So oft krank wie in diesem Schuljahr war ich noch nie. Auch jetzt wieder, so ne elend langwierige Erkältung plus Bronchitis. Ein Traum. Und im Hinterkopf immer dieses Gefühl „ohje, die brauchen dich doch in der Schule“ – und leider auch Nachrichten wie „ich weiß, du bist krank, aber wir müssten mal dringend über das nächste Schuljahr reden, weil da wieder mehr Arbeit auf dich zukommt.“ Sehr heilsam, solche Nachrichten. Ja, ja, ich weiß, man könnte seine Kommunikationsmittel ja auch ausstellen. Aber es kommen leider immer wieder Schüler:innen mit wirklich wichtigen Fragen, die Hilfe brauchen – und denen möchte ich gerecht werden.
Was dieses Jahr aber auch zeigt: Geht mehr zu Konzerten! Ich hatte 2025 wirklich schon ganz herrliche Abende mit KETTCAR oder MATZE ROSSI, aber auch mit dem herrlichen Podcast Schlag & Fertig mit Fabian Köster und meinem Effzeh-Liebling Jonas Hector. Alles komplett großartige Abende mit komplett großartiger Musik und komplett großartigen Menschen. Dennoch kann man nicht allen gerecht werden, manchmal auch wegen o.g. Krankheiten, wie etwa bei ENNO BUNGER, den ich sehr gerne mal wieder gesehen hätte.
Apropos gerecht werden. Manchen Bands auf unseren k&s kann man auch nicht gerecht werden, manchen möchte man vielleicht auch gar nicht so viel Zeit widmen, für andere hat man eben wiederum keine. Aus den unterschiedlichsten Gründen landet man manchmal bei uns in der Kategorie kurz und schmerzlos. Wie das Leben so spielt.
Viel Spaß mit den Kurzrezensionen von Januar – März 2025.

5/8ERL IN EHR’N – Burn on! (Label: Viennese Soulfood Records, VÖ: 28.02.2025)
(jg) Als ich den merkwürdigen Bandnamen, das kunterbunte Artwork und den Wiener Akzent vernahm, dachte ich sofort, dass diese Band zusammen mit den schwäbischsprachigen Disco-Funk-Reggae-Bluesern von HASA (siehe Kurz & Schmerzlos im Sommer letzten Jahres) auf Tour gehen sollte. Doch mit Klamauk hat dieser Mischmasch aus Motown, Soul und Jazz dann doch herzlich wenig zu tun – sonst hätten 5/8ERL IN EHR’N wohl auch kaum gleich sechsmal (!) den Austrian Music Award gewonnen. Ein durchdachtes, ausgefeiltes Songwriting mit zahlreichen überraschenden Wendungen. Ein wenig FRANK ZAPPA schimmert hier manchmal sogar auch durch. Dazu gesellschaftskritische Vocals im Wiener Schmäh. Und wer am Ende die 5/8ERL IN EHR’N nicht ehrt, ist eh bled wia 10 Pinkel Fetzen!
https://www.5achterl.at/

BLACK HEART PROPHET – To the bone (Eigenvertrieb, VÖ: 16.05.2025)
(bc) „To the bone“ ist eines dieser Alben, bei denen man im Grunde bereits nach dem ersten Riff genau weiß, was eine/n erwartet. THE BLACK HEART PROPHET liefern hier einen testosterongeladenen, nach Schweiß und Whiskey stinkenden Mix aus Hardrock und Rock’n’Roll ab, der spätestens mit dem zweiten Song auch eine deutliche Vorliebe für MOTÖRHEAD offenbart. „Born to rock“ ist hier also nicht nur einer der Songtitel, sondern zugleich auch Programm. Dazu eine schön raue Produktion, die die Gitarren in den Vordergrund rückt und dem Sound dadurch eine angemessene Härte verleiht. Ich bin mir sicher, Lemmy würde das gefallen.
https://blackheartprophet.bandcamp.com

