Der Rückweg vom „Punkrock Holiday“-Festival im slowenischen Tolmin ins heimatliche Hamburg beträgt ungefähr 1.200 Kilometer. Da bot es sich doch geradezu an, die Tour auf zwei Tage zu splitten und einen Zwischenstopp in der Augsburger Ballonfabrik einzulegen, um noch eine kleine AFTER THE FALL Club-Show dranzuhängen. Die Band aus Albany, NY hatte drei Tage zuvor ebenfalls auf dem PRH gespielt, des Weiteren standen mit RÖTTEN SHOCK (die kurzfristig für die leider verhinderten STRAIGHTLINE eingesprungen sind) sowie AVENAL zwei Bands aus Bayern auf dem Programm. Einem interessanten Abend auf bisher unbekanntem Terrain sprach somit nichts mehr entgegen.
Nach einem lockeren Feuertonnen-Plausch vorm Eingang der Ballonfabrik und der Verkostung einiger regionaler Getränke-Spezialitäten begannen RÖTTEN SHOCK gegen 22 Uhr mit ihrem Set. Das Trio fällt zunächst durch seine internationale Zusammensetzung auf, denn die Drummerin hat kolumbianische Wurzeln, und der Sänger stammt aus Spanien. Der spanischsprachige Anarcho-Punk war spielerisch zwar recht einfach gehalten, doch die Songs wurden mit ordentlich Druck und viel Elan vorgetragen. Typischer Squat-Sound, der auch vom grundsätzlich eher Melodycore-affinen Publikum wohlwollend aufgenommen wurde.
Im Anschluss lieferten AVENAL ein weiteres Beispiel dafür, wie viele spielerisch unglaublich gute Skatepunk-Bands es in Süddeutschland gibt. Die Szene dort scheint aus meiner norddeutschen Sichtweise sehr aktiv zu sein, und in jedem noch so kleinen Kaff scheint es eine oder mehrere schwer motivierte Bands zu geben. Vom Sound und Gesang her kamen mir bei AVENAL sofort MILLENCOLIN zu ihren „Pennybridge pioneers“-Zeiten in den Sinn. Dass ich damit nicht ganz falsch lag, bewies das „No cigar“-Cover am Ende des Sets. Ansonsten gab es von der Band neben den vier Stücken ihrer 2015 erschienenen EP „A glorious mess“ eine gute Handvoll neuerer Songs zu hören, welche zukünftig hoffentlich ebenfalls noch den Weg auf einen Tonträger findet.
Dann der krönende Abschluss in Gestalt von AFTER THE FALL. Bei ihrem Auftritt beim Punkrock Holiday drei Tage zuvor hatte mich die Band mit ihrer ausschweifenden Bühnen-Action schwer beeindruckt. Entsprechend gespannt war ich, wie sie sich in einem kleinen AZ schlagen würden. Was den Bewegungsdrang angeht, ließen es die Jungs heute insgesamt etwas ruhiger angehen, was vielleicht auch der überschaubaren Zuschauerzahl von ca. 30 zahlenden Gästen geschuldet war. Musikalisch hatte ich hingegen das Gefühl, dass die Lieder sogar noch mehr geknallt haben. Folglich wurden Songs wie „Twenty nine“, „Elisa“ und „Dedication“ trotz der spärlichen Kulisse mit ordentlich Applaus bedacht, und auch wir waren anschließend glücklich, den Abstecher nach Augsburg gewagt zu haben. Wenn wir mal wieder in der Gegend sind, schauen wir gerne wieder auf einen „Brodersen“ in der Ballonfabrik vorbei.