Kürzlich sah ich eine meiner Lieblingsbands live im Knust, Hamburg: ROCKET FROM THE CRYPT. Ihre besten Zeiten hatten sie zwar schon Mitte der Neunziger, aber selbst mit annähernd 50 Jahren auf dem Buckel rockten die Boys aus San Diego noch mächtig den Arsch weg. Zur Zugabe erzählte Sänger/Gitarrist Speedo eine kleine Anekdote: als sie Mitte der Neunziger erstmals in Deutschland auftraten, spielten sie, wie in Amerika üblich, ein knappes Set von 45 Minuten, das nur aus Hits bestand. „All killer, no filler!“ Das Publikum sei total ausgeflippt und habe sich noch während des Konzertes am Merchstand mit Platten und Shirts eingedeckt. Als sie ihren Auftritt aber beendet hatten und nicht auf die Zugabe-Forderungen des Publikums eingingen, drehte sich die Stimmung ins Gegenteil: aufgebrachte Leute kamen zum Merch und forderten ihr Geld für die Shirts zurück.
Speedo kommentierte diesen Zustand mit den Worten: „Okay, Ihr habt gewonnen. Wir spielen also das Spiel – runter von der Bühne und ein paar Minuten später für ein paar Songs zurück – seitdem mit. Wobei ich mich noch heute frage, was so ein altbackenes Klischee bitte mit Rock & Roll zu tun hat…“
Wahre Worte eines weisen Mannes. In diesem Sinne: kurz & schmerzlos!
ALLRED & BRODERICK – „Find the ways“ (Label: Erased Tapes, VÖ: 07.04.2017)
(jg) Ein Duo zwischen Peter Broderick und David Allred, das mich bereits mit den ersten Tönen überrascht. Hatte ich Broderick als Pianisten abgespeichert, musste ich feststellen, dass er eine Vielzahl an Instrumenten beherrscht. Bei ALLRED & BRODERICK kommen jedoch nur Kontrabass (Allred) und Geige (Broderick) sowie ihre Stimmen (beide) zum Einsatz. Ein wenig erinnert das an KINGS OF CONVENIENCE, allerdings wesentlich schräger und weniger eingängig. (6,5)
http://allredbroderick.bandcamp.com
ANNA COOGAN – „The lonely cry of space and time“ (Label: Eigenregie, VÖ: 28.04.2017)
(jg) Die hallenden Gitarren und zart gespielten Drums deuten es bereits an, aber als der Gesang der Dame aus Boston einsetzt, wird spätestens klar: hier handelt es sich um Wohlfühlmusik. Vielleicht auch Dream Pop. Bis plötzlich verzerrte Gitarren folgen. Huch!? Dass hier jemand musikalisch nicht allzu festgelegt zu sein scheint, setzt sich auf diesem Album fort. Es folgen Country-Passagen und allein aufgrund ihrer vier Oktaven umfassenden Stimme auch Opern-Elemente. Hier wird vom Zuhörer auf alle Fälle Unvoreingenommenheit verlangt. Nicht leicht zu hören, aber dafür sehr eigenständig. (6)
https://www.facebook.com/annacooganmusic
ANTON WALGRAVE – „Where oceans meet“ (Label: Eigenregie, VÖ: out now)
(so) Früher gab es in meinem Heimatstädtchen eine Institution, die sich „Folk-Treff Honnef“ nannte (oder so ähnlich, ganz genau erinnere ich mich nicht mehr daran). Dorthin hätte ANTON WALGRAVE ganz wunderbar gepasst. Schöner, teils elegischer Folk der alten Schule, emotional vorgetragen und gespielt. Mit dem Fokus auf Stimme und Gitarre, eben, wie es sich für einen echten Folkbarden gehört. Und zu diesen sollte man ANTON WALGRAVE fraglos zählen. Vielleicht könnte die Stimme noch etwas verrauchter klingen, um endgültig die Gemütlichkeit eines Pubs zu erzeugen, aber auch so kommt „Where oceans meet“ dem schon recht nahe und rührt zu mancher Gefühlswallung. Folk aus dem Grunde des Herzens für den Grund des Herzens. (7)
