Immergut ade, Hurricane olé! Und wie, denn Super-Mario hat VIP-Tickets organisiert. Und nicht nur das – er besorgte sogar die Spezial Tickets mit frei saufen im Backstage-Bereich. Was mehr kann man von einem Festival erwarten?
Olli (nicht der von Blueprint) legte die Messlatte nach 1,5 Litern Whiskey-Cola aus dem Tetra-Pak dann auch gleich recht hoch und begab sich auf ein Level mit den vielen Bier-Trichter/RAMMSTEIN-Asis vom Zeltplatz und kotzte erst mal lässig ins VIP-Zelt. Gratulation! Um ehrlich zu sein war’s lustig, und wir hatten die nächsten 48 Stunden genug Stoff für doofe Sprüche. Mario bewahrte ihn noch vor den Sanitätern und irgendwie konnte auch der tolle Becks-Ausweis vor der Vernichtung bewahrt werden.
Aber es gab auch noch mehr zu sehen als das VIP-Zelt, das uns so manch schönes Kicker-Turnier bescherte und das ein oder andere Mal vor einem Kälte-Schock bewahrte.
Zum Beispiel die DRESDEN DOLLS, die das Programm auf der Mainstage eröffneten. Nicht schlecht besucht, und auch gut bestaunt, zeigten Amanda Palmer (Gesang, Klavier) und Brian Viglione (Drums) mal wieder allen, dass die Instrumentierung für gute Rockmusik eigentlich vollkommen schnuppe ist. Das obligatorische „War pigs“-Cover von BLACK SABBATH stellte jedenfalls klar unter Beweis, dass die DRESDEN DOLLS nicht (nur) als klassische Art-Band zu verstehen sind, sondern neben einer Menge Talent genügend Metal-Wurzeln im Blut haben. Grandios!
Wer stand am Freitag sonst noch so auf dem Programm? BOYSETSFIRE, die zwar ordentlich rockten und schönen zweistimmigen Gesang unters Volk brachten, aber, wie Mario es richtig formulierte, „zu amerikanisch“ klangen. THE ROBOCOP KRAUS habe ich leider verpasst, aber in diesem Jahr auch bereits dreimal gesehen. Die Party Animals TURBONEGRO zeigten im Anschluss daran auf, dass mit dem neuen Album und Songs wie „All my friends are dead“ und „City of satan“ wieder richtige Granaten geschrieben und zelebriert wurden, die nach dem relativ schwachen Vorgänger „Scandinavian leather“ wieder an die Apocalypse-Zeiten anknüpfen. Und für die Show gab’s auch noch eine Menge buntes Konfetti und AC/DC-like Geldnoten im TURBONEGRO-Style. Sehr schön!
Auf NINE INCH NAILS war ich zwar gespannt, aber überzeugen konnte mich das neue Material leider doch nicht. Irgendwie zu platt und stoisch. Da die HELDEN nicht meine sind, wurde schließlich erst bei RAMMSTEIN wieder das Programm verfolgt. Wenn auch nur vom Fernseher aus – und irgendwie kam ich mir vor, wie wenn ich „Explosiv“ gucke. Es ist peinlich, aber man verfolgt es trotzdem. Und nicht nur ich – irgendwie wandte sich das ganze Zelt gen TV. Ja ja, die Show macht’s eben doch, auch wenn die Musik monotont, die Artisten hässlich sind und mir die bewusst gewählte zwiespältige Aussage missfällt. Überhaupt: weiße Schnürsenkel zu hohen Springerstiefeln sind keine Provokation mehr, sondern ein ganz dreckiger Griff ins Klo! Dafür den Daumen ganz weit nach unten!
OASIS verfolgte ich noch im Vorbeigehen. Nichts Besonderes, aber auch nicht schlecht. Normalprogramm mit wenig Star-Sperenzchen, aber einer schönen Bühnen-Deko. Bei „Wonderwall“ entschloss ich mich jedoch dazu, den Schlafsack der Kälte vorzuziehen.
Tag 2: UNDEROATH fielen aus, THE EIGHTIES MATCHBOX B-LINE DISASTER also als heutiger Opener. Keine Ahnung, ob die fünf Engländer noch verschlafen oder bereits hackendicht waren. Songwriting eher drittklassig, aber der Sänger kotze erstrangig von der Bühne und sang direkt danach weiter als ob nichts gewesen wäre. Das nennt man Rock & Roll!
AMPLIFIER langweilten wie Sau, aber OLLI ‚Wie geil ist das denn’ SCHULZ bestach durch seine lustigen Ansagen. Egal, dass er musikalisch eher das schwächste Mitglied der Grand Hotel-Posse ist, ein Entertainer kann auch anders unterhalten. Und das kann er wirklich – eine halbe Stunde lang geschmunzelt! Danach zurück zum Zelt, um das versäumte Frühstück nachzuholen, und rechtzeitig zum Ende von FANTOMAS wieder anwesend. Hammer!!!!!!!!! Was war das denn bitte für ein Drumkit? Auch wenn Dave Lombardo bereits mit SLAYER ein ordentliches Schlagzeug zur Show stellte – so viele Drums und Becken habe ich noch nie zuvor gesehen. Ich glaube, der Herr hat alles eingekauft, was der Markt derzeit hergibt. Aber ehrlich! Und auch musikalisch natürlich wie immer abstrakte, kranke, orchestrale Kompositionen, incl. Noten umblättern.
