Drei Konzerte im Karlstorbahnhof – dreimal ein komplett anderes Programm. ZITA SWOON verzichten auf eine Bühne und spielen lieber mitten im (bestuhlten) Publikum. Wohnzimmer sozusagen. BROKEN SOCIAL SCENE vereinnahmen dagegen die komplette Bühne und konkurrieren mitgliedermäßig mit dem anwesenden Publikum. Und nun bei KAIZERS ORCHESTRA wird der Zuschauerraum flugs auf zwei Ebenen verteilt und es darf gerne und viel geschwitzt werden. 10 von 10 Punkten für Vielseitigkeit seitens des Veranstaltungsortes. Aber nun zum Wesentlichen. Die Vorband besteht aus einem singenden, Akkordeon spielenden Kanadier. Klingt merkwürdig, hat aber erstaunlich gut funktioniert. Für so viel Witz und Charme gibt es ordentlich Applaus, dass ich anfangs (ja, auch Busfahrplanlesen will gelernt sein, dann wartet man nämlich nicht an der falschen Haltestelle und kommt deswegen zu spät) erschrocken denke, der Hauptact hat schon angefangen. Der macht es dann aber auch mehr als spannend. Nach einem unendlich langen Intro betreten die Kaizers die Bühne. Hellraizer und Killmaster uniform in schwarz mit rotem Schlips, Frontcharismatiker Janove komplett in schwarz, Tastenmann und Markenzeichen Helge „Omen“ Kaizer mit obligatorischer Gasmaske, Drummer Rune „Mink“ Kaizer im schicken Feinripp und Bassmann Oyvind „Thunder“ Kaizer baut sich hinter seinem Kontrabass auf. Zum Einstieg gibt’s „KGB“ vom neuen Album „Maestro“. Janove hat das Publikum von Anfang an fest im Griff. Die Blicke kleben an ihm (wahlweise auch an seinen Hüften) wie ziemlich schnell auch sein Hemd schweißnass auf seiner Haut. Dem Publikum wird keine Verschnaufpause gegönnt. Die beiden Ölfässer werden mal wieder ordentlich malträtiert oder wahlweise als Podest verwendet. Ziemlich schnell steht auch das erste Mädel auf der Bühne und übt sich im Engtanz mit Janove. Dumm nur, dass die Mädels nicht wissen, dass sie irgendwann auch wieder runter müssen von der Bühne. Überhaupt herrscht während des gesamten Konzerts ein reger Austausch mit dem Publikum. Janove gibt verschmitzt und souverän den ganz großen Entertainer. Der Mann hat aber auch eine Ausstrahlung, da kann man nur schwach werden. „Mann mot mann“ und „Kontroll pa kontinentet“ vom ersten Album „Ompa till du dor“ werden begeistert abgefeiert. Das ganze Publikum zappelt wild durch die Gegend. Es wird mitgesungen oder zumindest so was ähnliches versucht, denn wer kann schon norwegisch. Eine einzige Party. „Dieter Meyers institution“ und „Maestro“ beenden die erste Runde Schizo-Polka-Pop-Wahnsinn. Nach kurzer Pause gibt es noch eine üppige Zugabe. Janove entledigt sich endlich seines Oberhemdes und bietet es dem weiblichen Teil des Publikums an. Da findet sich natürlich auch sofort jemand. Die Band kommt so in den Genuss einer Oberteil-Wechselaktion auf der Bühne und das Publikum darf noch mal oben beschriebenes Phänomen bezüglich Mädels auf der Bühne bestaunen. Dann ist aber wirklich Schluss. Keiner will es wahr haben. Vehement wird eine weitere Zugabe gefordert. Is aber nich. Also noch schnell eine Playlist abgegriffen, Poster von der Wand mitgenommen und glücklich und verschwitzt nach Hause gefahren. Diesmal sogar sofort die richtige Bushalte gefunden. Perfekter Abend.