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RÖKKURRÓ – Geschulte Romantiker

RÖKKURRÓ haben sich Anfang 2006 in der isländischen Hauptstadt gegründet und hatten bereits im März desselben Jahres ihren ersten Auftritt. Im selben Jahr traten sie bereits beim größten isländischen Musikfestival, Iceland Airwaves, auf. Ihr Debütalbum „Það kólnar í kvöld…“ erschien zunächst auf dem isländischen Label 12 Tónar, im April letzten Jahres dann auch über Cargo Records in Deutschland.
RÖKKURRÓ bestehen aus zwei Mädchen und drei Jungen, alle sind 20 Jahre alt. Musikalisch bewegen sie sich mit dem stellenweise einsetzenden Akkordeon und gezupften Gitarren zwischen Folk und zarten isländischen Klängen à la SIGUR RÓS und EMILIANA TORRINI.
Kürzlich waren sie zum zweiten Mal hierzulande auf Tour. Per Mail sprachen wir mit Cellistin und Sängerin Hildur Kristín Stefánsdóttir über Island, die Einflüsse auf ihre Musik und die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf ihren Alltag.

[F] Was heißt eigentlich Rökkurró bzw. “Það kólnar í kvöld…”? Wovon handeln Eure Texte?
[A] Rökkurró ist isländisch und verknüpft zwei Wörter miteinander. „Rökkur“ heißt Dämmerung und „Ró“ bedeutet Stille. Es umschreibt also die Atmosphäre, wenn die Sonne untergeht und die Stimmung ruhig ist. Wir fanden, dass das sehr gut passt, weil wir zuerst auf dem Dachboden unseres Schlagzeugers geprobt haben und wir nur sehr leise spielen konnten, weil er alte Nachbarn hatte.
„Það kólnar í kvöld…“ heißt „es wird kälter heute Nacht“. Die Texte sind sehr unterschiedlich. Manche sind Kurzgeschichten über bestimmte Personen, andere handeln nur von den Dingen, die so im Leben passieren.

[F] War es für euch von Beginn an klar, in eurer Heimatsprache zu singen?
[A] Wir wollten von Beginn an einen guten isländischen Bandnamen und isländische Texte haben. Wir denken, dass das perfekt zur Musik passt und sind wirklich stolz auf diese schöne Sprache. Außerdem denken wir, dass die Sprache nicht im Weg steht, wenn Leute unsere Musik mögen. Es ist viel einfacher, sich in seiner eigenen Sprache auszudrücken.

[F] Seid ihr Romantiker? Spiegelt sich euer Charakter in eurer Musik wider?
[A] Romantiker..? Ich weiß nicht, nicht unbedingt. Ich denke, dass Musik immer einige Elemente des eigenen Charakters widerspiegelt, aber wie genau, das ist schwer zu beschreiben. Aber es muss einen Grund geben, warum wir unsere Musik so machen wie wir sie machen!

[F] Ist es Zufall, dass Bands wie SIGUR RÓS, EMILIANA TORRINI und ihr immer so elfenhafte Musik machen, oder kommt dabei musikalisch doch immer eine gewisse Naturverbundenheit zum tragen?
[A] Haha, das ist lustig, denn wir hören diesen Elfen-Vergleich nur in Deutschland! Wir sind alle Stadtkinder, die lange in Reykjavík gelebt haben, und um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass uns die Natur beeinflusst. Meine Theorie ist, dass es etwas mit unserer Sprache und der Betonung während des Singens zu tun hat. Aber vielleicht stimmt das auch nicht. Wir schreiben die Musik aus unserem Herzen, aber vielleicht beeinflusst die Natur ja unser Herz – wer weiß…

[F] Ihr seid zur Zeit in Europa auf Tour. Zum ersten Mal? Wie gefällt es euch, wie läuft die Tour, was vermisst ihr?
[A] Ja, wir touren derzeit durch Europa, aber hauptsächlich Deutschland – für etwa drei Wochen. Es ist unsere erste eigene Tour, aber vorher waren wir schon mal mit ÓLAFUR ARNALDS in Deutschland und Umgebung unterwegs. Wir mögen wirklich gerne touren, eigentlich ist das sogar die beste Sache,die wir machen! Island ist zum Touren und zum Leben als Musiker zu klein, und deshalb ist es wirklich inspirierend, vom Musizieren leben zu können. Zurzeit vermissen wir wirklich gar nichts – es ist alles so großartig!

[F] Die Bandkonstellation mit einer singenden Cellistin in der Mitte ist ja ein wenig ungewöhnlich. Spielt ihr von Beginn an in dieser Zusammensetzung?
[A] Jep, die singende Cellistin gibt es von Beginn an! Ich war am Anfang wirklich schlecht darin, gleichzeitig zu singen und zu spielen, aber ich denke, ich bin mit der Zeit besser geworden 🙂

[F] Eure Musik bewegt sich auf einem hohen Level. Habt ihr eine klassische Ausbildung an euren Instrumenten und Gesang genossen?
[A] Die meisten von uns hatten klassischen Unterricht. Unser Schlagzeuger schließt gerade die Musikhochschule ab und lernt Klavier. Unser Akkordeon-Spieler hatte Unterricht an seinem Instrument, einer unserer Gitarristen hat klassische Gitarre gelernt, und ich habe Cello und etwas Operngesang gelernt.

[F] Das vorherrschende Thema in den Medien ist seit einem guten halben Jahr die Weltwirtschaftskrise, wo Island dem Staatsbankrott nur knapp entkommen ist. Spürt ihr die Rezession am eigenen Leib?
[A] Die Situation in Island betrifft jeden, der hier lebt. Es ist bedrückend, jeden Tag nur schlechte Nachrichten zu hören von Leuten, die ihren Job verlieren und Firmen, die bankrott gehen. Heutzutage haben viele Familien Schulden. Zwei unserer Bandmitglieder haben kürzlich ihren Job verloren. Aber ich denke, das bekräftigt uns nur darin, Musik zu machen, um dem Alltag zu entkommen.

http://www.myspace.com/rokkurro