https://www.facebook.com/antonwalgrave/
BIKE AGE – „Beer is my cup of tea“ (Eigenvertrieb, out now)
(bc) Diese Demo-CD bekam ich letztens beim “Booze & Cruise”-Festival in die Hand gedrückt, als wir mit ein paar Leuten in der Gegend herumstanden und über Fat Wreck-Bands aus den Neunziger Jahren gefachsimpelt haben. Denn eines der Bandmitglieder stand ebenfalls in dieser Runde, und in der Tat hätten BIKE AGE damals perfekt auf das Label gepasst, da ihr High-Energy-Melodic-Punk genau an diese Ära anknüpft. Die fünf Tracks sind spielerisch gut umgesetzt und wurden sehr gut produziert, einzige kleine Schwachstelle ist vielleicht das Schlagzeugspiel, das ein wenig mehr Dynamik vertragen könnte. Ansonsten aber ein sehr amtliches Teil! (7)
http://de-de.facebook.com/BikeAgeBand/
BRUNHILDE – „Behind my mind“ (Label: Bellfire Records, VÖ 26.05.2017)
(bc) BRUNHILDE spielen Rock-Musik der eher langweiligen Sorte. Vorhersehbare Songstrukturen, gemäßigtes Tempo, und obwohl die Frontrau redlich bemüht ist, ein wenig Pepp in die Sache zu bringen, kommt einfach keine Energie rüber. Typische Musik für das Nachmittagsprogramm eines Stadtfests, bei dem gelangweilte Feierabendrocker mit versteinertem Blick im Takt wippen, während sie penibel darauf achten, dass das Bier nicht über den Becherrand schwappt. Sorry, aber dies ist nicht meine Welt. (3)
http://de-de.facebook.com/Brunhilde-477070609096438/
CANCER – „Totem“ (Label: Tambourhinoceros, VÖ: 27.01.2017)
(so) Ich frage mich eigentlich die ganze Zeit während des Hörens nur, warum man unbedingt diese Stimme zwischen Eunuch und Countertenor einsetzen muss, die leider nur sehr entfernt an die Kunstfertigkeit eines Roland Lee Gift heranreicht, aber mit einem nervigen Tremolo immer wieder versucht, sich in dessen Sphären zu schwingen. Das ist sehr schade, denn die Musik von CANCER – ruhig gehaltener Indie-Pop-Rock mit Anleihen aus dem Songwriter-Gewerbe – ist eigentlich doch recht nett geraten. Aber mit dieser Stimme kann ich wirklich überhaupt nichts anfangen, es sei denn, beim schönsten Track des Albums, „Honey“. Wem solch eine Künstlichkeit aber liegt, der greife hier ruhig zu. (3,5)
https://www.facebook.com/cancermissyou/
CLOCK OPERA – „Venn“ (Label: Indigo, VÖ: 10.02.2017)
(so) Und die nächste Band, bei der man sich fragt, wieso muss diese Stimme sein? Ist das die neue Mode, dass Männer jetzt immer in der Altstimme singen müssen? Ich weiß ja nicht… Eigentlich machen CLOCK OPERA recht ansprechenden, teils minimalistischen Elektro mit düsterem Einschlag, der durchaus gewinnend ist. Aber mich stört eben auch hier wieder die Stimme des Sängers. Mögt ihr mich auch Kunstbanause schimpfen, mein Ding ist das einfach nicht, mea culpa. Musikalisch aber deutlich hörbarer als CANCER, mit einer ansprechenden Pop-Note versehen, die doch deutlich an die Achtziger erinnern lässt. Immerhin. (5)
