Wie singen HECKSPOILER in „Neid“ so schön: „das muss doch fürchterlich anstrengend sein“ – ja, ist es in der Tat. Dialekte und Mundarten sind ja immer Geschmackssache – aber der österreichische Akzent, der auf diesem Album vorherrscht, ist im Zusammenspiel mit der Musik dann tatsächlich leider erst einmal ziemlich anstrengend. Das mag auch daran liegen, dass auf der ersten Albumhälfte alle Songs im immer gleichen, rumpelig-schnellen Tempo voranpreschen: Das hier ist vertonter Stress. Oder auch „kompromisslose Härte und Dramatik“, wie die Plattenfirma schreibt.
Ziemlich genau zur Halbzeit von „Tokyo Drift“ wird dann mit „Maurice“ erstmalig eineinhalb Minuten lang etwas Tempo rausgenommen, bis der Song schlussendlich auch weitergaloppiert. Musikalisch fing es für mich ab dieser Stelle dann an, interessanter zu werden. Und im ruhigen Beginn des Songs funktioniert der österreichische Singsang dann auch auf einmal direkt viel besser. Es folgen „California“, „Jetzt ist Schluss“ und „Summertime“ – und diese drei Songs wirken auf einmal abwechslungsreicher als die komplette erste Albumhälfte, kurzer „Maurice“-Verschnaufpause sei Dank. Allerdings kann „Jetzt ist Schluss“ bei mir auch alleine schon durch das Stromberg-Sample im Intro punkten. Ganz am Ende des Albums hat sich im Rausschmeißersong „Saufen“ dann noch mal eine kleine Überraschung versteckt.
Textlich ist das Ganze ein wilder Ritt zwischen österreichischer Mundart, plumpen Platitüden (man könnte es auch „Direktheit“ nennen), Ironie und Sarkasmus und Geschichten aus dem 21. Jahrhundert. (Wie heißt es so schön in „Elektrobike“? „Hey, wir wissen wo dein E-Bike steht…“)
Aber was ist das hier eigentlich? Mundart-Stoner-Noise-Punk? Egal. Ab und an werden dann auch noch ein paar 90er Crossover/Nu Metal-Reminiszenzen eingestreut. Genregrenzen scheinen das Duo aus Oberösterreich genauso wenig zu interessieren wie Gitarrensolos – oder Gitarren überhaupt. Wieso auch, wenn man mit Schlagzeug und Bass auch zu zweit genügend lärmen kann? Apropos Bass: Der fette, verzerrte Viersaiter-Sound macht gewaltig was her. Das Schlagzeug klingt im direkten Vergleich dazu bisweilen sogar recht dünn – auch wenn es vermutlich nicht minder druckvoll produziert wurde.
Gegen Ende des ersten Hördurchgangs wirken die österreichischen Sing-Sang-Shouts dann auch gar nicht mehr so sehr wie ein Fremdkörper – entweder setzt eine Gewöhnung ein, oder das permanent hohe Energielevel löst eine Art Stockholm-Syndrom aus. Beim zweiten und dritten Hören lässt sich dann auch die ein oder andere Nuance mehr im Songwriting entdecken. „Tokyo drift“ scheint also ein klassischer Grower zu sein.
Streckenweise erinnern mich HECKSPOILER immer mal wieder an die Berliner VAL SINESTRA, ohne jedoch deren Songwriting-Klasse zu erreichen – dafür bollern die beiden Österreicher dann einfach zu schnell an ihrem Publikum vorbei und überholen sich selbst dabei…
Fazit: Interessanter Sound, gewöhnungsbedürftiger Gesang, im Songwriting ist noch Luft nach oben. Mal schauen, was die nächste Platte des Duos so mit sich bringt…
Über den selten dämlichen Bandnamen sprechen wir dann auch ein anderes Mal, würde ich sagen…