Der Opener dieses Albums stellt sofort unter Beweis, dass EXCESSIVE VISAGE darauf pfeifen, ob man ihre Musik als nervig wahrnimmt oder nicht. Was mit schrägen Pfeiftönen und Percussions beginnt, geht nach und nach in sehr versierten Avantgarde/Psychedelic/Prog-Rock über und dürfte auch Freunden von BOSNIAN RAINBOWS, BLONDE REDHEAD und PALM gefallen. Klingt anstrengend? Nein, irgendwie schaffen es EXCESSIVE VISAGE, spannende Songs zu schreiben, denen man gerne folgt und sich überraschen lässt, welche unvorhersehbaren Wendungen die Stücke nehmen. Der zarte Gesang von Sängerin Larissa Blau erinnert dabei mal an MAZZY STAR, mal an Indie-Bands wie I MIGHT BE WRONG und PRETTY GIRLS MAKE GRAVES und sorgt damit auch für einen angenehm poppigen Kontrast zur teilweise recht schrägen Musik. Besonders erwähnenswert scheint mir in diesem Fall auch der markante Sound ihrer Pianistin Rieko Okuda, die in Japan und den USA studiert hat, ihre Wurzeln sowohl in der Klassik, als auch im Free Jazz hat und in der Vergangenheit unter anderem mit Musikern von SUN RA zusammengearbeitet hat. Die unkonventionelle Herangehensweise an die Musik spiegelt sich auch in den Songlängen wider, die zwischen dreieinhalb und zehn Minuten liegen. Auch wenn es mir bei den Musikern aus Berlin und Dresden mitunter doch einmal zu verquer wird, ist ihnen mit „You are lost anyway“ definitiv ein einzigartiges und abwechslungsreiches Album gelungen, das sich jeder anhören sollte, der von dem alltäglichen Mainstream genervt ist und in den letzten Jahren den Eindruck hatte, dass auch im Indie-Bereich nur noch selten spannende neue Musik erscheint.