch nicht einmal genau sagen, was mich daran stört, aber es kommt bei mir nicht dort an, wo Musik hingehört: Im Herzen. Ganz nette Songs und ganz nette Melodien machen eben doch eher den Supermarkt-Soundtrack als den deines Lebens.
https://gebhardt.bandcamp.com/album/geb-heart

I SPEAK MACHINE – War (Label: ISM Records, VÖ: 22.04.2022)
(so) Vertrackter Elektrosound trifft auf harten Sprechgesang, erinnert in den besten Momenten an ANNE CLARK, wird dann wieder extrem noisy und durchaus auch dem Industrial zugewandt. Ein experimentelles Album, das es den Hörenden schwer macht, sich wirklich darauf einzulassen, da es dafür einfach nicht genug Zugänge liefert, immer wieder die eine oder andere Tür vor uns zuschlägt, wenn wir sie gerade mit Macht geöffnet haben. Dann wieder gibt es Gesangslinien, die an DIE FORM denken lassen. Überhaupt würde diese Musik auch ganz gut in einen SM-Club passen, Rhythmus und Melodie sind in der Lage, diese Bilder zu erzeugen. Ein schwer zugängliches, dennoch irgendwie faszinierendes Album.
https://ispeakmachine.bandcamp.com

JEFFREY HALFORD AND THE HEALERS – Soul crusade (Label: Continental Song City, VÖ: 23.09.2022)
(jg) Albumtitel und Artwork ließen mich auf eine Soulband tippen, aber tatsächlich macht Jeffrey mit seinen Heilern reinen Blues mit leichten Americana-, Roots Rock- und Alt.Pop-Einflüssen. Sehr relaxte Musik des Musikers aus San Francisco, inklusive Slide-Gitarre und Bottleneck-Solo. Das klingt so herrlich nach good ol‘ America, kommt aber zugleich auch ein wenig einschläfernd daher. In einer abgerockten Bar in Texas mit dem einen oder anderen Budweiser dazu könnte ich mir das aber durchaus unterhaltsam vorstellen.
https://continentalrecordservices.bandcamp.com/album/soul-crusade

KAURNA CRONIN – Harsh beauty (Label: Eigenregie, VÖ: 24.06.2022)
(so) Hatte mich das letzte Album von KAURNA CRONIN noch ein wenig an BOB DYLAN denken lassen, so gelingt dies auf „Harsh beauty“ nur noch aufgrund der teils eingesetzten Mundharmonika. Ansonsten ist es dieses Mal leider so, dass die Songs eher dahinplätschern, sich in den Sümpfen des Pop tummeln und auch gut als Hintergrundmusik fürs Einkaufen taugen. Irgendwie ist dieses Album zwar schon eine „harsh beauty“, aber mir sind da zu viele Filter drübergelegt, um die Kanten und Falten zu glätten. Das ist sehr schade, denn man merkt dem einen oder anderen Song durchaus an, dass er die Fähigkeit gehabt hätte, sich deutlich größer zu machen, wenn man ihm seine Eigenarten gelassen hätte.
https://www.facebook.com/kaurnacronin/

L&S – „When the vowels fall” (Label: Serotine Records, VÖ: 23.09.2022)
(bc) Hinter dem Pseudonym L&S verbergen sich mit Anthony Laguerre und G.W. Sok zwei Musiker, die eher experimentellen Klängen zugewandt sind. In diesem Fall trifft Poetry auf Indie Rock und Symphonieorchester. Stellenweise klingt „When the vowels fall“ wie eine Mischung aus Filmsoundtrack und Rock-Oper, nimmt immer wieder völlig neue Wendungen und verlangt den Zuhörenden dabei einiges an Aufmerksamkeit ab. Eher was fürs Feuilleton als für unserer relativ einfach gestricktes kleines Musik-Fanzine.
https://www.facebook.com/gwsok2/

LA JUNGLE – Ephemeral feast (Label: Black Bassett, VÖ: 10.06.2022)
(so) Auf „Ephemeral feast“ schreit es nur so Krautrock – wenn es nicht gerade Noise schreit! Eines kann man LA JUNGLE auch auf ihrem fünften Album nicht absprechen: Experimentierfreude. Denn die ist in einem Ausmaß vorhanden, dass sie für fünf Bands gereicht hätte. Hypnotisch bis zur Extase steigern sich so manche Tracks auf diesem Album, kriechen tief in die Eingeweide und wühlen sich dort ihren weiteren Weg ins Zentrum des Wahnsinns. Spannend ist das allemal, was LA JUNGLE hier darbieten, insbesondere, wenn sie fast schon in Richtung Breakbeat tendieren, was ihnen das eine oder andere Mal durchaus gelingt. Sicherlich ist „Ephemeral feast“ nicht jedermans Sache – muss aber ja auch nicht, dieses Album wird seine Fans finden.
https://blackbassetrecords.bandcamp.com/album/ephemeral-feast

