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THE RIFLES – Freedom run

Als Master Olli mir vor einer gefühlten kleinen Ewigkeit eine EP mit ein paar ungemasterten Demo-Song von THE RIFLES in die Hand drückte, war es Liebe aufs erste Hören. Es folgte das Debüt „No love lost“, das auch heute noch zu meinen absoluten Lieblingsalben gehört. Darauf jagt ein Hit den anderen. Die Songs sind allesamt geradlinig und schnörkellos, eine raue Version des Britpops, der deutlich Spuren des ganz frühen Brit-Punks (THE LURKERS) oder THE JAM beinhaltet. Auch live konnten mich THE RIFLES jedes Mal überzeugen. Der Hitreigen setzte sich auf ihrem zweiten Album nahtlos fort, wenngleich die etwas aufgeblasene Produktion anfangs doch befremdlich wirkte. Als man die Kunde vom Ausstieg der Rhythmusfraktion erhielt, war das ein gewisser Schock. Okay, die beiden prägenden Köpfe der Band machten weiter. Was sollte groß passieren? Man hat die Stimme, man hat die Gitarren. Das würde alles schon werden. Nun liegt mit „Freedom run“ das dritte Werk vor und es verlangt dem Fan einiges ab. Das Händchen für die super eingängigen Melodien ist den Herren Stroker und Crowther nicht abhanden gekommen. Doch wo sind die prägnanten, dengelnden Gitarren? Wo die stete Dringlichkeit, die fast alle RIFLES-Songs bisher auszeichneten? Und verdammt, wieso klingt die Stimme von Joel nicht mehr nach Joel? Einiges neu also bei THE RIFLES. Die Produktion ist leicht, luftig, feinsinnig, fast weichgespült. Statt Kneipenqualm durchzieht jetzt eine gewisse Grandezza die Songs. Wo früher die Gitarren schmissig vor sich hin schrammelten, erklingen nun Streicher, Glockenspiel und Piano. Die Gitarren setzen heute dezent eingebundene Akzente. Zudem fallen immer wieder kleine Produktionsgimmicks, wie z.B. verschwurbelte Backing Vocals, auf. Überhaupt weht jetzt kein Früh-80er Geist mehr durch ihre Musik, sondern eher der Sound vom Swinging London der Sechziger Jahre. Spontan möchte man sich enttäuscht abwenden, aber die Jungs sind einfach zu sympathisch, haben sich ihren Status ohne Hype, Sperenzien und Unterstützung Dritter, durch stetes Touren und ehrliche Handarbeit auf Europas Bühnen erarbeitet. Da muss man auch mal eine zweite oder dritte Chance geben. Nach etlichen Durchläufen gesteht man „Freedom run“ auch zu, dass die Songs weiterhin erstklassig und ohne Konkurrenz in diesem Genre sind. Einzelne Songs hervorzuheben, fällt schwer. Deshalb seien hier die erwähnt, die aus dem Rahmen des bisherigen Schaffens fallen. Da wären „Eveline“, das ein flockiger Sommer-Folk-Popsong geworden ist, das schwer psychedelische, instrumentale „Interlude“ (mit fiependen Synthies!) und das düstere und als einzige noch dringliche „Little boy blue (human needs)“, in dem auch die Gitarren wieder zum Tragen kommen. Der Rest ist gewohnt Hit an Hit, wenn auch anders als bisher. „Freedom run“ ist ein lupenreines Popalbum geworden, das man tunlichst nicht in einem Rutsch mit seinen Vorgängern goutieren sollte. Es stellt sich aber die Frage, ob die Nähe zu Paul Weller, der in England quasi unantastbar ist und an THE RIFLES anscheinend einen Narren gefressen hat, der Band wirklich gut tut. Denn Hand aufs Herz, nach THE JAM hat Herr Weller auch nichts wirklich Dringliches mehr auf die Welt losgelassen. Von mir aus darf es in Zukunft gerne wieder etwas eckiger und kantiger in der RIFLES-Welt werden. Songs wie „Long walk back“ oder das schon erwähnte „Little boy blue (human needs)“ lassen hoffen.