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SLEIGH BELLS – Treats

Der Titel "Most irreführender Bandname des Monats" geht im Oktober konkurrenzlos an die SLEIGH BELLS, denn nach Schlittenglocken klingt hier zunächst einmal gar nichts. Phonetisch kann man aber auch von mordenden Glocken sprechen, was der Musik auf "Treats" schon sehr nahe kommt. Messerscharfe, minimalistische Gitarrenriffs treten gemeinsam mit rudimentären Beats und durchgeknallter Elektronik gegen himmlischen Girlie-Gesang an. Zuckersüßer Pop wird mit fiesestem Elektrolärm zu letztendlich richtigen Songs zusammengelötet. Gleich zu Beginn lässt Derek E. Miller (Gitarre, Elektronik, Noise, Produktion, Ex-POISON THE WELL) in "Tell ´em" Bomben aufs Teletubbi-Land fallen. Alexis Krauss singt dazu, als befänden wir uns beim Weihnachtssingen des Mädchenchors am Kölner Dom und im Publikum daddelt währenddessen irgendjemand alte Arcade-Games auf ´ner Taschenkonsole. Diesem Overkillschema folgen auch Songs wie "Kids", "Riot rhythm", "Crown on the ground", "A/B machines", "Treats" und ganz besonders "Straight a´s", bei dem man dann doch sicher ist, dass es die Boxen dahingerafft hat. Nicht alle Songs folgen diesem Konzept. "Run the heart" klingt, als würden sich die Deheza-Zwillinge (SCHOOL OF SEVEN BELLS) von CRYSTAL CASTLE begleiten lassen. "Rachel" hat was von Kinderzimmertechno ohne Beats. "Rill rill" kommt gar mit eiernden Akustikgitarren daher. Dieser Dreierpack in der Mitte des Albums ist auch dringend nötig, denn auch der fieseste Schallwellenangriff ermüdet einen irgendwann. Produziert ist das Ganze natürlich nicht. Vielmehr wurden, bis auf die Stimme, alle anderen Sounds im komplett tiefroten Bereich aufgenommen und das Ganze dann derartig durch den Kompressor gejagt, dass der Gesang immer wieder regelrecht ausgeblendet wird. So faszinierend das manchmal klingt, so schade ist dieses Konzept auf Albumlänge gesehen, denn Dynamik geht anders und das unangenehme Gefühl, die Lautsprecher hätten gerissene Membranen, macht das Hören nicht unbedingt vergnüglicher. Freunde von M.I.A., den schon erwähnten CRYSTAL CASTLES, WAVVES oder alte MINISTRY-Haudegen, die gerne mal ein Popalbum ihrer Helden in den Händen halten würden (absurd, I know), sind hier an der richtigen Stelle, alle anderen eher nicht. Ein "gar nicht so übel, kann man mal hören" gibt es bei "Treats" nicht. Man findet es entweder total geil oder unhörbar. Nicht zuletzt wegen des sehr hohen Polaritätspotenzial ein bemerkenswertes Debüt.