Es ist doch so, dass, wenn man weiß, dass man etwas wirklich gut kann, dann sollte man es auch tun. Und zwar ohne Abschweife. Ohne Wenn und Aber. Man sollte die Nebensächlichkeiten ignorieren und sich voll und ganz auf das Pure konzentrieren. Ich mag das. Und ich liebe es, wenn ich Menschen begegne, die es tun und darin wirken wie ein Fisch im Wasser.
TONIA REEH lässt bei ihrem Album „Boykiller“ so ziemlich alles weg, was von ihren beiden Instrumenten, nämlich der Stimme und dem Klavier, ablenken könnte. Was übrig bleibt, sind elf Songs, in denen es ausschließlich um die Spannung dieser beiden Zahnräder geht, die so ineinander greifen, als wären sie die Mechanik für ein inneres Kopf- und Herzkino, das beim Einschalten eine eigene, innere Welt beschreibt. Eine Welt aus Musik, reduziert auf das, was eben Musik zu derselben macht: Gefühl, Gefühl und nochmal Gefühl. Und wie man ja weiß, sind es die Kleinigkeiten, die einen glücklich machen: So wie ein Zittern in der Stimme, das wirklich nur angedeutete Schluchzen, bevor ein lang gesungener Ton der Stille den Raum überlässt, oder das dynamische Spiel zwischen Tempo, Rhythmus, aber auch Lautstärke des Klavierspiels und TONIA REEHs Stimme. Die Bandbreite meiner Assoziationen reicht allemal von Gedanken an die alte Kinderfotokiste, die man schon seit gefühlten hundert Jahren an einem Regensamstag nicht mehr durchwühlt hat bis hin zu „theatralisch-romantischen Herbstlandschaftsspaziergängen“, die gerade in diesen Tagen doch wirklich schön sein können. Zugegeben, es sind beinahe ausschließlich melancholische Stimmungen, die beschrieben werden und auch die Kompositionen sind keine, die man mal eben so hört. Man wird aufgefordert zuzuhören, sich einzulassen auf die eher ungewöhnliche Stimme wie auch Stimmung. Doch tut man es, legen sich die Stücke wie warme, schwere Wolldecken auf einen.
Zum Schluss bleibt mir nur noch der Wunsch, dass TONIA REEH mit ihrem Klavier mal nach München reist und die Entschuldigung für den Vergleich mit AMANDA PALMER, den ich aber fast noch aussprechen muss. Ähnliches Kaliber, meine sehr verehrten Damen und Herren!