Karsten und Jan warteten vor dem Knust. Wir unterhielten uns über das neue Album von BUSHIDO und was uns sonst noch einfiel. Jans Bemerkung, dass die Leute auf heutigen Punkkonzerten wie ausgeschnitten aussehen, erntete Zustimmung. EVEREST zum Beispiel, das sind schon verdammt schicke Jungs. Die könnte man bestimmt bei „OC California“ unterbringen. Als die rebellischen Musiker, die von der wohlbehüteten Tochter des stinkreichen Rechtsanwalts angehimmelt werden. Ach so, die Tochter heißt übrigens Stacy und hat die Schnauze gestrichen voll von den bösen Business-Law-Studenten und Football-Quarterbacks. Deshalb sträubt sie sich auch kaum, als die Jungs von EVEREST sie in eine bessere Welt entführen. So „The Graduate“ Style! Vater sauer, aber machtlos. Quarterback neidisch und rot vor Wut. – Tja, so könnte es gehen. Einen Haken hat die Sache, EVEREST sind aus Darmstadt und werden wohl nie im Leben die Chance bekommen, die Filmbosse Hollywoods von ihren schauspielerischen oder musikalischen Qualitäten zu überzeugen.
In Deutschland haben sie das wohl geschafft. Mein Geheimagent Olli verriet mir, dass die smarten Jungs einen Deal mit ’nem Majorlabel in der Tasche hatten, dann aber, als die menschenverschlingende Maschine doch tatsächlich darauf bestand, dass EVEREST ab sofort auf deutsch singen, Reißaus nahmen,. Deutsch, nein danke, hieß es und EVEREST veröffentlichten ihre neue Platte auf einem eigenen Label. Respekto, aber mucho! Auch wenn das musikalisch heutzutage nicht mehr so mein Ding ist, hab ich mir doch das komplette Set angeschaut und fleißig mitgesummt. Jedenfalls bei den Lieder von ihrem ersten Album, das vor einigen Jahren auf Join The Team Player erschien. Und wie schon beim letzten Konzert im Molotow war das sehr souverän! Nichts zu meckern. Und viel Applaus für den Virtuosen am Schlagzeug. Fantastisch und eine Augenweide wie der trommelt! Aber mal echt jetzt!
Die erste Supportband ANDTHEWINNERIS, Sie kennen jene vielleicht aus Funk und Fernsehen und von anderen Supportshows für alles was „Ja“ zu melodischem Punk sagt, habe ich verpasst, war noch beim „Lage cheggen“ vorm Disco-Autoscooter auf’m Dom. Aber die Jungs sind so was von bühnenerprobt, da ist bestimmt nichts schief gegangen. Oder?
Dann also SAMIAM. Das letzte Album „Astray“ ist schon ein paar Jahre alt, trotzdem kommen sie fast jährlich nach Deutschland auf Tour. Geldprobleme? Wahrscheinlich. Mir ist’s schnuppe. SAMIAM ist so ’ne Band, die ich mir auch noch in 60 Jahren anhöre, wenn meine Musiksammlung vermutlich zu 90 Prozent aus skurrilen Free-Jazz-12inches besteht.
Der Auftritt war solide und routiniert. Solche Attribute bedeuten normalerweise das Ende für jede Punkband, und man sollte schleunigst die Instrumente beiseite legen und andere ran lassen, sonst endet man am Ende gar so unsäglich wie BAD RELIGION. Aber egal, die Hits vom „Clumsy“-Album gab es trotzdem, und die waren auch super. Die zweite Gitarre hat gefehlt, aber die dachte man sich einfach hinzu. Man kennt die Songs ja eh auswendig. Und deswegen blieben sie auch im Ohr, die ganze Nacht… Und am Morgen dachte ich, die Band habe ich famoser in Erinnerung (z.B. auf der Tour mit TEXAS IS THE REASON), aber scheiß der Hund drauf, es war trotzdem schön…