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THE MOST SERENE REPUBLIC – Jugendlicher Überschwang

THE MOST SERENE REPULIC ist die erste Band auf Arts&Crafts, die personell nicht in irgendeiner Art und Weise mit BROKEN SOCIAL SCENE verbrüdert, verschwägert oder in sonst einer Beziehung stehen würde. Nichtsdestotrotz macht das alles Sinn, hört man ihr Debüt „Underwater cinematographer“, das voll gestopft ist mit Ideen und Möglichkeiten, die ein heilloses kreatives Chaos anrichten. Nicht, weil die sechs Frühzwanziger beweisen müssen, was sie alles können, sondern allein aus überschäumendem Enthusiasmus. Oder wie es Sänger und Texter Adrian Jewett in seiner schönen poetischen Art sagt: „Us, being the too much, too fast generation, translates into our music. Our heads move like a fast car, and we put it out on the road, where there can be sudden traffic and head-on collisions. Its human hands and technology trying to get along and what you hear is the battle between both.”
Wenn sich die erste hibbelige Aufregung gelegt hat und sie ihre Ideen und Fähigkeiten fokussierter kanalisieren, lässt das ein wunderbares zweites Album erwarten. Zumindest ihre Heimat Kanada bescheinigt ihnen jetzt schon eine blühende Zukunft und zieht Vergleiche zu BROKEN SOCIAL SCENE und ARCADE FIRE heran. Der Wahnsinn der FLAMING LIPS und die Fragilität von Ben Gibbard’s POSTAL SERVICE können sich hier auch noch mit einreihen. Was ihre Live-Qualitäten anbelangt, so kann man ihnen jetzt schon eine amtliche Bühnen-Präsenz bescheinigen, die den Studio-Bestrebungen meilenweit voraus ist. Eine Diskrepanz, die zunächst einmal stutzen lässt, aber, so Adrian Jewett, zugleich auch Antrieb ist. Alles bleibt anders, könnte man sagen. So auch auf der gerade erschienenen Tour-EP „Phages“, die viel näher am momentanen Geschehen dran ist als das entrückte Debütalbum. Und momentan bedeutet das ganz konkret, mit den STARS auf Tour in Deutschland sein. Was da alles passiert ist in diesem letzten Jahr, haben sie scheinbar noch nicht realisiert. Noch ist die Welt mit den zahllosen Bühnen eine große Spielwiese für diese Band. Fakt ist jedenfalls, dass man mit THE MOST SERENE REPUBLIC in Zukunft rechnen muss. Gut für jene, die sie jetzt schon im Auge behalten.
Und was Emma Ditchburn, Gitarristin und zweite Stimme bei THE MOST SERENE REPUBLIC, vor dem Konzert in Frankfurt zu berichten weiß, steht hier:

[F]Ihr seid ja noch eine bemerkenswert junge Band. Wie fing das denn alles an?
[A]Das fing alles mit Adrian und Ryan an, die sich seit der Highschool kennen. Beide suchten einen kreativen Austausch, und mit der Zeit kamen immer mehr Leute hinzu.
Ich kam mehr zufällig durch einen Freund zur Band. Eigentlich wollte ich gerade ein paar Solo-Sachen einspielen und arbeitete auch mit Ryan zusammen. Sie brauchten einen Gitarristen, und so war ich in der Band. Das war etwa im November 2004. Im März 2005 kam dann der Deal mit Arts&Crafts zustande.

[F]Und wann habt ihr „Underwater cinematographer“ aufgenommen?
[A]„Underwater cinematographer“ wurde im Sommer 2004 aufgenommen, noch bevor ich dazu kam. Ansonsten war die Band aber schon komplett, inklusive Sean Wolven an den Drums, der die Band dann erst mal verließ, nun aber wieder an der Gitarre dabei ist. Ich bin also im Grunde der letzte Bandzugang.

[F]Ihr habt dann mit dem bereits fertigen Album bei Arts&Crafts angeklopft?
[A]Adam hatte eine E-Mail und eine Kopie unserer CD an Arts&Crafts geschickt mit der Bitte, sich das doch mal anzuhören. Die Antwort kam schon kurz darauf. Sie fanden es toll und waren sehr interessiert. Dann kam dieses Festival in Toronto. Sie kamen vorbei, um uns spielen zu sehen. Und das war dann ziemlich genau auch der Tag, an dem sie uns sagten, sie wollen unser Album raus bringen.

[F]Ihr seid ja praktisch die erste Band bei Arts&Crafts, die nicht aus diesem Familienkreis um das Mutterschiff Broken Social Scene heraus existiert.
[A]Wir wurden ziemlich schnell in diese Familie integriert. STARS, mit denen wir auch heute hier sind, waren die erste Band, mit der wir auf Amerika-Tour waren. Das war letzten Juni.

