Und schon wieder ist ein Quartal vorbei, und der Frühling löst so langsam den Winter ab. Das wurde aber auch mal Zeit. Und weil man im Winter eh besser im kuscheligen Zuhause bleibt, hatten wir natürlich genügend Zeit, uns selbst in die abwegigsten Musikstile hineinzuhören. Hier geht’s los mit einem Haufen neuer Kurzreviews. Lasst euch von unserer Meinung nicht abschrecken, vielleicht sind manche Bands bei euch ja viel besser aufgehoben als in der Blueprint-Familie. Ein kurzer Klick auf den Link kann da für Aufklärung sorgen. Los geht’s!
AIDAN MOFFAT & THE BEST-OFS – „How to get to heaven from Scotland“ (Label: Chemical Underground, VÖ 20.02.2009)
(jg) Nach Malcolm Middleton legt auch der zweite ARAB STRAP ein neues Album vor. Genaugenommen nicht sein erstes, zuvor veröffentlichte Herr Moffat alias LUCKY PIERRE bzw. L. PIERRE zwei Soloalben, gefolgt von einer EP mit Mitstreitern von MOGWAI unter dem Pseudonym THE SICK ANCHORS. Nicht zu vergessen natürlich sein Spoken Word Album plus Buch unter seinem bürgerlichen Namen. Dieser Werdegang lässt auch erahnen, in welche Richtung sein neues Projekt geht: eine krude, bisweilen experimentelle Mischung aus (Anti-)Folk, Singer/Songwriter-Kram, irisch klingendem Folk-Punk. Und seine markante Stimme, die auch nicht selten an die Americana-Projekte um Howe Gelb und Joey Burns denken lässt. Wer Aidan Moffat bisher mochte, wird sich auch mit seinem neuen Baby anfreunden. Mir persönlich aber etwas zu schräg. (5,5)
http://www.aidanmoffat.co.uk/
A LIFE, A SONG, A CIGARETTE – „Black air“ (Label: Siluh Records, VÖ 14.11.2008)
(bc) Epischen Indie-Pop mit 60s-Touch und ein paar Americana-Einflüssen gibt es auf der zweiten Veröffentlichung von A LIFE, A SONG, A CIGARETTE zu hören. Beachtenswert ist dabei vor allem das überzeugende Songwriting der Österreicher, in deren Vergleich die meisten Bands, die artverwandte Musik machen, ziemlich alt aussehen. Geschmacklich ist dies hier zwar nicht unbedingt meine Tasse Tee, aber mit „Black air“ ist ALASAC auf jeden Fall ein sehr schönes Album gelungen, das garantiert seine Liebhaber finden wird. (6,5)
http://www.myspace.com/alifeasongacigarette
AMADEUS – "Love and other mistakes" (Label: Flowerstreet Records, VÖ 31.10.2008)
(ob) Singer-Songwriter, der, ähnlich wie seine Label-Kollegen von LUCKY FISH, gerne von der Insel wäre, jedoch eigentlich aus München kommt. Und daher macht er auch nur Musik, die verdächtig nach OASIS klingt. Nicht nur das, auch sonst lebt er eher für die Zeit der klassischen Gitarrenpop-Songs. Allerdings gelingt ihm das ein wenig besser als vielen anderen, wenn auch hier der Beigeschmack der faden Kopie irgendwie stärker wiegt, als der Gefallen an der Musik. (4)
http://www.myspace.com/amadeusacoustic
BERGEN – „Gegenteil von Stadt“ (Label: K&F Records, VÖ 13.03.2009)
(jg) Das Coverartwork ist echt ganz schön, und auch die Arrangements sind wirklich ausgefeilt. Mit Glockenspiel, Melodikas, Streichern, Bläsern und allem Pipapo. Aber was liefern BERGEN denn bitte hier ansonsten mit ihrem Debüt ab? Verständlich, dass das Presseinfo, wohl eher ungewollt, fast entschuldigend klingt, wenn es versucht, die Musik der Dresdner zu beschreiben. Von „sonderbar“, „naiv“ und „weltfremd“ ist da die Rede, und ganz falsch liegt der Schreiber damit nicht. Vor allem die Texte verursachen ein merkwürdiges Unwohlsein in mir. „Unser Haus hat einen Schornstein, und unser Schornstein hat nun einen Storch, du sagst, nun wird es besser, vor allem privat…“, heißt es zum Beispiel am Anfang von „Der Storch“. Das klingt insgesamt wie eine Mischung aus FINK, Peter Lustig, ELEMENT OF CRIME und Sozialpädagogik – etwas fad. (4)
