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HOT MULLIGAN – The sound a body makes when it’s still

Bands, die Tausender-Hallen füllen? Meist nicht mein Ding. Poppunkige Melodien? Meide ich normalerweise, schon wegen der Gefahr klebriger Belanglosigkeit. Klassischer Screamo? Bisher kaum mein Revier – wenn überhaupt, dann eher Postcore, wo komplexe Rhythmen und Dynamik im Vordergrund stehen.
Eigentlich müsste das neue Album von HOT MULLIGAN also so gar nicht meinen Geschmack treffen. Selbst meine Freundin verdrehte die Augen und bat mich, das Geschrei bitte wieder auszumachen. Und ja: „The sound a body makes when it’s still“ wirkt auf den ersten Blick, als käme es rund 20 Jahre zu spät.
Warum also trotzdem diese Rezension – anstatt das Ganze einfach unter den Tisch fallen zu lassen? Ganz einfach: weil mich das vierte Album dieser Band aus Michigan wider Erwarten überzeugt.
Zum ersten Mal bewusst gehört habe ich es, als wir bei strahlendem Sonnenschein die Alpen in Richtung Urlaub überquerten. Klar, unter solchen Umständen gibt es schon einen Bonus, der sich später kaum reproduzieren lässt (siehe auch: guter Wein im Urlaub). Doch inzwischen ist der Alltag zurück, der Herbst hat Einzug gehalten – und ich höre die Platte immer noch gern.
Der Grund: HOT MULLIGAN greifen sich die besten Zutaten aus vergangenen Zeiten und setzen sie neu zusammen. Die Melodien erinnern an THE GET UP KIDS oder JIMMY EAT WORLD, die heiseren Screams an Chuck Ragan in frühen HOT WATER MUSIC-Tagen, und der melodische Emo-Gesang könnte auch von ALL THE LUCK IN THE WORLD stammen. Das Ergebnis versprüht pures 90s-Feeling – und genau das macht den Reiz aus.
HOT MULLIGAN versetzen mich zurück in meine späte Jugend. Doch statt nostalgisch eine alte Platte aufzulegen, erlebe ich das Gefühl in neuer Form. Und das funktioniert erstaunlich gut. Natürlich ist das Ganze Hochglanz: fett produziert, mit Melodien, wie sie nur US-Bands hinbekommen. Aber gerade das ist die Stärke – nichts Revolutionäres, aber exakt das, was mich schon damals abgeholt hat.
Mein Fazit: „The sound a body makes when it’s still“ ist vielleicht nicht das innovativste Album des Jahres, aber ein verdammt gutes. Hört mal rein – vielleicht funktioniert diese kleine Zeitreise auch bei euch.

Meine Bewertung