Früher war ich der Meinung, dass die Qualität eines Hotels vollkommen nebensächlich ist. Es ging mir im Urlaub vor allem um die Sonne, das Land und das Bier. Heute sehe ich das etwas anders.
Ähnlich verhält es sich mit Konzerten. War ich damals noch der Auffassung, dass die Musik im Vordergrund steht, sind mir inzwischen die Show, das Publikum und die Location fast genauso wichtig. Insofern sind Konzerte im Hamburger Aalhaus immer etwas Besonderes. Das Aalhaus ist vor allem eine gemütliche Eckkneipe mit ein paar Biertischen im Außenbereich, Live-Fußball am Wochenende und einem internationalem Kneipenquiz an jedem zweiten Donnerstag. Es befindet sich nicht auf dem Kiez, auch nicht in der Schanze, sondern in Altona inmitten eines Wohnviertels. Mit seiner Holzvertäfelung und antiken Sesseln fühlt man sich hier wie bei Oma zu Hause. Nur bei Konzerten wird es meistens etwas enger. Der Weg zum Tresen oder zum Klo gestaltet sich schwierig, und auch der schlauchförmige Schnitt des Ladens ist aus audiovisueller Sicht eher nachteilig. Aber die Atmosphäre stimmt dafür.
So wundert es nicht, dass eine Band wie CHOIR OF YOUNG BELIEVERS das Aalhaus schon im Vorfeld ausverkauft. Hinter CHOIR OF YOUNG BELIEVERS steckt vor allem Jannis Noya Makrigiannis, der zuvor bei LAKE PLACID mitwirkte und aus einem angedachten Soloprojekt schließlich eine ganze Band formte: Mit „Grasque“ wurde just ihr drittes Album veröffentlicht, doch die Lorbeeren gab es schon vorher. Bereits ihr Debütalbum wurde in ihrer Heimat für sechs Danish Music Award nominiert, ein halbes Jahr später wurden sie zum renommierten SXSW-Festival nach Texas eingeladen.
Ich kannte die Band bisher trotzdem nur flüchtig über Videos, vor allem ihre orchestralen Stücke wie „Hollow talk“ und „Have i ever truly been here“ gefielen mir. Das erinnerte an Bands wie WOODEN ARMS und LOCAL NATIVES, die einen ähnlich epischen Sound auffahren, zu der Jannis‘ warme Stimme perfekt passt. Doch anscheinend haben CHOIR OF YOUNG BELIEVERS mehrere Seiten. Findet man im Netz vor allem Konzerte mit einer großen Backing Band und klassischen Instrumenten, die musikalisch eine dichte Atmosphäre erzeugen und schon stark in Richtung Kammerpop tendieren, so gab es heute die synthetische Seite der Band zu sehen. Hallgetränkte Synthies treffen auf Plastik-Pop, die Eigthies und A-HA lassen grüßen. Na gut, warten wir erstmal ab. Wenn eine Band eine musikalisch große Bandbreite auffährt, ist das ja nicht zu verkennen. Doch es blieb leider so. Das übrige Publikum schien das nicht zu stören, doch am Ende half uns auch die Atmosphäre des Aalhauses nicht weiter. Nach einer halben Stunde entschieden wir uns für eine andere Kneipe. Zum Fußballgucken.