THE HIRSCH EFFEKT – Holon: Anamnesis

Der epische Hörgenuss beginnt mit einem Seitenhieb. Wie das Debüt „Holon: Hiberno“ ist auch der Nachfolger von THE HIRSCH EFFEKT ein anspruchsvolles Gesamtkunstwerk mit philosophischem Überbau, welches durch seine Komplexität zur intensiven Auseinandersetzung auffordert, aber dabei trotzdem wunderbar hörbar ist. In neun Songs und 66 Minuten erschaffen die drei Musiker aus Hannover ein kraftvolles Album, welches zu dem besten gehört, was der experimentelle Metalcore-Bereich derzeit zu bieten hat. Mutig wird mit einer ganzen Armada an Instrumenten, Chören, Gastmusikern und Einspielungen gearbeitet, Tempus- und Rhythmuswechsel sind ohnehin inklusive. Poetische deutschsprachige Texte vereinen sich mit der wunderbar verständlichen Stimme von Nils Wittrock.
Langeweile kommt bei „Holon: Anamnesis“ auf keinen Fall auf. Nach einer dreiminütigen melodischen Einführung mit Streichern und klarem Gesang („Anamnesis“), geht das Intro direkt in das verstörende Chaos von „Limerent“ über. Der Gesang überschlägt sich, ohne seine Präsenz einzubüßen, wird verstärkt durch weitere Stimmen und präzise platzierte Instrumente. Das Tempo wird deutlicher aggressiver, die Wechsel kommen abrupt, doch auch hier ist noch Luft nach oben. Zunächst wieder ruhiger schafft sich „Absenz“ mit sanft treibenden Gitarrenlinien einen weiten Raum, in dem Bass, Gitarre, Schlagzeug und Gesang harmonisch miteinander kombiniert werden. Mit „Agitation“, „Ligaphob“ und „Mara“ folgt nun der zentrale Teil der Platte. Die drei umfangreichen Stücke mit einer jeweiligen Länge von zirka zehn Minuten sind allesamt bestechen stark und fragil zugleich. Das melodische „Agitation“ wartet mit intensiven Instrumentenwänden und Streichern auf. Langsam geht es in „Ligaphob“ zu: Gesang und Instrumente sind zurückgenommen, schwebende Chöre und tiefe Bässe unterstützen die himmlischen Heerscharen bis zum kraftvollen Ausbruch in der Songmitte. Großartig! „Mara“ hingegen ist verhältnismäßig düster und wenig eingängig. „Irrath“ und „Ira“ schließen sich an die Düsternis an und leben von den Gegensätzen der Chöre und Instrumente. „Ira“ endet mit Klavier und Gitarre, was von dem letzten Stück „Datorie“ fortgeführt wird und zu einem würdigen Abschluss gebracht wird.
Auch live sind die Jungs bedingungslos empfehlenswert und noch bis Ende des Jahres auf Tour. Unbedingt anhören!