Es ist ja nicht wirklich so, dass man jeden Monat gespannt auf das neue Album einer deutschen Alternative Rock-Institution wartet. Bei BLACKMAILs siebtem Album „Anima now!“ gibt es jedoch Gründe, neugierig zu sein. Zum einen will man wissen, ob man den Weggang von Frontmann Aydo kompensieren konnte, zum anderen, ob es auch eine musikalische Neuausrichtung gibt. Darauf gibt es klare Antworten. Mathias Reetz, der neue Mann am Mikrofon, macht einen guten Job, hat aber noch nicht diesen unverwechselbaren Wiedererkennungseffekt. Das kann aber noch werden, denn man steht ja gerade erst am Anfang dieses neuen Kapitels in der Bandhistorie. Musikalisch ist nicht unbedingt erkennbar, in welche Richtung sich BLACKMAIL wirklich entwickeln werden. Es gibt jedoch einige neue Elemente, die nicht zuletzt durch Mathias ins Songwriting eingeflossen sein mögen und die Musik offener denn je gegenüber Pop und Schönklang macht. Diese Entwicklung zeichnete sich ja schon in Ansätzen bei den letzten Alben ab, aber nun ist die einstige Schwere, sind die einen überrollenden Grooves fast vollständig verschwunden. Selbst der Gitarrensound ist drahtiger, kerniger, klarer geworden. Man wundert sich, was Kurt so eingebremst haben könnte. Das sind natürlich schon ein paar Nüsse, die geknackt werden wollen. Man sollte „Anima now!“ deshalb tunlichst wie ein Debüt behandeln. Nur weil der gleiche Name draufsteht, ist nicht mehr das Gleiche drin. Ein Verharren mit seinen Hörgewohnheiten in der Vergangenheit hieße, sich von BLACKMAIL ein für alle mal zu verabschieden. Der Einstieg ins neue Album gerät mit „Resonant wave“ fast zum FOO FIGHTERS-Tribut, wäre da nicht der ungewohnt poppige 60s-mäßige Break. Im weiteren Verlauf wähnt man sich zwischenzeitlich gar in einem Neo-Prog-Song. Ähnlich powerrockig wirkt auch „Rocket soul“. Damit sind die gröbsten Eckpfeiler der neuen Ausrichtung schon genannt. Wenn man sich erstmal davon gelöst hat, auf rollende Grooves und tonnenschwere Riffs zu warten, entblättern sich echte Perlen. Nicht alle Songs tragen dabei die typische Handschrift von Kurt Ebelhäuser wie „Monegraphic dolls“, das durchaus auch auf der letzten SCUMBUCKET einen Platz hätte finden können. Auch im großartigen „Sky on sky“ kann man noch Spuren der alten BLACKMAIL entdecken. Die Highlights „Deborah“, „The why of the ways“ oder „Bugs“ haben eine deutlich andere Ausrichtung. Sie wirken gelöst und melodiös und kommen ungewohnt positiv rüber. Eine echte Überraschung stellen die äußerst sensiblen und entspannten Songs „Night school“ und „Dialogue dial“ dar, die BACKMAIL in die Nähe später dEUS rücken. Auch einen Song wie „Santa Rosalie“, das fragilen, fast FLEET FOXES-Gesang mit schweren Breaks im Stile der frühen SMASHING PUMPKINS paart, hat man bisher noch nie auf einem BLACKMAIL-Album gehört. Also alles auf Null stellen, der Scheibe ein paar Durchläufe gönnen und dann begeistert sein!