AUN – Phantom ghost

In Kiel geht ab November das Licht aus. Also, es wird für einige Monate nie mehr richtig hell. Selbst wenn die Sonne scheint, werden Wärme und Licht umgehend von Menschen und Gebäuden geschluckt. Man blickt nicht auf. Und man gewöhnt sich dran und stellt sich der Suppe. AUN vertonen das alles: Bei ihren Sounds muss ich an Nebelwände und –hörner, an Nieselregen und Straßenlaternen denken und auch an den Versuch, dem etwas Schönes abzugewinnen. Immer alles gut rauschen und im Ungefähren lassen: Soundflächen, bei denen ich nicht mehr sagen kann, ob sie mit Keyboards oder Gitarren und vielen Effektgeräten erzeugt werden (sicher immer beides). Fast nie wird es komplett düster, es gibt manchmal Beats und gesungene Melodien, vorgetragen von einer verhallten, gedoppelten oder sonstwie bearbeiteten und also distanzierten Frauenstimme. Aber im Zweifelsfall entscheiden sich AUN lieber dafür, nochmal eine weitere Rußschicht aufzutragen oder zumindest Strukturen aufzulösen, um bei aller Ähnlichkeit zu MY BLOODY VALENTINE in den poppigeren Momenten (vor allem in der ersten Hälfte) doch nicht ganz so euphorisch und warm rüberzukommen wie jene. Wer die Pole dieses Albums kennenlernen möchte, kann sich das vorletzte Stück, „Ghost“, anhören, das mir wie eine Zusammenfassung aller vorherigen Tracks vorkommt, aber noch einen draufsetzt. Fängt düsterer an als alles zuvor und endet lichtdurchflutet und sakral wie ein Orgelkonzert.
Irgendwann habe ich mich an diesen grauen Ambientpop gewöhnt und ihn sogar liebgewonnen und da erst gemerkt, dass hinter dem Ungefähren der Musik etwas Fieses und Gefährliches lauert. Der Titel „Phantom ghost“ ist nicht einfallslos und auch nicht selbstironisch, man sollte ihn ernst nehmen. Das Album ist ein Gespenst.