https://www.facebook.com/clockopera/
CURSE OF LONO – „Severed“ (Label: Submarine Cat Records, VÖ: 09.06.2017)
(jg) In den ersten Sekunden kam mir die mittlere Periode von MOTORPSYCHO in den Sinn, und ganz so falsch lag ich mit dieser Einschätzung auch nach mehreren Songs nicht. CURSE OF LONO sind irgendwo zwischen Americana, Indierock, Folk und Country-Roots-Rock zu verordnen, wobei das vorliegende Album dermaßen abgeklärt klingt, dass ich niemals darauf gekommen wäre, dass es sich hierbei erst um das Debüt der fünf Briten handelt. Könnte ich mir auch gut auf Tour zusammen mit RYLEY WALKER vorstellen. (6,5)
https://www.facebook.com/curseoflonoband
DUCT HEARTS – „Feathers“ (Label: Time as a color, VÖ: 09.06.2017)
(jg) Schon seltsam. Da veröffentlicht man jahrelang auf unzähligen Singles, Compilations und EPs, entschließt sich nach acht Jahren dazu, ein Debütalbum herauszubringen, und dann schafft es dieses Debüt doch nur auf sechs Songs mit einer Gesamtspielzeit von einer halben Stunde. Nun gut.
DUCT HEARTS kommen aus München, spielen eine Mischung aus Postrock mit Wall-of-Sound-Passagen à la ISIS und streuen dazwischen ruhige Momente à la JIMMY EAT WORLD und ARIEL KILL HIM ein. Interessante Kombination, die aber durchaus stimmig ist. (6,5)
https://www.facebook.com/ducthearts
EMILY BARKER – „Sweet kind of blue“ (Label: Everyone sang, VÖ: 19.05.2017)
(jg) Bekannt wurde EMILY BARKER vor allem durch den Titelsong für die Krimiserie “Wallander”. Musikalisch bewegt sich die gebürtige Australierin irgendwo zwischen Blues, Country, Gospel, Soul und einer Prise Funk. Alles nicht unbedingt Stile, die wir vorrangig bei Blueprint besprechen, und so fühle ich mich beim Hören von EMILY BARKER auch ein wenig wie auf einer falschen Hochzeit. (4)
https://www.facebook.com/EmilyBarkerHalo
FURIOUS FEW – „s/t“ (Label: Eigenregie, VÖ: 07.04.2017)
(so) Ja, netter Rock’n’Roll, ein bisschen Rockabilly, viel chorischer Gesang, viele Orgel-Akkorde, all das bieten die FURIOUS FEW. Hier kracht und fiept es ganz ordentlich, und so manches Tanzbein möchte sicherlich auch geschwungen werden, wenn die Klänge des selbstbetitelten Albums ertönen. Rock, wie er gerne sein darf, dreckig und gemein. Und trotzdem nicht unmelodiös, sondern durchaus der Melodie verhaftet. Auch wenn das böse F-Wort etwas häufig vorkommt, die FURIOUS FEW sind auf einem guten Weg, sich den Rock und seine Eleven untertänig zu machen. Rockt ganz ordentlich. (6,5)
https://www.facebook.com/furiousfew/
FUZZY VOX – „No landing plan“ (Label: Kidnap Music, VÖ 14.07.2017)
(bc) Dass das Artwork dieser LP sowie das äußere Erscheinungsbild der Bandmitglieder von FUZZ VOX an Bands wie THE WHO oder THE JAM erinnern, ist mit Sicherheit kein Zufall, denn das Trio aus Paris zählt diese Gruppen auch soundmäßig gewiss zu ihren Vorbildern. „No landing plan“ beinhaltet somit ein Dutzend Garagenrock-Songs, die darauf abzielen, der Beat-Musik der 60er Jahre einen schwungvollen Protopunk-Anstrich zu verleihen. Interessanterweise erscheint das Album beim PASCOW-Label Kidnap Music, welches ja eigentlich eher die Punk-Baustelle beackert. Zugleich ist dies aber auch als Qualitätssiegel zu interpretieren, hat das Label doch mit THE BABOON SHOW bereits ein gutes Näschen für Bands mit länderübergreifendem Potential bewiesen. (7)