CHURCH OF CONFIDENCE – (S)hit Explosion (Label: Smith & Miller, VÖ: 14.03.2025)
(so) Die CHURCH OF CONFIDENCE hält Messe. Dieses Mal nicht mit einer Lesung der eigenen Werke, sondern es werden die Evangelien der 50er, 60er und 70er gesungen. Die Band macht sich über Hits von SWEET, CREEDENCE CLEARWATER REVIVAL oder auch BOB DYLAN her, lässt die Gitarren sie zerfleischen und weich- (oder hart-)kochen. Die CHURCH OF CONFIDENCE wird laut Infozettel oft „als Deutschlands unterbewerteste Punk-Rock-Band“ bezeichnet. Überbewerten sollte man dieses Album definitiv auch nicht. Ist irgendwie ganz nett, so zum Nebenbeihören, aber sind halt ältere Hits im rockigen Gewand. Vielleicht wirklich eine Shit Explosion.
https://www.facebook.com/p/Church-Of-Confidence-100063551437078/

DIETER ILG – Motherland (Label: Jazzline, VÖ: 28.02.2025)
(jg) Nicht nur JAKOB BÄNSCH (siehe weiter unten) erinnert mich ein wenig an TILL BRÖNNER, auch bei dem Opener mit dem unterhaltsamen Titel „Schwarzwaldfahrt“ kam mir auf Anhieb der begnadete und nicht mehr ganz unbekannte Trompeter in den Sinn. Und siehe da: es ist tatsächlich ein Gastauftritt von ihm!
Das passt hervorragend zum neuen Album des renommierten Kontrabassisten DIETER ILG, auf dem er die Verbindung zu seiner Heimat, dem Schwarzwald, thematisiert. Ein insgesamt eher ruhiges, aber nicht minder vielfältiges Album, das sich ideal für die dunkle Jazzbar, vielleicht sogar das Birdland eignet. Wenn DIETER ILG nicht gerade in der Elbphilharmonie spielt…
https://dieterilg.de/

DIRTY TALONS – Deep dive (Label: Noise Appeal Records, VÖ: 14.03.2025)
(bc) DIRTY TALONS sind aus der österreichischen Punk-Band ASTPAI entsprungen. Doch auch, wenn man ihnen ihre Punkrock-Vergangenheit an einigen Stellen noch anhört, wendet sich der Sechser musikalisch inzwischen anderen Vorbildern zu: JUDAS PRIEST, THIN LIZZY oder – um mal ein etwas aktuelleres Beispiel anzuführen – SHEER MAG sind die Einflüsse, die „Deep dive“ prägen. Insofern zähle ich hier leider nicht zur Zielgruppe, auch wenn das Album definitiv gute Momente hat und vor allem die Stimme von Sängerin Jess zu überzeugen weiß.
https://dirtytalons.bandcamp.com

DREI METER FELDWEG – Gut Holz (Label: Dackelton Records, VÖ: 28.03.2025)
(so) Ja, es sind DREI METER FELDWEG. Das ist schon nach den ersten Klängen klar. Es wird laut, es wird schnell, es wird oft genug Skaspaß. Die Band aus der Lüneburger Heide gibt auch auf „Gut Holz“ alles, um die Schweißperlen zu ihrem Recht kommen zu lassen. Gut gemachter deutschsprachiger (Spaß-)Punk, teils mit politischem, teils alkoholischem Inhalt. Wenn du das magst, bist du bei DREI METER FELDWEG richtig und wirst definitiv nichts falsch machen. Das ist der Band auch bekannt, die mittlerweile sehr genau weiß, wie es klappt mit dem Nachbarn. Ein schönes Ding mit einigen Highlights, wie beispielsweise „Irgendwo anders“.
https://www.facebook.com/DreiMeterFeldweg

