Als treue Blueprint-Leser:innen kennt Ihr sicher unsere quartalsweise erscheinende Rubrik „Kurz & schmerzlos“ – das Format, in dem wir neue Platten im Schnelldurchlauf besprechen. Mal, weil sie nicht so recht in unser Konzept passen, mal, weil die Zeit zu knapp war – oder weil unser Schreiber schlichtweg keinen Zugang dazu gefunden hat.
Nach demselben Prinzip gibt’s diesmal eine Premiere: einen kompakten Rundumschlag an Konzertberichten. Unser neuer Autor Emil hat sich innerhalb von zwei Wochen gleich vier Shows gegeben – und wollte Euch die Eindrücke nicht vorenthalten.
Keine Sorge: Unsere Konzertberichte wird es auch künftig in gewohnter Ausführlichkeit geben. Aber Emils kleine Konzert-Kolumne bietet einen frischen Blick darauf, was sich live derzeit so im Süden der Republik tut.
Viel Spaß mit Emils Konzert-Kolumne!
DUESENJAGER – 08.10.2025, Z-Bau (Nürnberg)

DUESENJAGER feiern ihr 25jähriges Jubiläum. Da musste ich natürlich unbedingt hin, auch weil sie befreundete Bands eingeladen haben. In diesem Fall waren das ES WAR MORD mit u.a. Marten Ebsen von TURBOSTAAT, aber auch Mitgliedern von alten Legenden wie JINGO DE LUNCH und DIE SKEPTIKER. Und da ist mir was passiert, was ich schon bestimmt über zehn Jahre nicht mehr auf einem Konzert gemacht habe. Es war so unfassbar laut, dass ich bereits beim zweiten Lied an der Bar nach Ohrstöpseln gefragt habe. Natürlich muss dieser brachiale Punkkrach laut rüberkommen, aber hier war das einfach einen Ticken zu krass. Das hat dann das Konzert etwas getrübt, auch wenn die Band gut drauf war und Sänger Stunk am Mikro alles gab.
Bei DUESENJAGER war komischerweise der Sound astrein, sauber und von der Lautstärke genau richtig. Die spielten ein wunderbares Set voller Hits („Everyday is like monday“, „Jauchetaucher“, „Grabeland“, „Las Plamas O.K.“ uvm), aber auch Songs ihrer neuen EP „Solaire“ wurden gespielt. „Kantholz“ ist so ein geiles Stück, ich musste das die Tage rund ums Konzert rauf und runter hören. Auf jeden Fall stellt man sich so einen rundum gelungenen Konzertabend vor: gut aufgelegte und spielfreudige Band mit lustigen Anekdoten aus 25 Jahren Bandgeschichte und einem gut gelaunten, textsicheren Publikum. Einzig der Zuspruch in der mit 150 Besucher*innen fassenden Halle, die mit knapp 2/3 gefüllt war, hätte etwas besser sein können.
HVOB – 09.10.2025, Muffathalle (München)

Bereits einen Tag später ging es nach München zu HVOB. Die werden vielleicht einigen Blueprint Leser:innen gar nichts sagen, obwohl sie schon eine relativ große Band sind. Das liegt wahrscheinlich am Genre, denn HVOB machen astreinen Electro-Sound. Aber sie kommen durchaus aus dem Indie-Electro-Bereich. Zum ersten Mal gesehen habe ich sie 2015 auf dem guten alten Phono Pop-Festival in Rüsselsheim. Und dann nochmal 2019 in Mannheim auf dem Maifeld Derby. Das Duo Anna Müller und Paul Wallner, die an ihren Reglern den Sound kreieren, werden live oft von einem Schlagzeuger ergänzt. So auch in München. Ihre Musik ist sphärisch und minimalistisch, und meist bauen sich die Songs langsam auf, aber es gibt auch richtige Banger. Das besondere Kennzeichen ihrer Songs ist aber die Stimme von Anna Müller, die fast schon hauchend jedem Lied das gewisse Etwas gibt. Die Muffathalle war schon Wochen vorher ausverkauft, und so hat es sich auch angefühlt – Platz zum Tanzen war nicht wirklich vorhanden, was schade, aber auch erwartbar war. So konnte man sich mehr auf die Visuals einlassen, die extra für die Tour aufwendig produziert wurden. Die Lightshow war dann auch wirklich bombastisch. Den Charme des Kleinen und Neuartigen bei meinem ersten HVOB-Konzerts vor vielleicht knapp 200 Leuten hatte das Konzert heute mit rund 1200 Besucher:innen natürlich nicht mehr, aber ein mehr als toller Konzertabend war es dennoch!
HERRENMAGAZIN – 18.10.2025, Feierwerk (München)

