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DAVEY VON BOHLEN – Someone has to die

Fast schon etwas befremdlich, diese Interview-Situation. Das Übel & Gefährlich ist komplett leer, und da sitzt Davey von Bohlen und stellt mir zuerst seine schwangere Frau vor, die ihn auf dieser Tour begleitet. Und das passt so perfekt zu diesem Menschen, der sich in diesem Interview präsentiert. Für viele ist er ein Idol, prägte die musikalische Entwicklung. So gerät Marcus Wiebusch heute noch ins Schwärmen, wenn man ihn auf "Woodwater" von THE PROMISE RING anspricht. Er ist eben einer dieser durchweg positiven Menschen, die sich auch von schwersten Schicksalsschlägen nicht aus der Bahn werfen lassen und mit beiden Beinen im Leben stehen.

[F]Dies ist wohl eine etwas andere Tour…
[A]Weil meine Frau dabei ist? Ja, wohl wahr, es ist schon ein wenig anders, auch gleich bei der Show. Aber darum geht es doch auch. Es muss nicht alles Konventionen folgen, es muss dir als Person gefallen. Du musst damit glücklich sein. Und da meine Bandkollegen von MARITIME vermutlich jetzt gerade Väter werden und ich es im Juli wieder werde, wollte ich die Zeit gerne nutzen, um noch etwas mit meiner Frau zu reisen.

[F]Wie entstand die Zusammenarbeit mit Olli Schulz? Ist ja schon irgendwie eine komische Mischung…
[A]Es ist schon eine Strafe mit ihm auf Tour zu sein! (lacht) Nein, aber im Ernst, er ist ein solcher Entertainer, obwohl ich natürlich nichts von dem verstehe, was er sagt, fühle ich die positive Stimmung, die von ihm ausgeht. Das überträgt sich dann auch bei meinen Liedern. Eigentlich ist die Idee zu dieser Tour im Herumalbern auf der letzten Tour entstanden, und jetzt ergab sich die Möglichkeit dazu, auch mit meiner Frau.

[F]In einer Textzeile von dir heißt es "I can’t live life like a pop song anymore". Ist ein Leben mit Frau und Kind nicht genau das?
[A]Nicht ganz. Was ich mit dieser Zeile aussagen wollte, war, dass man nicht immer einen geraden Weg beschreiten kann, es ist nicht immer alles heile Welt, es geht nicht immer alles gut. Man muss auf alles gefasst sein. Was aber noch viel wichtiger ist, dass man sich nicht einfach einer Situation verschließen darf. Es passieren schreckliche Dinge, und nur weil man wegsieht, sind sie nicht ungeschehen.

[F]Bist du jemand, der viele prägnante Textzeilen wie diese schreibt? "Someone has to die to make room for you and i" ist da ja ähnlich einprägsam und kontrovers zugleich.
[A]Ich gebe mir auf jeden Fall Mühe mit den Texten. Ich schreibe nicht sehr viele, sondern habe oft nur Fragmente, die ich zu den Songideen singe. Auch gerne zu neuen Songs. Freunde regen sich schon auf, wenn ich mal wieder den gleichen Text über drei verschiedene Demos gesungen hab… Aber es hilft einem. Man erkennt, ob ein Satz wirklich gut ist, ob er sich nicht zu schnell abnutzt. Wenn dann jemand zu mir sagt, dass sich ein Satz in seinem Gehirn festgesetzt hat, ist das natürlich ein großes Kompliment und es bestätigt mich. Die Sache mit dem "someone has to die" ist natürlich recht kontrovers, aber so sehe ich es, es ist nicht nur schlecht, wenn jemand stirbt, weil es schafft auch Platz für neue wunderbare Menschen.

[F]So wie neue Menschen in deiner Band MARITIME?
[A]Naja, das hatte ja jetzt nichts mit Tod zu tun! Aber ja, auch hier mussten wir einen neuen Bassisten suchen, was mir persönlich sehr schwer gefallen ist. Aber Eric hatte uns frühzeitig informiert, dass er lieber nicht mehr touren möchte, sondern sich auf andere Dinge konzentriert. Das ließ uns genügend Zeit, einen Ersatzmann zu finden. Es war aber schon nicht einfach, einen Menschen aus der Band zu lassen, mit dem einen so viel verbindet.

[F]Wie geht es denn jetzt weiter mit euch als Band?
[A]Nachdem ich es letztes Mal verpasst habe, bei der Geburt meines Kindes bei meiner Frau zu sein, will ich das dieses Mal auf jeden Fall schaffen. Aber ansonsten werden wir wohl im Juni noch in den USA auf Tour gehen. Dort ist unser Album "We, the vehicles" ja erst vor kurzem erschienen und nicht wie bei euch schon im letzten Jahr. Was danach ist, kann ich nicht sagen, aber Musik wird auf jeden Fall da sein.

[F]Lässt eure Arbeitsweise im Songwriting es zu, wenn man einfach weniger gemeinsam macht und sich nur zum Aufnehmen und Touren trifft?
[A]Auf jeden Fall. Wir machen viel über Demos, die meist ich zu Hause mache, die schicken wir uns gegenseitig, arbeiten sie aus. Dann mache ich die Texte dazu. Und irgendwann sind genügend Songs fertig, und wir nehmen sie auf. Wir proben nicht besonders häufig, eigentlich nur vor Touren ein wenig.

[F]Also eigentlich spielst du die Stücke dann heute so, wie du sie damals in der Rohversion gemacht hast?
[A]Zum Teil ja, in den meisten Fällen sind sie aber durch die anderen auch noch gewachsen, auch im Laufe der Zeit. Und ich kann natürlich auch mit einer Akustik-Gitarre nicht die, oder eher gesagt nur andere, Stimmungen erzeugen als es eine Band kann.

[F]Wie wählst du für deine Solo-Tour die Stück aus?
[A]Ich versuche, von allem ein wenig zu spielen. Komischerweise ist "Wood/water" bei euch richtig bekannt, und viele Leute fordern mich immer wieder auf, Songs von dieser Platte zu spielen. Das tue ich natürlich, aber ich denke, es hält sich in etwa die Waage, obwohl eher die neueren Stücke dominieren.