Ich war etwas überrascht, als ich las, dieses Trio würde sich aus Mitgliedern zusammensetzen, die in Ankara und Straßburg beheimatet sind. Denn musikalisch klingt das für mich deutlich nach Bands von Labels wie 4AD oder SubPop, die in den späten 80ern bis in die frühen 90er ihre Blütezeiten hatten.
Also wieder mal eine Neuauflage von Shoegaze oder Indierock, wie es derzeit unter jüngeren Bands wieder Trend ist? Und die dann am Ende doch nicht an die songwriterischen Fähigkeiten von Bands wie RIDE, LUSH oder die COCTEAU TWINS heranreichen?
In Falle von HERMETIC DELIGHTs neuem auf October Tones Records veröffentlichtem Album „Vagabond melodies“ kann das eindeutig verneint werden. Ich muss gestehen: Die Band war bislang unter meinem Radar, aber HERMETIC DELIGHT gibt es nun auch schon seit 2012, und sie scheinen ihren Weg seitdem konsequent zu gehen. Das neue Album klingt bodenständiger als das, was ich sonst von ihnen hören konnte – zugänglicher, wärmer und nahbarer.
Neun überzeugende, wunderbare Tracks die stilistisch zwischen den Polen Dream Pop („Nine lives have gone“), Shoegaze („Morning light“) und auch mal in Richtung Stadion-Pop („Scared to dance“) herpendeln. Spontan erinnert es mich auf gesanglicher Ebene auch hin wieder etwas an WARPAINT. Zuerst kam ich ob der Diversität an den genannten Stilen nicht so gut in die Platte rein (was oft ein gutes Zeichen ist).
Das Ganze ist aber so substanziell, so sensibel austariert, dass ich gar nicht umhinkomme, das Album als eine gekonnte Sammlung an Sound-Ideen und Melodien zu umschreiben. Die Beats sind oft motorisch, der Bass läuft melodisch und die Gitarrenarbeit ortet sich dem jeweiligen Soundgewand dienbar unter. Ist mal mehr, mal weniger präsent. Dazu hier und da gut gesetzte Keyboardklänge, die die Melodien akzentuieren. An Stellen, wo es Zeit und Raum braucht, nimmt es sich das Album einfach.
Sängerin Zeynep Kaya trägt mit ihrer Stimme sehr viel zur Stimmung des Albums bei. Sie klingt instinktsicher und umhüllt das Soundgewand mit ihren magischen, warmen Gesangsmelodien.
Was soll man sagen? Leute, die wissen, was sie tun, und mit dem Wissen um die Pop-Geschichte ein eigenes, selbstbewusstes Werk erschafft haben. Schön!