http://de-de.facebook.com/fuzzyvox/
GALLEY BEGGAR – „Heathen hymns“ (Label: Rise Above Records, VÖ 28.04.2017)
(bc) Es ist ein spannender Spagat, den GALLEY BEGGAR hier hinlegen. Auf der einen Seite trieft „Heathen hymns“ nur so vor Folk-Rock-Melodien, zugleich haben die Songs aber auch eine mehr als nur eindeutige Psychedelic-Note. Mir gefällt die Atmosphäre, die dieses Album versprüht, ziemlich gut, ein Dauerbrenner in meinem CD-Player wird es aber wohl dennoch nicht. (6)
http://de-de.facebook.com/galleybeggarmusic/
HANNAH GROSCH – Morpheus‘ Grace (Label: Bekassine Records, VÖ: 08.04.2017)
(so) HANNAH GROSCH ist trotz dieses Namens eine Band und keine einzelne Person, sondern viele. So sagt es die Presseinfo. Diese sagt auch, hier handelt es sich um Folk Noir. Ja, kann man stehen lassen, eine düstere TORI AMOS-Version wäre vielleicht auch ein Hinweis darauf, was den Hörer auf „Morpheus‘ Grace“ erwartet. Getragen von Piano und Kontrabass gleitet die Musik etwas unter dem Radar der Stimme der namensgebenden Dame dahin, mal ruhig, mal aufbrausend wie ein Fluss in den Launen des Wetters. Und berührt auch durchaus ab und an das Herz. Gelungenes Folkalbum. (6)
https://www.facebook.com/Hannahundeinfisch/
KRÄLFE – „Konserve“ (Label: Tumbleweed Records, VÖ: 05.05.2017)
(jg) Na, das nenne ich mal ein einheitliches Design-Konzept. Oder ist das einfach der Bandschriftzug, der immer gleich aussieht und vor einem minimalistischen Hintergrund für eine gewisse Ähnlichkeit in den Artworks von KRÄLFE sorgt? Oder aber Modedesignerin Cläre Caspar hat hier ihre Finger mit im Spiel, die das bisherige Bass-Schlagzeug-Duo neuerdings um Gesang und Gitarre ergänzt und den Minimal-Noise-Sound nun mehr in Richtung Post-Punk verschiebt? Auch wenn es hier immer wieder gute Momente gibt, ist mir die Musik von KRÄLFE insgesamt so fremd wie allzu avantgardistische Kunst. (4,5)
https://www.facebook.com/kraelfe
LOVEX – „Dust into diamonds“ (Label: Jiffel Music Group, VÖ 02.06.2017)
(bc) Bei dieser Veröffentlichung haben wir es mit einer Art Best of-Jubiläumsalbum der seit 15 Jahren bestehenden finnischen Stadion-Pop-Rocker zu tun. Unter den 20 Tracks dieser CD befinden sich fünf neue Lieder, ansonsten gibt es hier einen bunten Querschnitt ihrer bisherigen Werke, von denen es das vor zehn Jahren erschienene Debüt „Divine insanity“ laut Bandinfo sogar in die deutschen „Top 20“ geschafft hat. Dass sie es trotz allem außerhalb ihrer Heimat bisher nur zu überschaubarem Ruhm gebracht haben, dürfte unter anderem daran liegen, dass sie eine ähnliche Zielgruppe wie ihre Landsleute von SUNRISE AVENUE bedienen, im Gegensatz zu diesen aber noch keinen wirklichen Radio-Hit produzieren konnten. Und was der Mainstream-Bauer nicht kennt, das frisst er bekanntlich auch nicht. (4,5)
http://de-de.facebook.com/lovexofficial/
MAT REETZ – „962“ (Label: Tumbleweed Records, VÖ: 21.04.2017)
