Das war schon alles ziemlich schräg und ärgerlich zugleich. Da veröffentlichten YACHTEN so ziemlich genau vor zehn Jahren ihr Debütalbum „Zweite Luft“, das sie im Rekorder-Studio auf St. Pauli aufgenommen hatten. Bei keinem geringeren als Hauke Albrecht, den man auch als Produzent von CAPTAIN PLANET oder Live-Mischer von TURBOSTAAT kennen könnte. Beide Bands selbst auch große Vorbilder von YACHTEN, mit ersteren waren sie sogar kurz zusammen auf Tour.
Doch nur ein Vierteljahr nach der Veröffentlichung ihres Debüts verkündeten YACHTEN bereits das Bandaus – aufgrund persönlicher Differenzen. Das war schade für die Fans, aber auch ärgerlich für die Band, wenn man mal so überlegt, wie viel Zeit und Geld in eine Albumproduktion investiert wird. Doch bekanntlich muss das Verkünden einer Bandauflösung ja nicht für ewig gelten. Umso schöner, dass sich YACHTEN anlässlich des zehnjährigen Jubiläums ihres Debüts noch mal aufraffen konnten, ein Jubiläumskonzert im Goldenen Salon (dem schöneren Hafenklang) zu geben.
Supportet wurden sie von DIE JUGEND VON GESTERN, ein Duo, man/female, aus Dortmund, das sich stilistisch irgendwo zwischen altem Indierock, Noise und Postpunk bewegt, manchmal dissonant, im nächsten Moment aber in den harmonischsten Auflösungen. Er an Gitarre und Mikro, sie an den Drums. Übrigens auch auf My Favourite Chords zu Hause, dem hauseigenen Label von YACHTEN – das passt! Checkt die beiden mal aus, sie sind gut!
Doch die meisten Zuschauer hatten auf YACHTEN gewartet. Es musste schließlich nachgeholt werden, was damals verpasst wurde. Und sie kamen alle, so dass es oben an der Kasse sogar „Ausverkauft“ hieß. Wie gut, dass wir uns schon vorher um Tickets bemüht hatten!
Doch trotz der Fülle wurde es ähnlich familiär wie ein paar Tage zuvor bei TURBOSTAAT. Passend dazu stellte Bassist und Sänger Fabian die spannende Frage: „Ist eigentlich irgendjemand hier, der nicht Freund oder Freundesfreund ist?“, was er wiederum mit einem „Ach, was! Ihr seid tatsächlich wegen unserer Musik hier?“ quittierte, als doch ein paar Finger nach oben gingen.
By the way: Können nicht auch Freunde Fans sein? Ich für meinen Geschmack war jedenfalls positiv überrascht, wie sehr mich die Songs von „Zweite Luft“ auch zehn Jahre später noch begeisterten. Vielleicht sogar noch mehr als damals, was auch daran liegen könnte, dass inzwischen nicht mehr ganz so viel deutschsprachiger Indiepunk auf den Markt kommt wie 2015. Nach dem Konzert traf ich unter den Zuschauern noch ihren damaligen Produzenten Hauke Albrecht, der ebenfalls ganz zufrieden schien und die These aufstellte, dass YACHTEN aktuell besser eingespielt seien als damals. Wie dem auch sei, die allgemeine gute Stimmung spiegelte sich sowohl im Publikum als auch auf der Bühne wider. Als kleines Schmankerl wagten sich Sänger Fabian und Gitarrist Magnus mit einer Akustischen für ein MATULA-Cover noch inmitten des Publikums, mussten den Song aber aufgrund einer gerissenen Saite und fehlender Ersatzsaiten noch mal in verzerrt wiederholen. Kam mindestens genauso gut rüber. Und als zweite kleine Überraschung folgte noch ein uralter Song aus dem YACHTEN-Archiv, den man nur zu dritt eingeübt hatte, um Gitarrist Magnus (Familienleben außerhalb Hamburgs und deshalb nicht regelmäßig bei den Proben dabei) damit zu beglücken. Nun muss man nur noch hoffen, dass YACHTEN auch ihre Fans nicht zum letzten Mal beglückt haben. Die Zukunft scheint jedenfalls offen, wie Sänger Fabian nach dem Konzert offenbarte. Vielleicht sogar ein nächster Auftritt vor dem 20jährigen Jubiläum…

photo: Jonas Teichmann