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FUNERAL FOR A FRIEND – Früh übt sich, wer ein Meister werden will

Einen kometenhaften Aufstieg gibt es nicht nur in der Popstar-Branche – auch mit der richtigen Mischung aus Emo, Hardcore und (Nu)Metal kann man es momentan weit bringen, wie uns FUNERAL FOR A FRIEND beweisen. „Casually dressed and deep in conversation“, das aktuelle Album der fünf jungen Waliser, wurde von der Musikpresse wohlwollend beachtet, sie spielten auf den NME Awards und schafften es nebenbei noch, in ihrer zweijährigen Bandgeschichte annähernd die ganze Welt zu betouren.
Kürzlich waren die Jungs auch hierzulande mit ihren Landsmännern LOSTPROPHETS unterwegs und ließen sich vor dem Konzert im Hamburger Logo in ihrem geräumigen Bus von mir interviewen. Es stellte sich dabei heraus, dass Matt (Gesang) und Kris (Gitarre) nicht nur zwei nette Typen sind, sondern dass sie trotz des momentanen Erfolges mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben sind, und dass sie zudem recht redselige Zeitgenossen sind. Kein Zeichen von Sex & Drugs und Rock&Roll, stattdessen vertreibt man sich die Zeit zwischen den Konzerten lieber mit der Playstation. Nebenbei erfuhr ich noch, dass Matt einen eigenen Plattenladen besitzt, und dass er nicht viel von Straight Edge hält, dass beide THRICE lieben, und dass ihre Eltern ihre größten Fans sind. Aber lest selbst, was sie ansonsten noch zu sagen hatten:

Was hat es mit dem mystischen Albumcover zu „Casually dressed…“ auf sich, auf dem ein Mann und eine Frau Rücken an Rücken sitzen, deren Köpfe von einem weißen Tuch umhüllt und miteinander verbunden sind?
Kris: Das Konzept stammt von Bonnie Birrick, das auf einem Gemälde namens „The lovers“ basiert. Auf dem Original sind zwei Personen mit Tüchern um ihren Köpfen zu sehen, die sich küssen. Wir mochten das Bild, aber wegen des Copyright hätten wir dafür 15.000 Pfund lockermachen müssen. Und deshalb haben wir die Idee übernommen und etwas abgeändert. Uns gefiel das Bild auch deshalb, weil es auf jeden Fall genug Spielraum für Interpretationen lässt.

Sowohl euer Bandname als auch eure Albumtitel klingen ja recht düster. Man könnte fast meinen, dass Eure Wurzeln im Black Metal liegen.
(beide lachen): Wir sind eine Black Metal Band!

Mal im Ernst – wo seht Ihr Euch musikalisch denn selbst?
Kris: Ich würde uns allgemein dem Rock zuordnen. Wir hören alle verschiedene Musikrichtungen: Death Metal, traditionellen Metal, Hardcore, Bands wie ELBOW, und ich selbst bin großer Fan von METALLICA und PANTERA. So kommt von allen Seiten etwas.

Ist es denn nicht schwer, da auf einen gemeinsamen Punkt zu kommen?
Kris: Nein, nicht wirklich. Jeder bringt seinen Standpunkt ein.
Matt: Es gibt keine musikalische Zensur.
Kris: Wir haben keine Begrenzungen und lassen uns eigentlich alle Türen offen.

Ihr habt eine Tour mit IRON MAIDEN gespielt…
beide: Yessss!!!!

… was bevorzugt Ihr: mit solchen Metal-Größen oder mit Bands aus demselben Genre, wie jetzt den LOSTPROPHETS, zu touren?
Kris: Mit den LOSTPROPHETS zu touren, ist total cool, da es ja langjährige Freunde sind, während ich IRON MAIDEN seit meinem neunten Lebensjahr verehre. Jetzt spielen wir vor einem Publikum, das uns sehen will, während uns die MAIDEN-Fans „Fuck you!“ entgegenbrüllten. Haha! Es war zwar eine Ehre, mit IRON MAIDEN zusammen spielen zu dürfen, aber es ist einfacher, mit einer Band zu touren, mit der man mehr musikalische Gemeinsamkeiten hat.
Matt: Die Shows, die wir jetzt spielen, finde ich persönlich besser, da mir kleinere Clubs mehr gefallen. Die Tour mit IRON MAIDEN war zwar auch toll, aber für mich etwas „too much“. Jetzt ist alles weniger gezwungen, und man ist dem Publikum wieder näher, was ich auf der MAIDEN-Tour wirklich vermisst habe.

War es denn deprimierend, vor eingefleischten Metal-Fans zu spielen, die nichts mit Eurer Musik anfangen konnten?
Matt: Wir konnten damit umgehen. Wir wussten, dass wir nicht die Band sein würden, die die Menge sehen will. Wir gaben unser Bestes und waren am Ende ganz zufrieden. Mit der Zeit gewöhnt man sich auch daran, denkt nicht die ganze Zeit an das Publikum und spielt mehr für sich selbst – egal, ob die Leute einen mögen oder nicht.