ELIEN – Roam (Label: Pussy Empire, VÖ: 31.12.2024)
(so) „Roam“ hat spannende Momente, etwa die, wenn ELIEN Niederländisch singt. Wie überhaupt der Gesang im Vordergrund dieses Albums steht. Um die Stimme herum werden zarte Melodien und Klangwelten gebastelt, eigentlich ist die Grundlage für ein wirklich schönes Album gelegt. Bei mir gelingt es aber nicht, mich endgültig zu überzeugen. Irgendetwas fehlt ELIENs Stimme. Oder hat sie etwas zu viel? Ich kann es gar nicht richtig beschreiben, aber „Roam“ beginnt mich schnell zu langweilen. Schon beim ersten echten Song denke ich „aha, okay, mal wieder so eine Stimme“. Und dann skippe ich auch schon zum nächsten Song.
https://www.facebook.com/elien.official/

JAKOB BÄNSCH – All the others (Label: Jazzline, VÖ: 28.02.2025)
(jg) Hatte ich dem mit dem Deutschen Jazzpreis dotierten Debütalbum von JAKOB BÄNSCH noch eine gewisse Eingängigkeit attestiert und Vergleiche mit NILS WÜLKER und TILL BRÖNNER gezogen, klingt sein zweites Album stilistisch doch merklich gereift. Kein anstrengender, aber inzwischen doch ziemlich eigenständiger, oft komplexer Stil für den jungen Jazztrompeter. Auf „All the others“ widmet Bänsch sich verschiedenen Charakteren und Themen aus Literatur, Filmen und Serien (u.a. Goethes Mephisto, Hermann Hesses Vasudeva, der Gottheit „Eywa“ aus dem Film „Avatar“ und Star Wars‘ Ahsoka Tano). So vielseitig er sich hier inspirieren ließ, so unterschiedlich gestalten sich auch die einzelnen Stücke. Beeindruckend!
https://www.jakobbaensch.com/

KARLA KVLT – Thunderhunter (Label: Exile On Mainstream, VÖ: 21.02.2025)
(jg) Wenn sich die Drums nur schleppend aus den Boxen wagen und die Saiteninstrumente (auch vom Tuning) tonnenschwer bis zu den Knien herunterhängen, spricht man wohl von „Doom Rock“. Doch spätestens als der zarte weibliche Gesang einsetzt, bin ich mehr als überrascht. Als ob man MAZZY STAR oder CAT POWER plötzlich mit SWANS und SUNN0))) kreuzen würde. Diese ungewöhnliche Kombi geht überraschend gut auf, verleiht dem düsteren Grundsound doch eine angenehme leichte Note als Gegenpart. Bei „Thunderhunter“ handelt es sich um das Debütalbum der noch jungen Hamburger Band KARLA KVLT, die auch familiär miteinander verbunden sind. Vater Markus war Gitarrist bei u.a. EISENVATER, Sohn Johann und dessen Gattin Teresa spielen auch bei MELTING PALMS mit. Alt trifft auf jung, Sludge/Doom auf Shoegaze und alles passt ganz hervorragend zusammen. Im Auge behalten!
https://karlakvlt.bandcamp.com/album/thunderhunter

KAROLINE KAMINSKI – I want less of you (Label: Record Jet, VÖ: 21.03.2025)
(so) Mal kraftvoll, mal sanft, KAROLINE KAMINSKI bietet uns auf der EP „I want less of you“ von allem etwas. Sehr viel Pop, auch sehr viel Pomp und durchaus kunstvollen Gesang. So recht will es bei mir aber nicht einschlagen, dieses bunte Gemisch, das manchmal auch etwas zu stark am Jazzkuchen nascht. Dadurch wird es dann eben noch weniger meins, was es für KAROLINE KAMINSKI nicht einfacher macht, von mir rezensiert zu werden. Freund:innen von opulenter, gut gemachter Popmusik mit weiblichem Gesang: Hört rein!
https://karolinekaminski.bandcamp.com

