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GREYBEARDS – Longing to fly

Manchmal genügt eine Kombination aus zwei Schlagwörtern, um eine gewisse Erwartungshaltung zu schüren. Im Falle der GREYBEARDS handelt es sich um die Worte Rock und Schweden, denn immerhin hat das kleine skandinavische Land in der Vergangenheit eine Unmenge großartiger Bands aus dieser Richtung hervorgebracht. Umso herber war zunächst meine Enttäuschung, als ich die ersten Minuten von „Longing to fly“ gehört hatte. Anstatt eines Orkans wehte lediglich ein laues Lüftchen aus den Boxen, und anstelle von erhofften Garagen- oder Hardrock-Klängen gibt es mit den ersten beiden Stücken „Memories“ und „Let it out“ Songs zu hören, die eher an Powerpop erinnern. Das darauf folgende „We´ll never die“ geht sogar noch einen Schritt weiter und präsentiert sich als radiotaugliche Poprock-Ballade, so dass ich zwischenzeitlich glatt überlege, ob ich mir die CD weiter antun soll. Doch dann folgt „Take the fight“, und hier zeigen GREYBEARDS zum ersten Mal ihre eigentliche Klasse. Der Song ist eine richtig gute Schweinerock-Nummer, die lediglich von der aus meiner Sicht deutlich zu seichten Produktion ausgebremst wird. Ähnlich verhält es sich mit „Eversince“, dessen großartiger Singalong-Part am Ende auch so mancher Gainesville-Punk-Band gut zu Gesicht stünde. Bezeichnenderweise ist es ausgerechnet der nicht in der Tracklist aufgeführte Bonussong, in dem die Jungs am steilsten gehen und in allerbester HELLACOPTERS-Manier abliefern. Die übrigen fünf Songs verstärken hingegen den Eindruck, dass die Band sich nicht entscheiden kann, wo sie eigentlich hin möchte: Wollen sie lieber zu der Gattung von Bands gehören, die mit dreckigen Riffs und exzessiven Leadgitarren-Soli den Schweiß von den Decken verrauchter Kellerclubs perlen lassen, oder wollen sie lieber mit leichter verdaulichen Klängen ein breiteres Publikum ansprechen? Spätestens bis zum nächsten Album sollten sie im eigenen Interesse eine Antwort auf diese Frage gefunden haben.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.