BRISA ROCHÉ – Takes

Ihr erstes Album „The chase“ erschien noch auf dem legendären Label Blue Note, hatte aber mit Jazz so gut wie nichts zu tun. Das Label ist auch längst nicht mehr das, was sein Ruf verspricht, und so erscheint das zweite Album „Takes“ auf dem französischen Label Discograph. Dort ist sie auch bestens aufgehoben, lebt die in Kalifornien als Kind zweier Hippies geborene BRISA ROCHÉ doch überwiegend in Paris. Musikalisch hat das vererbte Hippietum durchaus seine Spuren in Brisas Musik hinterlassen. Doch auf ihrem, von Henry Hirsch (u.a. LENNY KRAVITZ) und Nick Zinner (Gitarrist der formidablen YEAH YEAH YEAHS) aufgenommenen und gemischten Zweitwerk, wird keine verklärte Nostalgie geboten, sondern eigenständiges, eigenwilliges, intelligentes Songwriting. In sehr authentischen und reduzierten Arrangements wird Pop und Folk mit dem Flair der späten 60er vereint, die Lücke zwischen psychedelischem Folk und urbanem Pop geschlossen. Große Melodien wechseln sich ab mit verspuhlten oder entrückten Momenten. Das klingt selten gewohnt, nie gewöhnlich, und ab und zu darf es auch mal im Klang beißen. Ganz toll sind die unerhört abwechslungsreichen Arrangements. Meistens verlässt sich BRISA ROCHÉ auf akustische Instrumente wie Besendrums, Kontrabass, akustische Gitarre und Piano. Im ganz zauberhaften Eröffnungsstück „Breath in speak out“ dengelt ein Banjo, und nicht nur in der klassischen Pianoballade „The drum“ stöhnt eine Mundharmonika. Gelegentlich kommen gar elektrische Gitarren inkl. Feedbacks und elektronische Klangerzeuger zum Einsatz. Nicht nur in den sonnigen Tracks schwingt eine konstante Melancholie mit, auch in den Balladen wird es ab und an ganz schön düster und spooky („“High“ und im ungenannten Bonustrack). Hervorheben sollte man vor allem den federleichten und luftigen grandiosen 60s-Girlie-Hit „Heavy dreaming“, den munteren Folkpop von „Trampoline“ und „Whistle“, das geradezu bissige „Egyptian“, das flotte „The choice“ und das herrlich polternde „Pitch black spotlight“. Den Vergleich mit der Elfe aus Island verkneifen wir uns und werfen lieber Namen wie AMY WINEHOUSE, HOPE SANDOVAL, SANDY DENNY oder THE MAMAS & THE PAPAS in den Ring. Und wem NORAH JONES zu aalglatt und gewöhnlich ist, findet hier ein experimentelles Pendant. 15 Songs plus einem Bonustrack sind viel Stoff, und wenn „Takes“ an einem schwächelt, dann an der doch etwas zu hohen Zahl an Balladen. Balladen hin, Balladen her, manche sind wirklich groß, andere letztendlich verzichtbar („Hand on steel“, „Call me“ und „The mummy“). Mit mehr Mut zur Auslese wäre „Takes“ ein unangreifbarer Anwärter auf die Jahresbestenliste geworden. So gibt es leichte Abzüge in der B-Note.