Es ging ja alles ziemlich schnell: Ihr habt 2002 angefangen, Musik zu machen, auf den NME Awards gespielt und schon fast die ganze Welt betourt.
Matt: Noch nicht, aber am Ende des Jahres!
Kris: In der Tat – die Zeit streicht so an einem vorbei und plötzlich stellt man fest: „Fuck, wir sitzen gerade in einem Bus und sind in Hamburg in Deutschland, man!“

Habt Ihr Angst, dass irgendwann der Absturz kommt?
Matt: Was passiert, das passiert! Wenn man darüber allzu viel nachdenkt, wird man depressiv.
Kris: Fast jede Band fällt irgendwann auf den Boden, wenn die Karriere eines Tages vorüber ist. Aber momentan genießen wir jeden Tag und versuchen, unser Bestes zu geben. Und wenn dann irgendwann alles vorbei sein sollte, wissen wir, dass wir alles getan haben, was wir tun konnten.
Matt: Und wir haben nicht unsere Seelen verkauft!

Womit wir beim Thema wären: Ihr habt ja erst die Singles und EPs aufgenommen, bevor das Album folgte. Habt Ihr so lange auf einen guten Plattenvertrag gewartet?
Matt: Eigentlich wollten wir nur ins Studio, um unsere zweite EP aufzunehmen und dann folgte der Vertrag mit Warner Brothers.
Kris: Wir haben das Album in zwei getrennten Schritten aufgenommen. Die ersten vier Songs in anderthalb Monaten und dann den Rest.
Matt: Insgesamt waren wir fast drei Monate im Studio.

Ganz schön lange.
Matt: Ja, wir waren auch ziemlich selbstkritisch und haben uns nicht gefragt, was die Magazine davon halten mögen. Wenn die anderen meinten, dass ein Gesangspart von mir gut sei, und ich ihn trotzdem scheiße fand, bestand ich darauf, ihn noch mal einzusingen. Und das sechs Tage am Stück von elf Uhr morgens bis ein Uhr nachts, bis ich am Ende meine Stimme absolut verloren hatte. Auf der Tour, die direkt im Anschluss folgte, ging dann gar nichts mehr, und letztendlich bin ich sogar mit einem Geschwür im Hals im Krankenhaus gelandet. Das war wie der Tod!

Hatte denn Warner an Euch Interesse bekundet oder umgekehrt?
Matt: Sie kamen zu uns und sagten: „Wir wollen Eure Ärsche signen! Nehmt Euer Album für uns auf, und wir schicken Euch in Länder auf Tour, wo Ihr noch nie zuvor wart.“ Das war großartig! Und was sehr wichtig für uns war: sie schienen zu verstehen, was wir machen, und wer wir als Band sind. Das ist heutzutage ja nicht immer so!

Sowohl Ihr als auch die LOSTPROPHETS kommen aus Wales. Gibt es dort eine bestimmte Szene?
Matt: Es gibt dort viele gute Bands. Ich hoffe, dass sie nicht die Szene auseinander nehmen, so wie es momentan fast den Anschein hat.
Kris: Ich glaube, nicht nur in Wales, sondern in den UK im allgemeinen gibt es momentan die stärkste Musikszene der letzten zwanzig Jahre. Wobei vieles durch die Hypes zerstört wird: OASIS, CATATONIA und THE MANIC STREET PREACHERS – das sind alles wirklich gute Bands.
Matt: Und wir sind froh, dass wir ein Part der neuen Rockrevolution sind.

Habt Ihr auch den Eindruck, dass der Mainstream immer härter wird?
Kris: Es hat tatsächlich den Anschein, dass Rockbands momentan mit Popbands konkurrieren können. Das Album der LOSTPROPHETS landete in den UK-Charts beispielsweise auf Platz 4 und die Single auf Platz 9.
Matt: Ich denke, dass Rockmusik schon immer ein großes Potential besaß, und dass sie sich nun über die UK und Europa verbreitet, was für die involvierten Bands natürlich sehr cool ist. Mainstream oder nicht – es erlaubt Leuten an die Musik heranzukommen.
Kris: MUSE sind hierzulande zwar ziemlich bekannt, wobei man in den Magazinen nicht allzu viel über sie liest, und sie nur selten im TV sieht. Aber das Album schoss in den UK direkt auf Platz 1.

OK, das war’s auch schon. Und zum Abschluss mal wieder: wünsch Dir was!
[A] Matt: Ich wünsche mir, dass ich nicht sterbe. Zumindest nicht in dieser Band!
Kris: Puh, ich weiß nicht…
Matt: Vielleicht eine Gitarre von Diamond Darrell?

http://www.funeralforafriend.com/