http://www.myspace.com/bergenmachtmusik
BORIS GOTT – "Nordstadt-EP" (Label: Nordmarkt Records, VÖ 22.02.2009)
(jg) Im ersten Song wird der Refrain fünfmal gespielt, am Ende gleich dreimal nacheinander. Oh Gott! Nicht nur deshalb und wegen des Bandnamens, sondern auch musikalisch. Wer aber auf deutschsprachigen Akustik-Rock steht und Texte über kaputte Damenräder, alleinerziehende Anwaltstöchter, "Penner mit Krücke" und "Crack-Nutten" amüsant oder sozialkritisch findet, könnte bei diesen fünf Songs fündig werden. (2)
http://www.myspace.com/borisgott
CHARLES SPEARIN – “The happiness project” (Label: Arts & Crafts, VÖ 27.03.2009)
(jg) Diese CD ist als Konzept zu verstehen. Kannte man CHARLES SPEARIN bislang unter anderem als kreativen Kopf von DO MAKE SAY THINK und durch seine Zusammenarbeit mit THE BROKEN SOCIAL SCENE, hält er auf dieser CD in sprachlicher Form fest, was THE BROKEN SOCIAL SCENE vor allem musikalisch darbieten: Fröhlichkeit. Seine Absicht war nun, Nachbarn und Freunde zu befragen, was sie unter den Begriffen Fröhlichkeit und Glück verstehen. Unter dem Namen „The happiness project“ wurden Passagen dieser Interviews festgehalten, zum Teil gesampelt und mit Musik unterlegt. Dabei wurde die Sprachmelodie und die Rhythmik der Sprache durch Instrumente bekräftigt oder nach passenden Sounds zu den Aussagen der Interviewpartner gesucht. Zum Nebenbeihören nicht geeignet, zur Untersuchung der Sprache, der Melodie und des Ausdrucks aber durchaus interessant, mitunter sogar sehr amüsant bis aufschlussreich. (ohne Wertung)
http://www.myspace.com/charlesspearin
DEFUELD – s/t (Label: Shortwave Records, VÖ 27.03.2009)
(jg) Was kann man als Band machen, wenn man bereits vor der Rezension bei dem Schreiber möglichst unsympathisch rüberkommen will? Bei blueprint nützt es da zum Beispiel, wenn man seinen flammentätowierten Unterarm nach vorn reckt und ganz punkermäßig den Mittelfinger in Richtung Kamera hält. Dazu noch schön grimmig dreinschauen – wow, das sieht echt angepisst aus, Jungs. Echt klasse! Und dann folgt da musikalisch doch nur langweiliger Heavy Metal, der stimmlich recht nah an James Hetfield kommt und musikalisch etwas an SOILWORK, IN FLAMES und gelegentlich auch an NuMetal erinnert. Die fette Produktion versteht sich von selbst, aber selbst, wenn ihr in Senegal die Massen gerockt habt, heißt das noch längst nicht, dass das bei mir auf Gegenliebe stößt. (2,5)
http://www.myspace.com/defueld
HJALTALIN – „Sleepdrunk seasons“ (Label: Haldern Pop Recordings, VÖ 06.03.2009)