Ich will es gleich vorwegnehmen: von diesen vier Konzerten war HERRENMAGAZIN das beste. Im ausverkauften Feierwerk durfte aber erst mal WIM ran, eine Songwriterin, die mich stark an ENNO BUNGER erinnert hat. Sie war sehr aufgeregt, was wiederum sehr sympathisch war. Aber musikalisch hat mich das nicht so abgeholt.
HERRENMAGAZIN starteten dann überpünktlich mit einem Intro von MARLENE DIETRICH („Wenn ich mir was wünschen dürfte“) stilvoll in das Set. Und bereits als zweiten eigenen Song spielten sie „In den dunkelsten Stunden“. Da gab es spätestens für mich kein Halten mehr. Ich liebe diesen Song einfach. Der Rest um mich herum war da noch etwas verhaltener. Doch das sollte sich im Laufe des Abends ändern, denn mit zunehmender Spieldauer nahm die Euphorie im Raum zu. Die Band war zudem sehr gut aufgelegt, es gab einige Anekdoten und auch die ein oder andere Publikumsinteraktion. Dazu beigetragen hat die auch seitlich offene Bühne, wo einige Besucher:innen standen. Die Band hat somit zwei Seiten bespielt und das souverän gemeistert. Das neue Album „Du hast hier nichts verloren“ war mit acht Songs stark vertreten, und vor allem „Alter Debütant“ und „Fragment“ sind live auch wirkliche Banger. Ein wenig Gänsehaut gab es dann auch noch beim ruhigen „Ich bin für dich da“. Was auffiel, wie viele Menschen die Texte mitsingen konnten und zwar nicht nur bei zwei oder drei bekannten Liedern, sondern die eine oder der andere haben wirklich fast alle Lieder mit gegrölt. Durch den frühen Beginn hatten wir dann kein Problem, noch den letzten Zug nach Nürnberg zu bekommen, der – wie sollte es auch anders sein bei der Deutschen Bahn – natürlich zu spät losfuhr. Und total voll mit Fußballfans war, da am Abend der BVB in München gastierte. Aber immerhin blieb alles friedlich im Zug, und man konnte das sehr schöne Konzert nochmal Revue passieren lassen.
CLICKCLICKDECKER – 21.10.2025 Club Stereo (Nürnberg)

Nur drei Tage später ging es schon zum nächsten Konzert. Leider verpassten wir die Vorband PETULA weil Konzerte im Club Stereo unter der Woche immer sehr früh anfangen (denn länger als 22 Uhr darf es dort nicht gehen). Aber immerhin schafften wir es genau rechtzeitig zum Start, der etwas kurios war. Die Band kommt auf die Bühne, macht noch so einen Mini-Soundcheck bzw. checkt noch kurz was ab, als ein Typ in der ersten Reihe Sänger Kevin zutextet. So genau habe ich es nicht verstanden, aber an Kevins Reaktion konnte man erkennen, dass er den Moment direkt vor Konzertbeginn nicht ideal für einen Plausch hält. Kevin hat dann sichtlich genervt einfach mitten in das Gelabere des Typen hinein das erste Lied begonnen. Das war wirklich etwas schräg, denn so gab es irgendwie keinen richtigen Start, sondern es begann irgendwie aus dem Nichts. Was ein wenig schade war, denn das sehr schöne Lied „Am Ende“ vom neuen Album ist somit etwas untergegangen. Ob das der Grund war, warum der Funke nur so halb heute übergesprungen ist? Schwer zu sagen, aber irgendwie agierte die Band ein wenig mit angezogener Handbremse. Im Laufe des Abends wurde es zwar besser, aber die Leichtigkeit, die man online bei den anderen CLICKCLICKDECKER-Konzerten sehen kann, stellte sich nicht ein. Eine Ausnahme war das von fast allen mitgesungene „Wer hat mir auf die Schuhe gekotzt“, was ziemlich am Ende der Setlist der Höhepunkt des Abends war. Und mir zusammen mit „Rumours & Prospekte“ am besten gefallen hat. Es war definitiv ein gutes Konzert, aber irgendwie wäre wohl unter anderen Umständen mehr drin gewesen.