[F]Wie würdest du selbst denn eure Musik beschreiben?
[A]Chaotisch ist wohl die treffendste Beschreibung. Wenn du dir die neue EP anhörst, wirst du feststellen, dass sie komplett anders ist als das Album. Auch das nächste Album wird sich wieder in vielerlei Hinsicht von unseren bisherigen Sachen unterscheiden.
Leute, die das erste Album mochten, werden das neue Album hoffentlich als eine Weiterentwicklung begreifen und die Veränderungen nachvollziehen können. Ich denke, die Musik, die wir machen, entsteht aus einer allgemeinen Frustration über die gegenwärtigen Zustände. Alles passiert so schnell, stagniert aber im gleichen Moment auch wieder.

[F]Wenn man euch live sieht, ist das ein gewaltiger Unterschied zu eurem Album. Wie erklärst du diese Diskrepanz?
[A]Ja, die Energie unserer Live-Show kommt auf der neuen EP besser rüber. Aber das passiert vermutlich, wenn man ein Album in einen Live-Kontext transferiert. Alles wird auf die wesentlichen Dinge reduziert. Auf dem Album gibt es unzählige Extra-Spuren, zufällige Geräusche und diverse Effekte. Auf der Bühne hast du halt nur deine Instrumente.

[F]Wie schreibt ihr denn eure Songs?
[A]Ryan ist der Hauptsongwriter. Er strukturiert die Songs, bringt fertige Akkordfolgen mit und gibt uns immer wieder Impulse, wie wir welchen Part spielen könnten. Ryan ist auch für die gesamte Abmischung und Produktion verantwortlich. So wurde das Album zum Beispiel in seinem Keller aufgenommen. Für die EP sind wir mit unseren Instrumenten in seinen alten Schuppen umgezogen und haben die Wände mit Tüchern abgehängt für den richtigen Sound.

[F]Ihr habt somit euer eigenes Studio. Allerdings könntet ihr euch jetzt mit Arts&Crafts im Rücken auch ein „richtiges“ Studio leisten.
[A]Nun, ich mag diesen DIY-Aspekt. Sicher kann man nicht sagen, was die Zukunft bringen wird. Ryan sieht das genauso. Wenn du drei Uhr morgens mit einer Song-Idee aufwachst, brauchst du eben nur in den Keller zu gehen und nimmst sie auf. Du musst nicht warten oder Rücksicht auf freie Studiozeiten nehmen. Es ist ein viel natürlicherer Prozess.

[F]Wie weit seid ihr denn mit dem Nachfolger zu eurem Debüt?
[A]Wir sind schon dabei, neue Songs zu schreiben. Das passiert eigentlich kontinuierlich. Ich kann jedoch noch nicht sagen, wann wir sie aufnehmen werden. Im Moment steht erst mal die Tour an. Wie es danach weiter geht, wann die nächste Tour kommt, wann wir wieder zu Hause sein werden, weiß ich selbst nicht.

[F]Bei Arts&Crafts ist ja ein reger Austausch von Musikern unter den verschiedenen Bands üblich. Kann man also erwarten, dass sich auch auf eurem nächsten Album verschiedene Gastmusiker tummeln werden?
[A]Das hoffe ich doch! Wir versuchen, eine Bläserfraktion zu bekommen. Chris von Stars spielt French Horn, Evan Cranley spielt Trompete. Adrian selbst spielt Posaune.

[F]Im letzten Jahr haben sich die Ereignisse ja ziemlich überschlagen…
[A]Oh ja, speziell für mich. Das ist meine erste Band. Ich kam dazu, kurz danach fingen wir schon an, live zu spielen, dann die Tour durch Amerika letzten Juni. Und es ging immer so weiter. Sehr verrückt. Wir hatten gerade mal drei Wochen Pause, um überhaupt mal durchzuatmen. Es ist schon anstrengend. Aber wir sind noch nicht an dem Punkt, wo man es nicht mehr genießen könnte. Es ist eher, als ob man die ganze Zeit in einem verrückten traumähnlichen Zustand lebt.

[F]Was hat es eigentlich mit eurem Namen auf sich?
[A]Den haben wir bei der „Most Serene Republic Of Venice“ [„Serenissima Repubblica di Venezia“ – ein Stadtstaat, der im Mittelalter existierte] entliehen. Kunst und Wissenschaft waren dort gleichberechtigt und haben sich gegenseitig befruchtet. Das war Ryans Idee. Er beschäftigt sich ziemlich viel mit Musiktheorie und –historie.

http://www.themostserenerepublic.com/