(jg) Diese CD ist ein Horror für Archivisten und ein gefundenes Fressen für Neuentdecker. Gleichzeitig treffen hier Stile aufeinander, die erst einmal so gar nicht zusammenpassen. Denkt man. Denn interessanterweise sind fröhliche Antifolk-Klänge, klassische Instrumente wie Klarinette, Fagott, Horn und diverse Streicher, zarte weibliche Stimmen und ein markanter Crooner-Gesang doch nicht so weit voneinander entfernt, dass man sie nicht miteinander kombinieren könnte. Das Ergebnis klingt teils beschwingt, teils ernst, manchmal juvenil, bisweilen sogar naiv, gelegentlich nervt es aber auch. Wer sich eine Mischung aus Kammermusik und Indiepop, FRANK SINATRA, FRISKA VILJOR, BJÖRK, BROKEN SOCIAL SCENE, JAY JAY JOHANSON und FEIST nicht vorstellen kann, sollte die neun Isländer hinter HJALTALIN mal antesten. Gewöhnlich geht jedenfalls anders. (6,5)
http://www.myspace.com/haltalinband
HYBRID CHILDREN – "Fight as one" (Label: Wolverine Records, VÖ 20.03.2009)
(ob) Finnlands wichtigste Punkband, nur mal so am Rande erwähnt. Schöner Punkrock, der wirklich alle Klischees erfüllt und der auch ordentlich knallt. Ist eben auch schon ihr siebtes Album und entsprechend routiniert klingt das Ganze auch. Für Fans dieses Genres sicherlich ein weiteres Highlight im Schrank, ansonsten eher unspektakulär (6)
http://www.myspace.com/hybridchildren
J. TEX AND THE VOLUNTEERS – „One of these days“ (Label: Heptown Records)
(bc) Schön, wenn sich Musiker ihrer Ursprünge entsinnen und diese in ihre Musik einfließen lassen. Doch mitunter treibt das auch mal recht unkonventionelle Auswüchse: Zum Beispiel dann, wenn der seit seiner frühesten Kindheit in Dänemark lebende Jens Einer Sörensen alias J. Tex seinen US-amerikanischen Wurzeln huldigt und diesen mit einer wilden Mixtur aus Country, Bluegrass, Folk und Blues Ausdruck verleiht. „One of these days“ klingt mit Geige, Banjo, Steelguitar, Mundharmonika und Kontrabass nach JOHNNY CASH, Cowboy-Romantik und staubiger Prärie. Bleibt nur noch abzuwarten, ob sich die Dänen von der auf dieser Platte versprühten Western-Euphorie anstecken lassen. In diesem Sinne: Yeeeeeehhhaaaaa! (5)
http://www.myspace.com/jtexampthevolunteers
KAROSHI LOVERS – “The revolution is over” (Label: Riemu, VÖ 27.03.2009)
(jg) Weiter unten findet ihr eine Rezension zu THE ANTIKAROSHI, hier kommen aber erst mal die KAROSHI LOVERS aus Finnland dran. Klar, spätestens seit ELÄKELÄISET und LORDI weiß man, dass die Finnen nicht ganz sauber ticken, was ihr Verständnis von Musik und Humor und dessen Vermischung betrifft. Aber THE KAROSHI LOVERS toppen dies noch bei weitem. Auch wenn die zwei Herren plus Dame eher nach Gothic oder Psychobilly aussehen: das hier ist astreiner 80er Pop / NDW, mit ein wenig Einfluss von GARBAGE und als Ergebnis äußerst einschläfernd. Wenn die Revolution unter diesen Voraussetzungen vorbei wäre, würde ich eigenhändig eine neue starten. (2)
http://www.myspace.com/karoshilovers
KOSTENLOS – „Anfang vom Ende“ (Label: Sound Gorilla / DA Music, VÖ 20.02.2009)
(bc) Bei KOSTENLOS handelt es sich um eine Gruppe von fünf Schülerinnen und Schülern, die als eine Art Bandprojekt von einem Musikpädagogen der Musikschule Kassel betreut und gefördert werden. Oh man, im Vergleich zu den wilden 80ern ist Punk heutzutage wirklich harmlos geworden… Aber lassen wir diesen Aspekt mal außen vor und versuchen, das musikalische Ergebnis wertneutral zu analysieren: Die fünf Jungspunde spielen poppigen Punk-Rock und haben eine durchaus talentierte Sängerin, die sich in den Texten mit alterstypischen Themen auseinandersetzt. Die Gitarren-, Bass- und Schlagzeugarbeit sind zwar solide, aber ehrlich gesagt