Es war mal wieder so weit – wie jedes Jahr fanden in Hamburg die Turbojugendtage statt, und die Fans reisten aus aller Welt an, weil TURBONEGRO riefen. Wobei – das ist gelogen! Es waren gar nicht TURBONEGRO, die riefen, sondern ihr Label Bitzcore in Form von den SEWERGROOVES, FLAMING SIDEBURNS, TURBO A.C.’S und SMOKE BLOW. TURBONEGRO selbst waren nämlich gar nicht anwesend. Aber das ist den Fans egal und für das Label ein wahrer Glücksgriff, setzt man sein Geld doch nicht nur mit Ticketverkäufen, sondern auch durch eine Menge Merchandise um.
Heute diente als Location das Übel und Gefährlich, und es war bei seiner beachtlichen Größe wahrlich gut gefüllt. Interessant war vor allem, dass an diesem Wochenende auch die „Lange Nacht der Theater“ stattfand und vor dem Übel und Gefährlich somit adrett gekleidete kulturinteressierte Besucher des Ballettzentrums auf besoffene, dickbäuchige, geschminkte Jeansjackenträger mit Sailor Caps trafen. Ein wahrer Genuss, wie die ersteren über die Kotzelachen der letzteren stolzierten.
Aber kommen wir zum Abend. Über die SEWERGROOVES und FLAMING SIDEBURNS kann ich leider nichts berichten, da man manchmal einfach Prioritäten setzen muss. Heute traf St. Pauli schließlich auf die großen Bayern, und da sie zur ersten Halbzeit noch führten und bis zur 90. Minute immerhin ein Unentschieden hielten, wäre es natürlich frevelhaft gewesen, die braunen Jungs bei einem eventuellen Sieg verpasst zu haben. Am Ende stand’s leider 2:1 für die Bayern, aber egal.
Als ich gegen 22:30 beim Feldbunker eintraf, sah die Menge davor jedenfalls schon verdammt blass und verschwitzt aus. Ich hoffte darauf, dass es sich um Kiddies aus dem Moshpit handelt und es nicht tatsächlich so heiß wäre. Geht aber ja auch eigentlich gar nicht, das Ü&G ist schließlich eher eine hohe Halle als ein kleiner Club. Oh doch, es geht leider! Die Luft war bereit vor den TURBO A.C.’S zum Schneiden, und dementsprechend kochte auch die Stimmung als die drei, inzwischen vier Street Punker aus New York die Bühne enterten. Ja, das Ganze klang mit einer zweiten Gitarre doch wesentlich kraftvoller als zuvor. Die Matrosen tobten, und es war nett mit anzusehen, wie sich zwei Pärchen aus verschiedenen Belfast und Napoli kennenlernten, die Typen erst mal gemeinsam ein Astra exten und die Mädels sich zärtlich an die Hand nahmen und fast schüchtern zur Musik tanzten. Länderübergreifende Freundschaft deluxe!
Die Menge vorne reckte währenddessen ihre Fäuste und Klobürsten in die Luft, und die Stage Diver belagerten die Bühne pausenlos. Mal besser hinten bleiben…
Bei SMOKE BLOW wurde der Laden leider schon ein wenig leerer. Verständlich, da viele auswärtige Gäste die Band wahrscheinlich gar nicht kannten und sicherlich noch den Kiez unsicher machen wollten. Aber sie hätten sich wahrscheinlich anders entschieden, wenn sie noch ein wenig länger geblieben wären. SMOKE BLOW kauften den TURBO A.C.’S nämlich den Schneid ab und rockten die Menge mit ihrem kraftvollen Hardcore-Punkrock-Gebräu noch mehr als die Herren aus Übersee. Die Kieler werden aber auch tatsächlich immer besser. Die Wo-ho-ho-hos kamen bei den Turbojüngern natürlich ausgesprochen gut an, Jack Lettens Aufforderung, ihn zu bespucken wurde allerdings erst nach mehrfacher Wiederholung („Sind wir hier auf ’nem Kindergeburtstag, oder was?“) in die Tat umgesetzt und spätestens bei dem BILLY IDOL-Cover „Rebel yell“ gab es kein Halten mehr. Die Menge tanzte, gröhlte, torkelte, trank und kotzte wie nix Gutes. Im Anschluss an das Konzert sah man noch ein paar Alkoholleichen und einen Typen mit bis zu den Schuhen heruntergelassenen Jeans. Selma Hayek scheint übrigens aus Parma zu kommen, wie ihre Jeansjacke offenbarte. Also, meine Herrschaften, im nächsten Jahr sieht man sich wieder!