Da läuft im TV derzeit dauernd dieser pompös aufgeblasene Werbespot für eine Gruppe namens ADORO. Ein paar aus dem Ei gepellte Tenöre, die nervigstes deutsches Radioliedgut ausschlachten, quaken: „Frei-heit, Frei-hei-hei-hei-hei-heit“. Quak, quak, dramatisch aufgesetzte Schlagergestik, gegenseitiges Übertönen im Möchtegern-Pavarotti-Stimmen-Wirrwarr, gekünstelte Emotionen, quaaak. Das mache diesen besonderen „ADORO-Klang“ aus. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Das ist so unsäglich schlimm, so entsetzlich nervig. Schon nach drei Sekunden möchte ich mich am liebsten mit ihnen prügeln. Ich ihn, er mir, ich ihn, er mir, sie sich, wir uns. Verkauft sich wie blöde und die Leute in der Schlange an der Saturnkasse denken, jetzt erwerben sie aber mal ein richtig gutes Stück Musikkultur. An sowas geh ich eines Tages noch kaputt. Dann sitze ich in einer Nervenklinik und haue den ganzen Tag meinen Kopf gegen die gepolsterte Wand. Der Chefarzt kommt hin und wieder mit einer Gruppe Studenten vorbei, die mich durch ein Fenster beobachten. Die Studenten machen eifrig Notizen. Der Professor klärt auf: „Flucht-Autismus hohen Grades. Er hat sich komplett abgeschottet. Und das einzige, was ihn zur Ruhe kommen lässt, ist das Album „Put it this way in headlines“ der schwedischen Popgruppe AERIAL. Das machen wir ihm gelegentlich an. Dann liegt er selig da, gerät in einen fast meditativen Zustand. Die zarten Klänge nehmen ihn ein. Er scheint nach den Tönen greifen zu wollen. Er malt sogar Bilder. Hier, sehen Sie!“. Eine Studentin interpretiert neunmalklug: „Ah, die Musik taucht seine Gedanken wohl in bunte Farben und vermittelt ihm Gefühle von Trautheit und Sehnsucht.“ Der Professor nickt zustimmend: „Ja, sie wärmt definitiv sein Gemüt. Aber manchmal entspannt ihn das so sehr, da döst er uns glatt weg. Meist so im Mittelteil des Albums. Es wird ja auch durch viel Klangkulisse geprägt. Deshalb ziehen wir es gelegentlich vor, einfach nur das Stück „Velvet light trap“ oder die „Guitar ode to a sunny afternoon“ anzuspielen. Da können wir in seinen Gesichtszügen ablesen, wie er die Lieder regelrecht lebt. So, lassen Sie uns zu unserem nächsten Patienten gehen. Ein ganz ähnlicher Fall. Er hat nach Genuss des ADORO-Albums versucht, seinen Kopf in die Friteuse zu stecken.“