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ANGELIKA EXPRESS – 20.06.2012, Hamburg (Altes Zollhaus)

Im mittlerweile über weite Strecken durchmodernisierten, nördlichen Teil des Hamburger Hafens gibt es heutzutage nur wenige Relikte, an denen man noch den Geist vergangener Tage spüren kann. Zwei davon sind die legendäre Oberhafenkantine sowie das danebenliegende alte Zollamt in der Stockmeyerstraße. Während wenige hundert Meter weiter mit der Hafencity ein Luxusquartier für Neureiche erschaffen wurde und die Speicherstadt längst zum Standardrepertoire der Touristen gehört, erinnern diese beiden leicht abseits gelegenen Gebäude tapfer an eine Zeit, in der man mit dem Hafen noch harte Arbeit und nicht die scheinbar niemals fertig werdende Elbphilharmonie verbunden hat.
Umso erfreulicher, dass dieser Ort auch hin und wieder für (sub)kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. In diesem Fall für einen Auftritt von ANGELIKA EXPRESS, deren Sänger Robert Drakogiannakis zugleich als Künstler fungiert und parallel zum Konzert im alten Zollamt auch einige seiner Bilder ausgestellt hat, welche als Kunstdrucke wiederum der jüngst zum zehnjährigen Bandjubiläum erschienenen „Angelika-Box“ beiliegen. Als lokale Verstärkung hatten die Kölner die St. Pauli-Institution KAPELLE HERRENWEIDE eingeladen, die sich mit ihrer duften Mischung aus Polka, Pop, Punk, Balkanbeats und Hamburger Schule-Sound in den letzten Jahren vor allem in der Hansestadt einen Namen gemacht haben. Obwohl die Spielfreude, die die Herren Kapellmeister bei ihren Auftritten an den Tag legen, üblicherweise geradezu ansteckend wirkt, mochte der vielbeschworene Funke an diesem Abend leider nicht so richtig auf das Publikum überspringen. Dies lag zum einen sicherlich daran, dass ihr Set viel zu kurz war, vor allem aber auch daran, dass die Neonleuchten im Raum während des kompletten Abends brannten und sich bei dieser grellen Beleuchtung keine richtige Konzertatmosphäre einstellen wollte. Ob diese Beleuchtungsmaßnahme mit den im selben Raum aufgehängten Bildern zu tun hatte, ist mir nicht bekannt, der Tontechniker hat mir jedoch auf Nachfrage erzählt, dass das Brennen der Leuchten vom Veranstalter gewollt sei. Schade drum!
Kurze Zeit später betrat zunächst Robert Drakogiannakis alleine die Bühne und gab mit seiner Gitarre ein gutes halbes Dutzend Solo-Songs zum Besten. Erst als die vertrauten Akkorde von „Francois Truffaut“ erklangen, erhielt der Frontmann nach und nach Unterstützung seiner Bandkollegen. Obwohl sich das Trio auf der nicht vorhandenen Bühne anscheinend auch ein wenig verloren vorkam, waren ANGELIKA EXPRESS sichtlich bemüht, das Publikum für sich zu gewinnen, was ihnen angesichts solcher Indie-Beat-Pop-Perlen wie „Geh doch nach Berlin“, „Was wollt ihr alle“ und natürlich dem Hit „Teenage Fanclub Girl“ letztendlich auch mehr oder weniger gelang. Trotzdem: Ohne OP-Tisch-Beleuchtung wäre der Abend mit Sicherheit noch schöner gewesen.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.