LUDIVINE ISSAMBOURG – Supernova (Label: Loops Production, VÖ: 01.07.2022)
(jg) Die Flöte wird gerne in die esoterische Ecke oder in die Sparte Weltmusik gedrängt. Wenn man sein Instrument aber perfekt beherrscht und mit guter Musik unterlegt, kann letztendlich auch ein sehr abwechslungsreiches Nu-Jazz-Album dabei herauskommen, wie LUDIVINE ISSAMBOURG hier beweist. Auch dem Electro-Funk gegenüber nicht abgeneigt, erinnert mich das Ganze mitunter auch an die tollen NUBIAN TWIST, neigt zum Albumende aber leider dazu, ein wenig anstrengend zu werden und in Richtung Freejazz abzudriften. Könnte ich mir trotzdem ziemlich gut im November beim Überjazz auf Kampnagel vorstellen.
https://www.ludivineissambourg.com/

PAPA SHANGO – „Risk assassment“ (Label: Lucky Bob Records, VÖ: 30.09.2022)
(bc) Der Zirkus ist in der Stadt! Und diese Aussage ist im Fall von PAPA SHANGO durchaus wörtlich zu nehmen. Denn die zwölfköpfige Truppe aus Großbritannien ist nicht bloß eine Rockband, sondern liefert live dem Vernehmen nach eine aberwitzige Mischung aus Kabarett, Freak Show und Verkleidungsparty ab. Dem vom Infoschreiben angeführten musikalischen Querverweis auf THE DARKNESS und RAGE AGAINST THE MACHINE kann ich mich ebenfalls nur anschließen, so dass letztendlich nur noch eine Frage im Raum steht: Wann gastieren die endlich mal hier in der Gegend?!?
https://de-de.facebook.com/papashangomusic/

PAPIERS D’ARMENIES – Guenats Pashas (Label: Meeredith, VÖ: 26.08.2022)
(jg) Sehr folkloristisch kommt dieses Ensemble aus Frankreich daher, das in seiner Folkmusik traditionelle armenische Instrumente mit einbaut. Auf Festivals setzt sich solch traditionelle Musik, die mit den westlichen Hörgewohnheiten bricht, immer mehr durch. Auf dem diesjährigen Alinae Lumr war beispielsweise eine rumänische DJane, eine Jazz-/Soul-Sängerin mit brasilainisch-norwegischen Wurzeln und anatolischer Folkpop dabei. Meinen persönlichen Geschmack trifft diese Musik nicht. Aber wer sich gedanklich auf eine orientalische Entdeckungsreise begeben mag, wird mit PAPIERS D’ARMENIES dabei bestens unterstützt.
https://www.facebook.com/papiers.armenies/

PFF-Zine #4 (Eigenverlag)
(bc) Markus Magenbitter ist Punkrocker, zeichnet gerne Comics und gibt das Fanzine „Popeln für Fortgeschrittene“ heraus, in dem er neben seinen Zeichnungen sowie Platten- und Konzert-Reviews vor allem viele persönliche Gedanken zu Papier bringt. In Ausgabe #4 beschäftigt er sich ganz besonders mit dem Thema „Political (Über-)Correctness in der Punk-Szene“, da er mit seinen oftmals provokanten Comics in Teilen der linksalternativen Szene immer wieder aneckt, was in einigen Fällen sicherlich ein Stück weit berechtigt ist, in anderen Situationen allerdings auch bei mir für Verwunderung sorgt. Besonders interessant fand ich zudem den Artikel, in dem er sich aus seiner eigenen Perspektive als Mensch mit Handycap mit dem Thema „Privilegien“ auseinandersetzt. Das Heft im Hosentaschen-Format kostet schlappe 1,50 € und kann unter folgender Webadresse bestellt werden:
http://magenbitter.net/

