Es gibt Wörter, die ich besonders mag: „Hinreißend“ gehört dazu, „reizend“ auch, „zauberhaft“ natürlich und „vollschöööön“. Mädchen-Vokabular. Nun, eigentlich „Ich war früher mal bei neon.de angemeldet und hab am liebsten Indiepop gehört“-Mädchen-Vokabular. Als Verfasserin von Alben-Reviews ist das fatal. Ständig läuft man Gefahr, sich zu wiederholen und im schlimmsten Fall wie ein Dummchen mit dem Wortschatz eines Kopfsalats zu wirken. Aber „Pissing on bonfires / Kissing with tongues”, das Debüt der schottischen Newcomer MEURSAULT, ist nun mal hinreißend und zauberhaft und all das.
Interessant ist, dass besagtes Debüt im UK bereits 2008 released wurde, während man hierzulande zwei Jahre lang auf die Veröffentlichung warten musste. Zuvor erschien bei uns „All creatures will make merry“, das zweite Werk der Band um Sänger Neil Pennycook. Das ist verwirrend, macht aber im Grunde nichts.
Eigentlich machen die sechs jungen Männer aus Edinburgh Folk: traditionell, altmodisch, mit Banjo, Cello, Akkordeon und viel Schmacht, manchmal auch mit viel Hoden und einem großen, testosteronverschmierten Penis. Weil MEURSAULT aber nicht nur Schotten, sondern auch wild und hungrig sind, mixen sie Schmacht und Hoden mit Elektronik. Das ergibt dann elektronische Schmacht-Hoden oder eben ein so reizendes Album wie dieses. Digital Folk, als würde BON IVER mit THE POSTAL SERVICE rumküssen. Außerdem finde ich, dass die Musik der Schotten oft an die Songs von MUMFORD & SONS erinnert. Nicht ganz so radiotauglich und viel zu sperrig sind die Songstrukturen, und auch Sänger Neil Pennycook sieht nicht ganz so hübsch aus wie Marcus Mumford. Aber die Vorliebe fürs Dramatische, das teilen beide Bands.
Um mal zu einem Fazit zu kommen: „Pissing on bonfires / Kissing with tongues” ist vollschööön. Und wenn ich mal heiraten sollte, muss mein Mann mindestens genauso hübsch singen können wie Neil Pennycook. Ein großer, testosteronverschmierter Penis schadet natürlich auch nicht.