für punkrockerfahrene Ohren nicht sonderlich spektakulär. Doch KOSTENLOS sind immerhin eine gute Einstiegsdroge für 13jährige Kids, die sich auf Schulbandabenden an die Materie „Punkrock“ herantasten wollen. Und auch, wenn ich schon alleine altersbedingt überhaupt nichts mit dieser Band anfangen kann, so sind sie mir immerhin wesentlich sympathischer als die gehypten KILLERPILZE oder irgendwelche pseudolustigen Funpunk-Bands, deren Niveau nicht über Blondinenwitze und Stammtischsprüche hinaus geht. (3)
LUCKY FISH – "Empty dishes" (Label: Flowerstreet Records, VÖ 01.03.2009)
(ob) Die BEATLES, OASIS und alles, was danach kam, haben offenbar diese Band beeinflusst. Am meisten aber scheinbar ihr Musikunterricht und andere Schülerbands. Denn nur, weil man wie Britpop aussieht, muss das Ergebnis nicht zwangsläufig so klingen. Irgendwie schaffen sie es zwar, immer wieder eine gute Idee oder Hookline zu haben, aber dann driften die Songs wieder in so eine "Viel gewollt und wenig erreicht"-Ecke ab. (3)
http://www.myspace.com/luckyfishband
LYNNE HANSON – „Eleven month“ (Label: Weatherbox, VÖ 13.02.2009)
(bc) Als ich zum ersten Mal den Film „Over the top“ gesehen habe, wollte ich so sein wie Sylvester Stallone: Im dicken Truck durch die Landschaft ballern, jeden Tag Rib-Eye-Steaks oder Hamburger in irgendwelchen Schnellrestaurants am Highway mampfen und gelegentlich etwas Armdrücken, um die Portokasse aufzubessern. Den perfekten Soundtrack zum Trucker-Dasein hätte mir wahrscheinlich LYNNE HANSON geliefert – ihre wundervolle Stimme und ihr authentischer Country-/Americana-Sound lassen selbst die härtesten Männerherzen dahin schmelzen und versprühen ein Gefühl von Freiheit und Abenteuer, während die Hitze über dem Asphalt flimmert. Wenn ich heutzutage an deutschen Autobahnparkplätzen verschwitzte, bierbäuchige Typen in Jogginghose sehe, die von ihrem 30-Tonner Richtung Toilettenhäuschen schlurfen und dabei einen Song von GUNTER GABRIEL vor sich hin pfeifen, dann bin ich jedoch rückwirkend ganz froh, irgendwann von dem Traum meiner Kindheit Abstand genommen zu haben. Und mal so unter uns, im MP3-Player auf dem Weg ins Büro macht sich LYNNE HANSON eigentlich auch ganz gut. (5,5)
http://www.myspace.com/lynnehanson
MAX POWER – "Feel the power" (Label: Eigenvertrieb, VÖ 01.01.2009)
(ob) Die Band besteht aus “Lex Gaywalker, Ike Mc Gyver, Einhardt vom Primelwald, Andro dello Spinello und Dr. Lumumba". Braucht jemand noch mehr Infos? Qualitativ ziemlich schlechtes Demo einer Schweinepunkband mit ein paar Bläsern. (2)
http://www.myspace.com/maxpowerpunkrock
MI AMI – „Watersports“ (Label: Quarterstick, VÖ 13.03.2009)
(jg) Wer Dischords BLACK EYES kennt, weiß, dass ein Nachfolgeprojekt der fünf Chaoten sicherlich nicht weniger zimperlich agieren wird. Was Daniel Martin-McCormick und Jacob Long zusammen mit Drummer Damon Palermo allerdings unter dem Namen MI AMI raushauen, ist selbst für Fans komplizierter Musik kein leichtes Unterfangen. Eigentlich gibt es hier kaum einen Stil, der nicht verquer genug ist, um bei ihnen Einzug zu erhalten. Eine abgefahrene Mischung aus 60s Free Jazz, Dub, Minimalismus, Disco, Afrikanischer Musik, hysterischem Gekeife und hastenichgesehn… Wer BATTLES und MR. BUNGLE zu lahm findet, kann ja mal unten klicken. Selbst mir zu anstrengend. (3,5)
