Wer regelmäßig auf Konzerte geht, kennt das ja: in der Regel immer besser erst eine halbe Stunde nach dem offiziellen Beginn aufkreuzen, da es nie pünktlich losgeht. Heute sollten in der Astra-Stube BOY DIVISION spielen, im Support FITNESS aus Köln. Das Ganze im Rahmen einer nicht privaten Geburtstagsfeier der nunmehr dreißigjährigen Saskia. Einlass neun, Beginn zehn. Olli vergaß heute alle seine Verabredungen, und auch Steffi kam mit einer anderthalbstündigen Verspätung erst um halb zwölf. Los ging es letztlich erst nach Mitternacht. Ich sag’s Euch: wenn man alleine wartet, dass es losgeht, man niemanden kennt und nichts zu lesen dabei hat, können anderthalb Stunden verdammt lange werden. Da isst man auch mal was bei der Döner-Bude nebenan aus purer Langeweile.
Irgendjemand hatte bereits vor dem Konzert von FITNESS erzählt und sie ziemlich gelobt. Und wahrlich, was die drei da entzündeten, kann man einfach nur als „pure Energie“ umschreiben. Ein präzises, kraftvolles Schlagzeugspiel, das perfekt mit dem knarzigen Bass für die rhythmische Basis sorgte und hinzu kommen ein SURROGAT-ähnlicher Gesang und punkige Gitarrenlinien. Noise-Rock in Perfektion! Steffi gefiel’s nicht, aber das sprach wahrlich nicht gegen die Musik. Ist auch wohl eher was für Männer. Hehe! Wobei wegen des Geburtstags ein sehr durchmischtes Publikum mit hoher Frauenquote da war. Ehrlich gesagt war ich fast ein wenig überrascht, dass FITNESS insgesamt so gut ankamen, weil sie nun wahrlich keine leichte Kost zur musikalischen Untermalung anbieten. Könnte man sich auch gut im Vorprogramm von UNSANE vorstellen.
Aber der trashigste Part des Abends kam ja erst noch. Ich glaube, BOY DIVISION wollten bewusst erst nach eins anfangen, damit man bis zum Beginn der Show einen angemessenen Promillegehalt vorweisen konnte. Denn nüchtern ist das kaum auszuhalten.
Ich hatte die Band ja bereits einmal nachmittags in einem Göttinger Hinterhof gesehen anlässlich eines Jubiläums von Disrecords. Spielt die Band eigentlich ausschließlich auf Geburtstagsfeiern? Wer BOY DIVISION noch nicht kennt: es handelt sich um Hamburger Musiker, die nebenbei noch in etwas größeren Bands spielen. Allerdings kann man sich bei den bis zur Unkenntlichkeit verwursteten Cover-Versionen kaum vorstellen, dass die Musiker auch richtig ernsthaft Musik machen. Das „Schlagzeug“ besteht aus zwei auf einem Barhocker liegenden Becken, die von einer darauf stehenden Metalltonne fixiert wurden, der Gesang kommt melodielos aus einem Megaphon. Nur Bass und Gitarre helfen den Zuschauern, Songs wie „Wonderwall“, „Love cats“ und „Sexbomb“ wiederzuerkennen, wenn man sie nicht aufgrund der Texte erkennt. Ein fröhliches Liederraten, bei dem auch die Zuschauer gern mal in das Megaphon shouten dürfen. „Hyper, hyper!“ schallte es aus der Menge. „Ja geil, spiel das doch mal“, forderte Sänger Olli vom Gitarristen. „Hast Du den Arsch auf? Das können wir doch gar nicht“, die knappe Antwort, die eigentlich bezeichnend für die Qualität des Konzertes war. Klar, die Menge tobte, denn ein solches Happening kriegt man nicht alle Tage geboten. Nach zwanzig Minuten machten wir aber dennoch den Abflug. Das war selbst für mich ’ne Spur zu kaputt.