Als KETTCAR verkündeten, wieder einmal auf unbestimmte Zeit eine kreative Pause einlegen zu wollen, war die Trauer groß – schließlich hat mich die Band über viele Jahre lang begleitet und einen entsprechenden Platz in meinem Herzen sicher. Als dann noch bekannt gegeben wurde, dass es zwar eine Abschiedstour geben wird, diese jedoch keinen Zwischenstopp in Hamburg einlegt, war klar: Wenn der Prophet schon nicht zum Berg kommt, muss der Berg halt zum Propheten. Zumal Lübeck ja bekanntlich immer eine Reise wert ist und mit der Regionalbahn von Hamburg aus in gerade einmal einer Dreiviertelstunde zu erreichen ist. Veranstaltungsort war die sogenannte „Rotunde“ – das gläserne Foyer der Lübecker Musik- und Kongresshalle, das über 3.000 Personen Platz bietet und an diesem Abend zwar sehr gut gefüllt, aber unterm Strich doch nicht ganz ausverkauft war. Den musikalischen Auftakt des Abends bildete derweil NIELS FREVERT. Trotz Unterstützung einer kompletten Band lieferte der Singer/Songwriter sehr feinsinnige Töne ab, die vom Publikum nahezu andächtig aufgenommen, im Anschluss aber mit umso lauterem Applaus bedacht wurden. Gespielt wurde, soweit ich das mitbekommen habe, überwiegend Material seines im vergangenen Jahr erschienenen Albums „Putzlicht“.
Apropos Licht: In ihrem Teil des Abends setzten KETTCAR weniger auf Rausschmeißer-Neonröhren, sondern vielmehr auf LED-Elemente, die den Bühnenhintergrund bildeten und auf denen wahlweise Nahaufnahmen der Bandmitglieder oder (soweit vorhanden) Videoclips zu den jeweils gerade gespielten Liedern gezeigt wurden. Des Weiteren wurden die Hamburger wie bereits auf der Tour zu ihrem jüngst erschienenen Live-Album „…und das geht so“ wieder partiell von einem Bläser-Trio unterstützt, das ihren Stücken in den richtigen Momenten einen orchestralen Charakter verlieh. Wenig überraschend wurden folglich mit Liedern wie „Money left to burn“, „Benzin und Kartoffelchips“, „Sommer ´89“, „Rettung“, „48 Stunden“, „Im Taxi weinen“ oder „Landungsbrücken raus“ fast ausschließlich Lieder gespielt, die auf besagtem Live-Album enthalten sind, wobei mit dem Opener „Volle Distanz“ und dem MARCUS WIEBUSCH-Stück „Nur einmal rächen“ allerdings auch zwei Lieder dargeboten wurden, die dort nicht vertreten sind. Sehr gut gefällt mir persönlich auch die neue Version zu „Balkon gegenüber“, die nach 18 Jahren endlich mit einer zweiten Strophe versehen wurde, in dem der Protagonist des Liedes selbst zu Wort kommt. Nach diversen Zugaben in Form von „Trostbrücke Süd“, „Kein Außen mehr“, „Deiche“ sowie dem obligatorischen Rausschmeißer „Mein Skateboard kriegt mein Zahnarzt“ hieß es dann auf unbestimmte Zeit Abschied nehmen von einer Band, die die deutsche Indierock-Landschaft in den letzten Jahren wie kaum eine andere geprägt hat. Mach’s gut KETTCAR! Ich hoffe, man sieht euch bald wieder. Wenn es sein muss auch in Lübeck.