TRAIL OF DEAD sorgten als nächstes auf der Mainstage für einen wahren Orkan, was den Sound anging. Die Texaner gingen gut ab, litten jedoch ein wenig unter dem breiigen Gesamtsound. Am parallelen Schlagzeugspiel lag’s jedenfalls nicht, denn das war absolut präzise, und auch der Gesang exakt auf den Punkt. Ein munterer Wechsel an den Instrumenten und am Ende das obligatorische Zerlegen selbiger sorgten für einen tollen Auftritt. Auf eine Zugabe musste entsprechend natürlich verzichtet werden.
ATHLETE fielen aus, weil sie angeblich ihren Flieger verpasst hatten, als nächstes also die BEATSTEAKS auf der großen Bühne. Ja ja, die fünf Berliner wussten die Massen schon immer zu begeistern. Heute im uniformen Bandoutfit im grellen Grün. Was will man mehr? Gecovert wurde noch BEASTIE BOYS „Sabotage“, was man sich meiner Meinung nach aber hätte sparen können. Ansonsten alles toll, bis auf die zu beklagenden Verletzten aufgrund Massenquetschens. Shit sowas!
AUDIOSLAVE stellten als nächster Big Act leider unter Beweis, dass Kollaborationen ehemals erfolgreicher Bands leider nicht immer toll sein müssen. Zunächst wurden hauptsächlich AUDIOSLAVE-Songs dargeboten, bei denen mir erstmals auffiel, wie unspannend die musikalische Begleitung ihrer Songs eigentlich ist. Hallo!? Eine ordentliche Stimme alleine macht eine Band noch längst nicht gut! Cornells anschließenden Interpretationen der damaligen RATM-Gassenhauer gingen gar nicht, einzig und allein die akustische Version von „Black hole sun“ wusste zu gefallen. Enttäuschung des Festivals!
PHOENIX zeigten anschließend auf, dass Popmusik nicht immer langweilig sein muss und versüßten den Abend hauptsächlich mit Material der letzten Platte „Alphabetical“. Von mir aus kann so langsam auch gerne ein neues Album folgen.
SYSTEM OF A DOWN verfolgte ich nur nebenbei auf dem Bildschirm im Zelt. Auch wenn ich kein Fan der Band bin, erscheinen mir die Jungs recht sympathisch und die Musik ganz in Ordnung. Die Masse feierte die Armenier erwartungsgemäß ordentlich ab – hätte ich sicherlich auch gemacht, wenn ich noch zehn Jahre jünger wäre.
DINOSAUR JR. gab’s, wie gestern OASIS, nur im Vorbeigehen. Am Überraschtesten war ich über die klare, nicht schiefe Stimme J. Mascis’. Hätte mir sicher nicht schlecht gefallen, aber wir wollten noch schnell ein wenig im Titty Twister abrocken. Dort war’s zwar gut voll, aber doch eher langweilig und wir nach einer guten Stunde wieder draußen. Zurück am Zelt gab’s bereits wieder Heißes vom Grill, wobei die ersten Versuche des Grillmaxen, der das Wenden vergaß, eigentlich ein Fall für die Mülltonne gewesen wären. Wir aßen’s trotzdem…
Sonntag – letzter Tag. So langsam freue ich mich auf ein kuscheliges Bett, eine warme Dusche und das Zuhause. Erster richtig verfolgter Act war Ex-MONSTER Anders Wendin, der als MONEYBROTHER zwar fröhliche Songs schreibt, aber dennoch für schlechtes Wetter sorgte. Auch wenn der Regen mehr nieselte als goss, nervte das am Tag 3 bei mäßigen Temperaturen und ordentlich Wind doch ein wenig. Roland stellte übrigens treffsicher fest, dass seine „rainy weather“-Texte dran schuld sein müssen.
Für eine meteorologische Besserung sorgten im Anschluss daran die Desert Session-Nerds von den EAGLES OF DEATH METAL. Zurückgelehnter Südstaaten-Rock mit einem ordentlichen Faktor Proll und einer guten Drummerin am Schlagzeug. Das Beste waren aber die Ansagen: „Hey Ladies. We love you all so hard. Raise your fists for Rock & Roll!!”, die, ungelogen, nach jedem Song folgten. Das komplette Gegenteil zu OLLI SCHULZ, und ich verwette mein Kopfkissen drauf, dass der Sänger so spitz und verpeilt war, dass er es nicht mal bemerkt hat. Sehr geil!
Letzter Act für mich waren die großartigen I AM KLOOT, die ein weiteres Beispiel für großartigen Pop darstellten und neben dem unbetitelten Album viel neues Material darboten. Leider ging’s danach für mich schon per Zug gen Heimat und mir wurde gesagt, dass BECK und die QUEENS OF THE STONE AGE noch grandiose Shows hingelegt haben sollen. Sei’s drum – sogar ein warmer, bequemer Zug kann nach drei Tagen grauen Wetters plötzlich begeistern.