(jg) Mathias Reetz kennt man vielleicht noch als Sänger von JUNIAS, spätestens aber, seitdem er den Posten von Aydo Abay bei BLACKMAIL übernommen hat. Hier kommt nun sein elektronisches Soloalbum, bei dem er zwar NEW ORDER und GRANDADDY als Einfluss benennt, bei dem man jedoch weiterhin immer an BLACKMAIL und Aydos sonstigen Projekte denken muss, da sich ihre Stimmen und Art zu singen doch allzu sehr ähneln. Leider steht Mathias‘ schöne Stimme so sehr im Vordergrund, dass man den Eindruck hat, dass die restliche Musik zur Hintergrundbeschallung verkümmert. (5)
http://www.facebook.com/matreetz
MORITZ ECKER – Yes (Label: Waterfall Records, VÖ: 07.04.2017)
(so) „Safe, das ist ganz sweet“ würden meine Schüler wohl zu diesem Album sagen, wenn sie denn Songwriter-Musik schätzen würden, was sie leider nicht tun. Nun ja. Das nur am Rande. MORITZ ECKER haut hier ein echtes Stück DIY raus, dem man die skandinavischen Einflüsse, die mehr oder weniger für sein Schaffen verantwortlich zeichnen, durchaus anhören kann. Ein verspieltes, teils obskures, fröhliches und interessantes Album ist ihm mit „Yes“ in jedem Fall gelungen. Schon die Instrumentierung, die von Xylophon bis Orgel reicht, ist dabei durchaus ungewöhnlich und sorgt dafür, dass die Stimmung immer oben bleibt und es nicht langweilig wird. Ganz sweet eben. (6,5)
https://www.facebook.com/mozartecker
PUERTO HURRACO SISTERS – „Goin´out“ (Label: Rookie Records, VÖ 30.06.2017)
(bc) Ein seltsamer Name für eine Band, die aus ehemaligen Mitgliedern der Ska/Punk/Soul-Helden FRAU DOKTOR sowie Gitarrist Frank Rahm (SPERMBIRDS, WALTER ELF, KICK JONESES) besteht. Sei es drum – auf „Goin´out“ gibt es Ska-Musik ohne musikalische Scheuklappen zu hören. Entsprechend weit gefächert die Einflüsse: Viel Jazz, dazu ein wenig Surf-Sound, melancholischer Reggae oder karibischer Calypso. Aufgelockert wird das Ganze durch Coverversionen von beispielsweise STEVIE WONDER oder dem amerikanischen Jazz-Pianisten JOEY CALDERAZZO. Relaxte Sommermusik auf hohem spielerischen Niveau. (6,5)
http://de-de.facebook.com/PuertoHurracoSisters/
SCOOPS – „Beautiful world“ (Label: Eigenregie, VÖ: 07.04.2017)
(so) Ein erster Eindruck schreit BLOC PARTY, der zweite noch etwas lauter New Wave of british New Wave. Man könnte jetzt extreme namedropping spielen, um es sich so einfach zu machen, wie diese Band und dieses Album klingen. Eben nach der Insel, nach vorne, geradeheraus, ehrlich und manchmal auch durchaus laut. Eine EP, die auf mehr hoffen lässt, bieten doch schon die vier Songs ein recht breites Popspektrum und deuten das Können der Band aus Irland mehr als an. Auch hymnische Balladen können die Männer aus Dublin. Das Album darf also gerne kommen. (7)
https://www.facebook.com/Scoopsmusicdublin/
SOUP – „Remedies“ (Label: Stickman Records, VÖ: 07.04.2017)