http://www.myspace.com/miamiamiami
MUMBLE RUMBLE – "Tredici" (Label: Latlantide, VÖ 27.02.2009)
(ob) Wenn Bands besonders viele Stile mixen, dann ist das entweder „The next big thing” oder ein Fall für den Mucker-Preis. In diesem Falle ausnahmsweise nichts von beidem. MUMBLE RUMBLE sind eine Rockband, die irgendwie nicht so richtig weiß, was sie eigentlich macht, und letztlich klingt alles nach dumpfem Neunziger Sound mit weichgespülten Metalriffs und weiblichem Gesang. Altbacken und furchtbar. (2)
http://www.myspace.com/mumblerumble
MY SLEEPING KARMA – „Staya“ (Label: Elektrohasch Schallplatten, VÖ 01.12.2008)
(bc) Psychedelic Rock goes Esoterik! Wer sich das Album „Staya“ von MY SLEEPING KARMA anhört, kommt in den zweifelhaften Genuss instrumentaler Entspannungsmusik mit groovig-wummernden Fuzz-Gitarren und butterweichen Bassläufen. Für Freunde von Räucherstäbchen ist dieses Machwerk bestens geeignet, zum gepflegten Abrocken taugt es dagegen leider weniger. Erwähnenswert ist noch der politische Aspekt bei dieser Veröffentlichung, denn die Band engagiert sich für die Befreiung Tibets und lässt daher unter anderem den Dalai Lama in Form von Sprachsamples zu Wort kommen. (3)
http://www.myspace.com/sleepingkarma
OPTIONAL ENDING – "Five stitches to Georgia" (Label: Audioriot, VÖ 08.03.2009)
(ob) Bands, die ihre Musik “würzen” und Dinge zum “Überkochen” bringen, schauen entweder zu viel fern oder sind im Grundkurs für Marketing durchgefallen. OPTIONAL ENDING finden es wohl lustig, passend zur Musik halt. Uptempo Poppunk, der nur so vor jugendlichem Bewegungsdrang strotzt. Hier wurde auf jeden Fall früher Fat Wreck Punkrock als Referenz genommen und dann einfach mal gespielt. Potenzial ist da, aber der Grundkurs muss dennoch wiederholt werden. (5)
http://www.myspace.com/optionalending
PEPI GINSBERG – „Red“ (Label: Park The Van, VÖ 20.02.2009)
(jg) Ein guter Freund von mir kann prinzipiell nichts mit Singer/Songwriter-Sachen und Jazz anfangen, weil sie ihn anöden oder nerven, während ein anderer Bekannter kategorisch nicht mit Frauengesang warm wird. Da ich weder mit der einen, noch mit der anderen Sache irgendein Problem habe, ist PEPI GINSBERG bei mir eigentlich gar nicht falsch aufgehoben. Warum mir ihr neues Album „Red“, das sie zusammen mit DR. DOGs Scott McMicken aufnahm und optisch richtig liebevoll gestaltet hat, trotzdem nicht gefällt, liegt an der Art, wie sie singt. Die Stimme hat stets etwas merkwürdig Leidendes an sich, in den anderen Momenten klingt sie wie von einer Gesangstudentin, die sich ihrer dunklen, kräftigen Stimme bewusst ist – fehlerfrei aber leider profillos. (4)
http://www.myspace.com/pepiginsberg
PETER KATZ AND THE CURIOUS – „More nights“ (Label: Curce Music, VÖ 20.02.2009)
(bc) Wer das Album „More nights“ von PETER KATZ und seiner Begleitband THE CORIUOS kennen und lieben lernen möchte, der sollte sich dafür etwas Zeit nehmen. Die Musik des kanadischen Singer/Songwriters ist nicht so leicht verdaulich, wie man es von vielen seiner Kollegen gewohnt ist, sondern die meisten seiner Lieder wirken zunächst etwas unscheinbar und drohen, einfach an einem vorbei zu rauschen. Vielleicht liegt dies daran, dass er mit recht minimalistisch gehaltenen Arrangements arbeitet. Doch je intensiver man sich mit diesem Machwerk beschäftigt, desto mehr gibt es für den Hörer zu entdecken, und umso mehr wird man von der Musik vereinnahmt. Neben recht klassischem Singer/Songwriter-Sound mit Folk- und Americana-Einschlag findet man auch einige Poprock-Ansätze. Wer so etwas mag und nun neugierig geworden ist, der sollte unbedingt mal in dieses Album reinhören und sich dabei – genau! – etwas Zeit nehmen. (6)
