RED TAPE PARADE – The third rail of life

Mit ihren 2008er Album „Ballads of the flexible bullet“ verstanden es RED TAPE PARADE, den amerikanischen Punk-/Hardcore-Spirit früherer Jahre so authentisch einzufangen wie kaum eine andere deutsche Band. Beeinflusst von altehrwürdigen Bands wie MINOR THREAT oder DAG NASTY, aber auch neueren Kalibern der Marke BOYSETSFIRE hauten die Süddeutschen damals mit ihrem Debüt ein unglaubliches Kraftpaket raus, mit dem sie in der hiesigen Hardcore-Szene ein dickes Ausrufezeichen setzen konnten.
Mit „The third rail of life“ präsentieren sie nun den Nachfolger und zeigen sich zu meiner Überraschung von einer etwas gemäßigteren Seite: RED TAPE PARADE klingen deutlich emotionaler und auch die stilistische Vielfalt des Vorgängers wird noch einmal locker getoppt. Klassische Hardcore-Knaller wie „(Hunch)Back for good“ oder „Anything else in progress“ (bei dem übrigens LAGWAGON-Sänger Joey Cape mitsingt) bilden mittlerweile eher die Ausnahme, stattdessen findet man zunehmend melodische Songs im mittleren Tempobereich, und „Steal the air!“ entpuppt sich gar als eine Art atmosphärische Punk-Ballade.
Ungeachtet der reduzierten Drehzahlen strotzen die Texte allerdings weiterhin nur so vor Szene-Idealismus und Querverweisen auf die amerikanische Punk- und Hardcore-History und unterstreichen, dass die Ü30er nach wie vor mit Herz und Seele bei der Sache sind. Wer ein abwechslungsreiches, ausgereiftes Punkrock-Album mit reichlich textlichem und musikalischem Tiefgang sucht, der liegt mit „The third rail of life“ folglich goldrichtig.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.