Die Halbwertszeit von Bands überschreitet nur selten eine Dekade. Natürlich gibt es Größen wie METALLICA und die ROLLING STONES, die über viele Jahrzehnte existieren und bei denen sicherlich auch wirtschaftliche Gründe mit reinspielen. Gerade im Indiebereich lösen sich aber viele Bands bereits nach zwei, drei Alben auf, was die Fans meist bedauern, vor allem, wenn man sie nicht von Beginn an auf dem Schirm hatte.
Dass eine Band aber nach sechs Jahren das Zeitliche segnet und sich fast zwanzig Jahre später wieder zusammentut, kommt dann doch eher selten vor. Genau so war es bei den Shoegazern von SLOWDIVE, die sich 1989 gründeten, drei Alben veröffentlichten, danach unter dem Namen MOJAVE 3 weitermachten, allerdings eher im Bereich Indiefolk/Americana. 2014 setzte man sich in der Originalbesetzung als SLOWDIVE wieder zusammen, spielte auf diversen Festivals und veröffentlichte 2017 nach sage und schreibe 22 Jahren ein neues Album, bevor im letzten Jahr mit „Everything is alive“ bereits das nächste folgte.
In der Tat ist die Band sehr alive, und ihre Fans sind es auch. Fast alle Konzerte ihrer dreiwöchigen Europatour meldeten bereits vorab ein „Ausverkauft“, und so war es auch in der Großen Freiheit 36 in Hamburg. Vorne standen die jüngeren Fans, weiter hinten die leicht Ergrauten. Und die Stimmung war famos, was bei der ruhigen Musik von SLOWDIVE fast ein wenig überrascht. Los ging es mit „Shanty“, dem Opener ihres aktuellen Albums. Die Musik live genauso zum Wohlfühlen geeignet wie auf Tonträger. Ich bemerkte kaum, dass ich die obligatorischen Ohrstöpsel vergessen hatte, was für einen ausgewogenen Sound spricht. Die Band wirkte auf der Bühne ebenso zufrieden und in sich ruhend, insbesondere Sängerin Rachel, die ab und an von den Keyboards an die Gitarre wechselte, strahlte eine angenehme Ruhe aus. Es schien ein schöner Abend zu werden, doch in der Mitte des Sets bemerkte Rachel, dass ein Fan im Publikum kollabierte. Sie stoppte den Song, klärte die Bühnentechniker über den Notfall auf und bat darum, das Saallicht anzuschalten. Innerhalb kürzester Zeit bildete sich eine Rettungsgasse, Sanitäter kümmerten sich um den betroffenen Zuschauer, der unter Applaus hinausgeleitet wurde. Auch hier eine angenehme Ruhe und Souveränität auf allen Seiten, so dass das Konzert bereits ein paar Minuten später fortgesetzt werden konnte und es zu keinem Stimmungsabbruch kam. Die Setlist war ein schöner Mix aus allen fünf bisherigen Alben, bevor der Abend mit „Golden hair“, einem Cover von SYD BARRETT, beendet wurde. Natürlich nicht, ohne für zwei Zugaben erneut auf die Bühne gebeten zu werden, bevor mit „40 days“ aus dem Jahre 1993 dann tatsächlich ein Abschluss gefunden wurde.
Ein schöner Abend mit der Hoffnung, dass es auch der kollabierten Person inzwischen wieder besser gehen mag.