ZAUNPFAHL – Ob Ihr’s glaubt oder nicht DVD – 13 Jahre hardcorebeeinflusster Deutschmetalpunkrockrap (inkl. leiser Töne)

Nach 13 Jahren ihres Bestehens veröffentlichen ZAUNPFAHL auf ihrem eigenen Label Fischkopp Musik eine DVD, auf der sie die Zeit seit ihrer Gründung in Form einer Dokumentation Revue passieren lassen. Wie so viele andere vermeintliche „Deutschpunk“-Bands auch hat die Gruppe aus der Umgebung von Rostock nach all den Jahren mit den Konsequenzen eines Bandnamens zu kämpfen, der einst (ein wenig unbedacht) auserkoren wurde und der heutzutage zur Folge hat, dass die Band stets von einigen Personen vorschnell in eine Schublade gesteckt wird, ohne dass bei besagten Leuten jemals eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Gruppe oder ihrer Musik stattgefunden hat. Daher sollte man sich gerade bei ZAUNPFAHL einmal die Zeit nehmen, um genauer hinzuschauen:

Zur Gründungszeit 1994 war die Band noch zu viert und hat sich soundmäßig stark an Bands wie DRITTE WAHL orientiert. So findet man auf ihrer selbstproduzierten Debüt-CD noch sehr metallastige Deutschpunk-Songs mit größtenteils sehr direkten Texten, und auch die Optik der Bandmitglieder erinnerte eher an Wacken als ans Force Attack. Einer der beiden Gitarristen verließ irgendwann die Band, und zu dritt ging der Sound fortan mehr Richtung rockigem Deutschpunk, was die Alben „Normalböse“ und „Gesicht“ belegen. Die Band geriet zwischenzeitlich über den Hochglanz-Mailorder A.M.-Musik in den Sog der Klischee-Deutschpunk-Sampler à la „Schlachtrufe BRD“, was Fluch und Segen zugleich bedeutete: Auf der einen Seite schaffte es ZAUNPFAHL zu einem enormen überregionalen Bekanntheitsgrad und gut besuchten Konzerten in der gesamten Republik und dem benachbarten Ausland, auf der anderen Seite verfingen sie sich aber immer mehr im berüchtigten Kiddie- und Asipunk-Universum. Darüber hinaus hatte die Band auch immer wieder das Problem, dass ihre, mit unterschwelligem Humor gesegneten, Texte oftmals nicht richtig verstanden oder gar komplett fehlinterpretiert wurden, sei es von politisch (über)korrekten Konzertgruppen, die sich an (von der Band bewusst verwendeten) provokativen Plattitüden gestört haben, oder von den erwähnten Kiddiepunks, die augenzwinkernde Systemkritik wie etwa in dem Song „Terrorist“ zu ernst genommen haben und ZAUNPFAHL am liebsten zum musikalischen Arm der RAF erkoren hätten. Das vierte Album „Leben ist“ brachte plötzlich einen überraschenden Kurswechsel: Passend zum Strichmännchen-Cover gab es zunehmend sehr ironische Spaß-Texte mit Niveau, die vielleicht grob mit WIZO oder den ÄRZTEN vergleichbar sind. Auch die Musik wurde etwas verspielter, und so eignete sich das Album nur noch bedingt dazu, um vor Eltern und Lehrern den harten Revoluzzer raushängen zu lassen. Es schien geradezu so, als ob ZAUNPFAHL keinen Bock mehr gehabt hätten, als Leitfiguren einer Szene zu fungieren, mit der sie in Wirklichkeit nicht mehr allzu viel gemein haben. Denn auch wenn es einige nicht wahrhaben wollen: Diese Band, die von so vielen vorschnell in Schubladen gepresst wird, ist in Wirklichkeit ein Meister darin, eben jene Schubladen mit einem lauten Knall zu sprengen.

Diese ganze Entwicklung wird auf der hier vorliegen DVD sehr gut veranschaulicht. ZAUNPFAHL waren stets eine Band, die getan haben, worauf sie Lust hatten, und die sich nie wirklich um irgendwelche Szene-Zwänge geschert haben. Leider kommt hier die Musik selber ein wenig zu kurz, denn wie eingangs erwähnt handelt es sich hier nicht um eine Live-DVD, sondern um eine mit massig Interviews gespickte Dokumentation. Lediglich drei Songs gibt es als Bonusmaterial, wobei der Livemitschnitt aus dem legendären SO36, bei dem Sänger Thom gekonnt eine Stagediving-Arie moderiert, alleine schon aus humoristischer Sicht ein absolutes Highlight ist. Wem es nur um Musik geht, der wird von dieser DVD sicherlich enttäuscht werden. Wer sich jedoch genauer für die Band interessiert und sich mit ihrer Historie auseinandersetzen möchte, der bekommt hier einen sehr guten und persönlichen Einblick in den Werdegang der drei extrem sympathischen Mecklenburger.

http://www.zaunpfahl.de

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.