http://www.peterkatz.com
RAUSCHENBERGER – "Von Wegen und Welten" (Label: Eigenvertrieb, VÖ 17.02.2009)
(ob) „Warum magst du das nicht, das hier ist doch Indie-Pop, mit deutschen Texten, und du magst doch auch TOMTE?“ Halt, Moment, nur weil jemand deutsche Texte und eine Gitarre hat und das Wort "Indie" in den Raum wirft, muss ich das nicht mögen. Denn irgendwo sind eben doch Unterschiede. Und RAUSCHENBERGER sind ganz klar nicht mehr das, was noch irgendetwas mit Indie zu tun hat. Das hier ist Pop, Radiopop, Support-Show für SILBERMOND und JULI. Und wo genau etwas anfängt und aufhört, muss jeder für sich entscheiden. Das hier ist mir zu weit weg. (3)
http://www.myspace.com/rauschenbergermusik
SAMURAJ CITIES – „Mixed up record collections“ (Label: Imperial Recordings, VÖ 18.03.2009)
(jg) „SAMURAJ CITIES is a dark, dirty and dancy new wave / post punk / indie rock hybrid that’s not to be defined […] They are like the SHOUT OUT LOUDS after having seen the evil […]” – Vollmundige Worte im Info, schade nur, dass sie ein ganzes Stück an der Realität vorbeischallen. Denn im realen Leben erwarten den Hörer auf dem zweiten Album der vier Schweden elf Songs im breiigen Dunstkreis von Britpop und Shoegazing, mit leichten Wave-Einflüssen. THE CURE hat man damals sicherlich gehört, ansonsten klingt das hier aber nach den Momenten, wo ich mir zu später Stunde im Revolver Club überlege, so langsam mal die Heimreise anzutreten. (3,5)
http://www.myspace.com/samurajcities
SCHEIN – „Wir sind der Funk“ (Label: Red Farm Records, VÖ 06.03.2009)
(bc) Ich dachte eigentlich, dass Thema deutschsprachiger Funk-Rock-Crossover sei seit der Auflösung von CUCUMBER MEN erledigt. Bis heute schimmelt deren Album „Turbo“, welches ich damals in einem Anflug geistiger Umnachtung für 2,- DM (ja, das waren noch Zeiten…) auf einem Secondhand-Wühltisch erworben habe, in irgendeinem Schrank vor sich hin und wartet mit stoischer Geduld darauf, eines Tages vielleicht doch noch ein zweites Mal von mir angehört zu werden. Ein ähnliches Schicksal wird wohl auch das Album von SCHEIN ereilen. Nicht, dass die Band ihr Handwerk nicht verstehen würde, denn ihre Songs sind durchaus ausgereift und extrem groovy, aber leider bin ich für diese Art von Musik überhaupt nicht empfänglich. Und mein Versuch, die Besprechung dieser CD auf einen unserer Mitschreiber abzuwälzen, hat angesichts des Plattentitels lediglich ein mitleidiges Lächeln hervorgerufen. Nichts für ungut, Jungs! (3)
http://www.myspace.com/scheinspace
SHELLYCOAT – "Rattle, rattle here comes the…" (Label: Eigenvertrieb, VÖ 31.12.2008)
(ob) Ungezwungener Punkrock, abseits aktueller Trends, sagt das Bandinfo. Aber ist nicht gerade die Rückkehr zu den Wurzeln ein immer wieder und wieder und wieder kehrender Trend? Egal, das hier trifft die EP sehr gut. Schnell, laut, rotzig und ein paar Chöre zum Mitgröhlen. Bodenständig und demnächst auch bei euch im Punkrock / Hardcore-Umfeld zu sehen (5)