PSYCHIC SEIZURES – Viral control (Tape) (Label: Eigenregie, VÖ: 26.06.2022)
(so) Lo-Fi, wo man nur hinhört. Mads Jorgensen treibt es hier auf „Viral control“ bis zum Exzess mit der Lo-Fi-Attitüde. Irgendwie ist das ganz gut hörbar, dann wird es wieder viel zu noisig und experimentell-seltsam. Es klingt nach Garage, allerdings nicht unbedingt nach der Musikrichtung, sondern tatsächlich nach Garage (ihr wisst schon: Autoschuppen). „Viral control“ ist ein Klanggewitter, dem ein wenig die reinigende Wirkung abhanden gekommen ist. Oftmals ist es fast schon anstrengend, den Songs über die gesamte Länge zu folgen und sich darauf einzulassen. In jedem Fall kein Album für zwischendurch mal eben so zum hören. Große Besonderheit: Es kommt als Tape!
https://psychicseizures.bandcamp.com/album/viral-control

RONJA MALTZAHN – Heimweh (Label: Timezone, VÖ: 29.07.2022)
(so) Ihr sucht nach dem Inbegriff für Singer/Songwriter-Pop? Dann habt ihr ihn meiner Meinung nach mit RONJA MALTZAHN gefunden. Ja, das ist instrumental betrachtet echt interessant, die eingesetzten Instrumente könnten hier die Besonderheit bedeuten. Jedoch treten sie gegenüber der Produktion massiv in den Hintergrund, es bleibt ein weicher, klebriger Klangteppich, auf dem man sicherlich gut träumen kann, wenn man so irgendwo zwischen 12 und 20 ist. Textzeilen wie „wir haben alle Zeit der Welt“, „ich frag mich, woher ich komm und wohin ich geh“, dazu eingestreute Streicher und teils kleine Elektrosprengsel. Na ja. Mir zu schwülstig und bombastisch, weniger wäre mehr gewesen.
https://ronjamaltzahn.de

SCREAM OF THE BUTTERFLY – The grand stadium (Label: Red Revolver Records, VÖ: 09.09.2022)
(jg) SCREAM OF THE BUTTERFLY haben sich dem Retrosound verschrieben und decken dabei eine enorme Bandbreite ab. Laut Bandinfo bedienen sich die Berliner in den Sechziger und Siebziger, setzen gerne ihre Hammond-Orgel und das Wah-Wah ein, machen aber auch vorm Neunziger Grunge nicht halt. Ich persönlich höre hier auch noch etwas BLACKMAIL und SCUMBUCKET heraus, die zu Beginn der 2000er populär und auf BluNoise beheimatet waren. Aber ist so ein Rundumschlag nicht etwas zu ziellos? Das zwar nicht unbedingt, ein roter Faden lässt sich hier durchaus erkennen, aber mich begeistert das eher simpel gehaltene gitarrenrocklastige Songwriting einfach nicht. Aber das muss nicht viel heißen – im September haben die Jungs immerhin eine zehntägige England-Tour abgehalten – und das trotz der aktuell erschwerten Tourbedingungen!
https://sotb-band.com/

SENJA SARGEANT – s/t (Label: Ruby Records, VÖ: 29.07.2022)
(so) Tja, leider ist’s genauso, wie Jens uns in seiner Ankündigung bereits wissen ließ: Nette Stimme, ganz gut anzuhören, letzten Endes aber nicht mehr als Radiopop. Schade, da wäre wirklich mehr drin gewesen, wenn der Mut für mehr Experimentieren da gewesen wäre. Ist er leider nicht, weswegen SENJA SARGEANT möglicherweise recht erfolgreich im Chartsradio ankommen könnte, sich in meinem Herzen aber keinen Platz ergattern wird. Dafür ist das alles dann doch zu nichtssagend. Bestimmt gibt es aber jede Menge Menschen, die diese EP aufgrund der Stimme (und vielleicht auch der Einfachheit) feiern werden.
https://www.senjasargeant.com

STEVE GADD / EDDIE GOMEZ / RONNIE CUBER – Center stage (Label: Leopard, VÖ: 23.09.2022)
(jg) Hat jemand von Euch schon mal die NDR Big Band auf dem Elbjazz oder an anderer Stelle live gesehen? Vom Groove und der Bühnenaction immer wieder ein Erlebnis! Hier nun zwar nicht die große Band aus dem Norden, sondern aus dem Westen (WDR) mit drei namhaften Musikern als Gästen, die schon mit ERIC CLAPTON, PETER GABRIEL, PAUL MCCARTNEY, HERBIE HANCOCK und anderen zusammengespielt haben. Auf „Center stage“ kommt es nun quasi zur Reunion der GADD GANG und das Grooven haben sie in all den Jahren nicht verlernt. Wen wundert’s, treffen hier doch Profis auf Profis. Musikalisch auf höchstem Niveau, zugleich aber angenehm leicht zu konsumieren. Genau darin liegt wahrscheinlich die Kunst!
https://www.drstevegadd.com/

