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SNOB CITY BOYS – This sound’s for us

Die “161” als Zahlen-Chiffre für “Anti-Fascist Action”, dazu das abgewandelte Doc Martens-Markenzeichen als Bandlogo… Ein oberflächlicher Blick auf das Plattencover genügt bereits, um die SNOB CITY BOYS eindeutig in Verbindung mit antifaschistisch engagierten Skinhead-Bands wie THE OPPRESSED oder BLAGGERS ITA zu bringen. Wobei man allerdings auch sagen muss, dass die Wiesbadener für Oi!-Verhältnisse ziemlich melodisch klingen. Das gilt sowohl für den Gesang als auch für die instrumentale Umsetzung ihrer Lieder. In vereinzelten Stücken wie beispielsweise „A fighter’s heart“ sind sogar Melodien aus Gitarren-Oktaven zu vernehmen – ein Stilmittel, das man ansonsten im Oi!-Bereich eher selten vorfindet. In den Texten dreht es sich einerseits um klassische Skinhead-Themen wie den selbst gewählten „Way of life“ oder Fußball-Riots; auch die obligatorische Skinhead-Girl-Ode darf selbstverständlich nicht fehlen. Auf der anderen Seite stehen wie eingangs erwähnt auch antifaschistische und proletarische Inhalte. Diese werden interessanterweise überwiegend in einen historischen Kontext serviert, denn anstatt auf aktuelle Vorkommnisse wird hier der Fokus eher auf vergangene politische Ereignisse wie die Ausschreitungen in der Londoner Cable Street im Jahr 1936 oder den Kieler Matrosenaufstand bzw. die darauf folgende Novemberrevolution gelegt. Bei dem besagten Stück „Revolution“ handelt es sich übrigens um das einzige deutschsprachige Lied des Albums, das mich nicht zuletzt aufgrund seiner melancholischen Note an wenig an die VANDALEN erinnert, die ihrerseits wiederum in den Achtziger Jahren zu den ganz wenigen klar antifaschistischen Oi!-Bands hierzulande gehörten. Anhand dieses Beispiels lässt sich dann auch gut der Bogen zu der einzigen wirklichen Schwachstelle von „This sound’s for us“ spannen, denn ungeachtet der sehr guten musikalischen Umsetzung bewegen sich die SNOB CITY BOYS meines Erachtens zu oft auf bereits hinlänglich ausgelatschten Pfaden, und der verklärte Blick in den Rückspiegel nimmt aus meiner Sicht zu viel Raum ein. Stattdessen vermisse ich noch mehr eigene Impulse: Ein wenig mehr Mut beim Songwriting, vielleicht ein paar Texte mit aktuellerem Bezug (sehr gerne auch wieder auf deutsch, denn neben der Singalong-Hymne „Weekend offender“ ist „Revolution“ für meinen Geschmack das beste Stück des Albums) – und schon würden die SNOB CITY BOYS sicherlich ziemlich weit vorne in der hiesigen Oi!-Punk-Liga mitspielen.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.