http://www.myspace.com/shellycoatband
SOUTHERLY – „Storyteller & the gossip columnist“ (Label: Arctic Rodeo Recordings, VÖ 20.03.2009)
(jg) SOUTHERLY aus Portland scheinen mir eines der großformatigsten Ein-Mann-Projekte zu sein, die ich kenne. Und im nächsten Moment klingt dieses Album wieder ganz dezent nach Singer/Songwriter mit Stimme und Akustikgitarre. Dieses Album schwankt. Zwischen orchestralem Größenwahn und ordentlich Pathos – ganz im Stile von AEREOGRAMME – und einer ELLIOTT SMITHschen Bescheidenheit. Und zwischendurch schimmert immer wieder die Fröhlichkeit eines BEN FOLDS durch, wenn der Mann hinter SOUTHERLY, Krist Krueger, in die Tasten greift. Aber er ist nicht nur für Gesang, Gitarre und Piano verantwortlich, sondern auch für Bass, Orgel, Banjo und Akkordeon. Und die erwähnten Arrangements mit den Streichern, Bläsern, Xylophon und Vibraphon. Das meinte ich mit großformatig. Das Ergebnis ist opulenter Pop mit Tiefgang und dem Verzicht auf das klassische Strophe-Refrain-Prinzip. Und mit Einflüssen aus Antifolk und Indie. DIY in Perfektion sozusagen. (7)
http://www.myspace.com/southerly
STINKING LIZAVETA – „Sacrifice and bliss“ (Label: Monotreme Records, VÖ 20.02.2009)
(jg) Wenn man berücksichtigt, dass STINKING LIZAVETA in unserem Fanzine noch nie gut wegkamen, muss ich gestehen, dass mir „Sacrifice and bliss“ immerhin nicht ganz so schlecht gefällt wie die beiden Vorgänger. Natürlich rücken die drei Instrumentalrocker aus Philadelphia auf ihrem sechsten Album nicht komplett von ihrem bisherigen Stil ab, der sich zwischen Doom-, Prog- und Heavy Rock bewegt. Auch 2009 wird dies noch immer als „Musik für Randgruppen“ deklariert werden, was der Band sicherlich recht ist. Allerdings gibt es auf „Sacrifice and bliss“ zur Abwechslung auch verhältnismäßig ruhige, melodische Passagen und technisch anspruchsvolles Geknüppel für die Muckertypen. Da muss selbst ich aufhorchen. Aber da ich weder auf Doom, Metal noch Prog stehe, werde ich wahrscheinlich auch in zehn Jahren noch nicht zu ihrer Zielgruppe gehören. (4)
http://www.myspace.com/stinkinglizaveta
THE ANTIKAROSHI – „Crushed neocons“ (Label: Exile On Mainstream, VÖ 20.02.2009)
(jg) Das Info liegt gar nicht so verkehrt, wenn es auszudrücken versucht, dass THE ANTIKAROSHI aus Potsdam in keine Schublade richtig reinpassen wollen. Jazz, Electronica, Noise, Punk und DC-Hardcore werden dem Schreiber zur groben Einordnung dann aber doch mit auf den Weg gegeben. Tatsächlich findet man alles, zumindest stellenweise, wieder, Electronica zwar nur sehr wenig, dafür hätte man die Stoner Rock-/Psychedelic-Schublade nicht vergessen dürfen. Denn eines fällt hier ganz klar auf: die ungewöhnlich langen Songs. So gibt es hier sehr gute Momente, die mich an Sinnbus erinnern (TER HAAR und Co mit den repetitiven Gitarrenloops) oder an die Anfänge von bluNoise, als Bands wie ULME, BLACKMAIL und SCUMBUCKET noch eine feine Gratwanderung zwischen Melodie und Noise-Rock betrieben. Unschön an ihrem Debütalbum „Crushed neocons“ sind jedoch die endlosen Jamsessions, in die sich THE ANTIKAROSHI allzu gern verstricken, und der oftmals sehr rrrrrrrockige Gesang. Wenn dies auf dem nächsten Album etwas reduziert wird, werden THE ANTIKAROSHI richtig gut. (6)
