Kinder, wie die Zeit vergeht. Ganze anderthalb Jahrzehnte ist es bereits her, dass Marcus Wiebusch, Thees Uhlmann und Reimar Bustorff das Grand Hotel van Cleef gegründet haben. Ursprünglich mit dem Ziel, das erste KETTCAR-Album in Eigenregie herauszubringen, da sich keine andere Plattenfirma finden ließ, die an einer Veröffentlichung interessiert war. Was in den darauf folgenden Jahren folgte, war ein Paradebeispiel dafür, wie sich ein DIY-Projekt zu einem der einflussreichsten deutschen Independent-Plattenlabels mausern kann. Da kann man zum Jubiläum auch mal ordentlich einen raushauen! Die Feierlichkeiten zum 15-jährigen Bestehen fanden auf dem Gelände des Hamburger Großmarkts statt, zu dem trotz des parallel stattfindenden Dockville-Festivals 10.000 Besucher mobilisiert werden konnten. Diese erlebten nicht nur typisches Hamburger Wetter, sondern auch ein Line-Up, das kaum Wünsche offen ließ: Neben FORTUNA EHRENFELD als neues Pferd im Stall gaben sich keine Geringeren als der Hamburger Singer/Songwriter GYSBERT ZU KNYPHAUSEN, sowie die beiden GHvC-Flagschiffe KETTCAR und THEES UHLMANN & BAND die Ehre. Erstgenannten habe ich leider verpasst, da aufgrund eines Polizeieinsatzes im Hauptbahnhof mein Anreise-Konzept ein wenig durcheinander gewirbelt wurde. Sehr bedauerlich, denn das jüngst erschienene Album des Kölner Multiinstrumentalisten klingt durchaus vielversprechend, und mich hätte die Live-Umsetzung von Liedern wie „Zuweitwegmädchen“ oder „Nach Diktat verreist“ durchaus interessiert.
Das Problem beim Solo-Auftritt von GISBERT ZU KNYPHAUSEN war hingegen ein anderes: Er war schlichtweg zu leise! Keine Ahnung, ob es zum Konzept gehörte oder eher ein Versehen war, aber selten habe ich einen Open Air-Auftritt erlebt, bei dem man sich dermaßen auf die Bühnenperformance konzentrieren musste. Folglich drohten an sich großartige Lieder wie „Kräne“ und „Teheran smiles“ glatt zur Hintergrund-Beschallung zu verkommen, sobald man sich mal kurz mit seinen Nebenleuten unterhielt oder einen Abstecher zum Bierstand wagte. Quasi als Entschädigung gab es im Anschluss jedoch einen kleinen Überraschungs-Auftritt eines Seemannschors aus Hannover. Dieser intonierte neben einem St. Pauli-Medley auch KETTCARs „An den Landungsbrücken raus“ sowie THEES UHLMANNs „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“ als lupenreine Shanty-Versionen.
Ein perfekter Übergang zu KETTCAR, die das Gefühl vermittelten, die Zeit wäre vor einigen Jahren stehengeblieben. Noch immer trug Marcus Wiebusch das gleiche schwarze Hemd wie damals, und noch immer begann das Set mit dem Song „Deiche“, ehe die Hamburger ihre zahlreichen weiteren Hits wie an einer Perlenkette aufzogen: „Volle Distanz“, „Kein Außen mehr“, „Money left to burn“, „Im Taxi weinen“, „Stockhausen, Bill Gates und ich“…. An diesem Abend fiel mir auf, wie sehr ich diese Band in den letzten Jahren vermisst habe. Als Vorgeschmack zum demnächst erscheinenden neuen Album wurde zudem das Stück „Sommer ´89 (er schnitt Löcher in den Zaun)“ gespielt, welches zur Feier des Tages übrigens exklusiv als einseitig bespielte Vinyl-Single verkauft wurde.
Für den vielumjubelten Abschluss des Abends sorgten wie erwähnt THEES UHLMANN & BAND, die das mittlerweile vom Regen völlig durchnässte Publikum mit Liedern wie „Und Jay-Z singt uns ein Lied“, „17 Worte“ und „Vom Delta bis zur Quelle“ in die Nacht entließ. Bleibt nur noch anzumerken, dass es eine sehr schöne Geburtstagsfeier war, die nach Wiederholung schreit. Dann aber gerne mit besserem Wetter und einem etwas lauteren GISBERT ZU KNYPHAUSEN.