SU ANDERSSON – Brave (Label: Roots and Ramblers, VÖ: 22.07.2022)
(so) Sehr soulig kommt es daher, dieses Album. Die schwedische Singer/Songwriterin SU ANDERSSON präsentiert ein so gar nicht schwedisches Album, sondern eher ein amerikanisch geprägtes Pop-Album, das sich auch in vom Staub der Straße belegten Motels zu Hause fühlen dürfte. SU ANDERSSONs Stimme changiert dabei zwischen lasziv und verletzlich, zwischen spät abends an der Bar und früh morgens in der Sonne. Ein durchaus gelungenes Singer/Songwriter-Album, das sich durch die einzelnen Aspekte der Folk/Pop-Musik spielt und dabei eben besonderen Wert auf die amerikanische Herangehensweise legt. Und das gelingt gar nicht mal schlecht.
https://www.facebook.com/SuAnderssonOfficial/

TCHAVOLO SCHMITT – Miri Chterna (Label: Mambo Productions, VÖ: 26.08.2022)
(jg) Sprach ich bei PAPIERS D’ARMENIES‘ Album „Guenats Pashas“ noch von einer orientalischen Entdeckungstour, nimmt einen der Gitarrist TSCHAVOLO SCHMITT mit auf eine Reise in den Jazz Manouche, besser bekannt auch als Gypsy-Jazz. Seine Wurzeln hat diese Musik in Frankreich, und ganz so fremd erscheinen mir die Klänge nicht, vielleicht auch weil sie dem Swing im Grunde viel näher sind als dem Jazz. Ganz leichtfüßig kommt dieses Album daher, beamt mich gedanklich fast ein wenig nach Havanna. Faszinierend, dass TCHAVOLO SCHMITT schon mit großen Schritten auf die 70 zugeht, aber musikalisch nach wie vor sehr jugendlich klingt. Tipp!
https://www.facebook.com/groups/509675465829091/

THOSE BARREN LEAVES – W.I.A.B.R. (Label: Eigenregie, VÖ: 09.09.2022)
(jg) Eines sollten Bands sich schon vor ihrer Gründung überlegen. Wer sich beispielsweise „Pure intensions might leave“ nennt, wird hinterher immer PIML abgekürzt werden. Will man das? Umso unverständlicher, warum man den Albumtitel gleich bedeutungslos abkürzt: „W.I.A.B.R.“ – nun denn. Aber kommen wir zur Musik von THOSE BARREN LEAVES. Die Stücke zu ihrem zweiten Album sind coronabedingt in Eigenregie zu Hause entstanden und wurden erst nachträglich im Studio um einzelne Instrumente ergänzt. Das nenne ich DIY. Und das Ergebnis kann sich absolut sehen lassen. Sehr atmosphärische Musik, die sich irgendwo zwischen den Polen Indie, Shoegaze und Stadionrock bewegt. Auch wenn die Produktion verständlicherweise nicht High End ist, erkennt man eindeutig, dass das Göteborger Paar ein Händchen für große Gefühle hat. Könnte ich mir gut als Support einer großen Band wie z.B. KASHMIR oder COLDPLAY vorstellen.
https://www.facebook.com/thosebarrenleavesmusic/

TWIN DIVE – „Lavish material“ (Label: Eigenregie, VÖ: 09.09.2022)
(bc) Ich sag mal so: Hätten NIRVANA im Laufe ihrer Karriere ein Noise-Album veröffentlicht, würde das Ergebnis möglicherweise so ähnlich klingen wie dieses Lo-Fi Duo aus Aarhus. TWIN DIVE klingen auf „Lavish material“ entgegen des eher pittoresken Artworks eher angepisst als angepasst und sind perfekt für die Art von kleinen, verrauchten Kellerclubs geeignet, die sich erst nach Mitternacht so richtig füllen. Da fällt mir ein, dass ich endlich mal wieder ins Komet müsste…
https://www.facebook.com/twindiveband/