http://www.myspace.com/theantikaroshi
THE VILLAINS – „Slow train“ (Label: Esox Music, VÖ 06.03.2009)
(jg) "Akustisch / Rock / Andere" sagt myspace, langweilig sagen die Anderen. Na, ganz so schlimm ist es nicht, es stimmt schon, dass THE VILLAINS „schnörkellosen Akustik-Rock“ machen, wie es das Info umschreibt. Dass die Band aus der sächsischen Einöde jedoch einen Kreuzzug gegen Klingeltonhitparaden und das Verkommen der Musik zum Beiwerk der Werbeindustrie startet, klingt möglicherweise jedoch ein wenig vermessen. Zugegeben, Sänger Jan Mas hat eine gute, starke Stimme. Wie geschaffen für DSDS oder sonstige Casting-Shows. Ach nein, Hochglanz wollen THE VILLAINS ja nicht. Also doch eher Gregor Meyle. Ja, mit dem kann man sie tatsächlich vergleichen. Die Texte mal auf Deutsch, mal auf Englisch. Produktion und Professionalität stimmen, packen tun mich aber andere. (3)
http://www.myspace.com/thevillainsde
VIC DU MONTE’S PERSONA NON GRATA – “Autoblond” (Label: Cobraside, VÖ 08.03.2009)
(jg) Die Zeiten von KYUSS sind ein für allemal passé. Zwar gab es vor ein paar Jahren laute Gerüchte einer Reunion, aber spätestens seit dem Erfolg der QUEENS OF THE STONE AGE dürfte man diese Hoffnung zu den Akten legen. Doch neben Josh blieb der große Erfolg bei den übrigen Mitstreitern eher aus. Auch wenn Namen wie NEBULA, UNIDA,HERMANO, SLO-BURN, MONDO GENERATOR, FU MANCHU und CHE bei weitem nicht schlecht sind – an KYUSS konnte wohl keine dieser Bands ansatzweise heranreichen. Gleiches gilt leider auch für Alfredo Hernandez’ neues Baby VIC DU MONTE’S PERSONA NON GRATA, und wenn man ganz ehrlich ist, handelt es sich dabei sogar um eine eher durchschnittliche Garagenrock-Band ohne besonderes Wiedererkennungsmerkmal, geschweige denn ernsthaftes Potential. Daran kann auch der exaltierte, an die CRAMPS angelehnte Gesang von Vic nichts ändern. (3,5)
http://www.myspace.com/vicdumontespersonanongrata
WHITE LILIUM – "Tarantula"-EP (Label: Eigenvertrieb, VÖ 31.01.2009)
(ob) Ach du kacke. Am Anfang klingt es, als könnte die kopflose Heavy-Metal-Fledermaus sich noch kurz ihren Frust über den abgebissenen Kopf von der Seele schreien…. Metalscreamo, jugendlicher Leichtsinn und ganz viel übelstes Geschrei und laute Gitarren. Sicherlich nichts für Otto-Normal-Hörer. Ich verstehe Eltern, die ihren Kindern das hier verbieten, auch wenn es durchaus ordentlich produziert ist. (3)
http://www.myspace.com/whitelilium
ZARBOTH – s/t (Label: Discorporate Records, VÖ 27.02.2009)
(jg) Discorporate Records zeichnet sich mit Releases wie THE ZONNHAIDERS CLUB, TARANTATEC, OSIS KRULL und THE SEASON STANDARD immer wieder für außergewöhnliche Musik aus. Wer würde sich wundern, wenn ZARBOTH da aus der Reihe fielen. Das Label spricht auf seiner Seite von „Freedom to chaos“ und ZARBOTH entsprechen dem ganz wunderbar. Eine kranke Mischung aus JESUS LIZARD, Noise Rock, NOMEANSNO, Free Jazz, JOHN ZORN, Metal, TOMAHAWK und Experimental. Nebenbei sind die Jungs hinter diesem Duo auch bei
WE INSIST! tätig. Da passt die Faust aufs Auge. Auch wenn ZARBOTH nicht so ganz meinen persönlichen Vorlieben entsprechen: fein, dass es solch abwechslungsreiche Musik überhaupt gibt. (6)
http://www.myspace.com/zarboth