(so) Trotz nur fünf Songs, die auf „Remedies“ enthalten sind, handelt es sich rein von der Spielzeit her wohl eher um ein Album als eine EP. Schwelgerische, ausladende Progrock-Nummern von recht hoher Güteklasse bieten die Norweger uns hier an. Hier lässt man sich noch auf die Melodien ein, reizt sie aus, spielt mit ihnen und bringt sie in neue Zusammenhänge, eine Art klassischer Umgangsweise mit Musik, ein Hauch von Symphonie. Die Band spielt mit der Atmosphäre, lässt es mal auf den Höhepunkt zutreiben, um dann wieder fast völlig zur Ruhe zu kommen. Nur, um dadurch den nächsten Sturm anzukündigen. Gut gemacht, gut gespielt, gut durchdacht. Wenn man ein Faible für die Siebziger hat, dann eh. (6)
https://www.facebook.com/soupsound/
THE CHARM THE FURY – „The sick, dumb and happy“ (Label: Nuclear Blast, VÖ 17.03.2017)
(bc) Hier hat sich offenbar jemand neu erfunden. Bereits das LSD-Artwork deutet an, dass THE CHARM THE FURY aus ihrem bisherigen Metalcore-Korsett ausbrechen wollten, und das ist ihnen objektiv betrachtet auch gelungen. „The sick, dumb & happy“ verknüpft geschickt verschiedene Rock- und Metal-Stile zu einem eigenständigen modernen Sound, der zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar wird. Für Metal-Heads bestimmt ne extrem spannende Angelegenheit. (6)
http://de-de.facebook.com/thecharmthefury/
THE TIDAL SLEEP – „Be water“ (Label: This Charming Man, VÖ: 26.05.2017)
(jg) Wenn man das Info zu „Be water“, dem dritten Album von THE TIDAL SLEEP, liest, könnte man meinen, hier kommt ein musikalischer Meilenstein wie damals „The shape of punk to come“ von REFUSED. Tatsächlich bewegen sich THE TIDAL SLEEP aber doch relativ straight im 90er Emo/Post-Hardcore mit leichten Post-Rock-Einflüssen à la ENVY. Viel zu kritisieren gibt es hier nicht. Die Jungs beherrschen ihr Fach, die lauten Parts haben richtig Druck und auch die ruhigen Gesangsmomente stehen ihnen wirklich gut. Nur nach innovativen Momenten suche ich nach wie vor vergeblich. (6,5)
http://www.facebook.com/thetidalsleep
TRAINS ON FIRE – „The wheel“ (Label: Ballroom Records, VÖ: 28.04.2017)
(jg) Nach einer Debüt-EP legen TRAINS ON FIRE mit “The wheel” ihren ersten Longplayer vor und bewegen sich weiter zwischen atmosphärischem Synthie-Pop, Disco und Wave. Ganz angenehm ist an diesem Duo, dass es trotz aller Pop-Referenzen eher dezent und mit einer etwas melancholischen Note musiziert. Auf einem Festival sicherlich ganz angenehm zu hören, jedoch läuft „The wheel“ Gefahr, sich irgendwo im Nirgendwo zu verlaufen. (6)
https://www.facebook.com/trainsonfire
YELLOW TEETH – „Rags and pearls“ (Label: Vitesse Records, VÖ 07.04.2017)
(bc) Auch wenn es vielleicht ein wenig gemein klingt: Das Interessanteste an dieser Veröffentlichung ist tatsächlich die Herkunft der Band! Denn YELLOW TEETH kommen aus der Schweiz, spielen aber dermaßen typischen Americana-Sound, dass man sich als Hörer fragt, wie sie es schaffen, die Authentizität der Prärie ohne Reibungsverluste in die Alpenrepublik zu transferieren. Einer der Gründe hierfür ist vielleicht, dass Frontmann Tiziano Zandonella während seines Studiums in englischer Literatur seine Masterarbeit über Texte von Künstlern wie JONI MITCHELL, LEONARD COHEN und NEIL YOUNG geschrieben hat und sich entsprechend tief mit den Wurzeln dieses Sounds auseinandergesetzt hat. (6)
http://de-de.facebook.com/yellowteethisaband/