NOISEPICKER – The earth will swallow the sun (Label: Exile On Mainstream, VÖ: 21.03.2025)
(jg) Hat TOM WAITS neuerdings das Mikro bei THE JESUS LIZARD übernommen? Nein, nein. Der markante Gesang stammt von Harry Armstrong – auch bekannt von ORANGE GOBLIN, THE WINCHESTER CLUB und tausenden anderen Bands. Aber die obigen Referenzen hat der Bandinfo-Schreiber zur Orientierung tatsächlich schon sehr passend ausgewählt. Schleppende Beats, schroffe Gitarrenriffs, einzusortieren irgendwo zwischen Noise, Blues, AmRep, Touch And Go und Sub Pop und stilistisch klar in den 90ern zu verorten. Dass NOISEPICKER nur aus zwei Personen bestehen sollen, ist bei einem solch massiven Sound fast unvorstellbar.
https://noisepicker.bandcamp.com/

PLEASING – For us to feel lonely (Label: Two Steps Twice; VÖ: 17.01.2025)
(jg) Selbst laute Musik, die ihre Wurzeln noch im Metal hat, hat sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt. Nicht nur musikalisch hat man sich immer mehr geöffnet und neue Stile zugelassen, ebenso werden Songtexte über psychische Probleme erfreulicherweise nicht mehr als Schwäche ausgelegt. Auch PLEASING aus Luxemburg bewegen sich in diesem Umfeld, erinnern mich musikalisch am meisten an LA DISPUTE und PIANO BECOMES THE TEETH und haben nach einer ersten EP über die Themen Depression und Sinnlosigkeit nun eine zweite EP über das Sujet Einsamkeit nachgelegt. Die innere Zerrissenheit drückt sich dabei auch musikalisch in lauten und leisen Momenten aus. Schön umgesetzt!
https://pleasingofficial.bandcamp.com

SNAPPED ANKLES – Hard times furious dancing (Label: The Leaf Label, VÖ: 28.03.)
(jg) Vor längerer Zeit meinte eine Freundin, sie würde so gerne zur Musik meiner Band joggen. Das hat mich ein wenig verwundert, weil wir uns stilistisch selten im 4/4-Takt bewegen. In meinen Augen würde zum Dauerlauf besser Musik wie THE PRODIGY, THE CHEMICAL BROTHERS oder FATBOY SLIM passen. Straighte Beats, motivierende Sounds, und die BPM müssten auch mehr oder weniger passen. Oder aber die Musik von SNAPPED ANKLES – natürlich aus London. Hier treffen Breakbeats auf fiepende Sounds und Mülltonnengehämmer. Also ziemlich geil! Mein Lieblingstrack ist „Raoul“. Stelle ich mir live ziemlich imposant vor – aktuell übrigens noch auf Europatour. Checkt das out!
https://snappedankles.bandcamp.com/

SURREAL FATAL – Fuge (Label: RilRec, VÖ: 15.11.2024)
(bc) SURREAL FATAL sind ein noch relativ junges Pflänzchen, welches der umtriebigen Hamburger Punk-Szene entsprungen ist. Stilistisch zwischen Punk, Hardcore und Post-Punk angesiedelt. In den 2000ern hätte man dazu wahrscheinlich Emocore gesagt und die Band mit Formationen wie ESCAPADO oder KATZENSTREIK in einen Korb geworfen. Die Kombination aus weiblichem Schrei- und männlichem Sprechgesang kommt richtig gut und unterstreicht perfekt den musikalischen Wechsel zwischen kraftvollen Ausbrüchen und ruhigen Melancholie-Parts. Richtig gutes Debütalbum!
https://surrealfatal.bandcamp.com

THE ROXIES – Keep you up at night (Label: Flight 13 Records, VÖ: 07.03.2025)
(bc) Ich habe den Eindruck, dass Powerpop seit einiger Zeit eine kleine Renaissance erlebt. Auch THE ROXIES bedienen sich dieses Stils und präsentieren auf „Keep you up at night“ simples Songwriting, poppige Harmonien und einen lässigen Retro-Vibe. Doch auch der gute, alte Kumpel Punkrock lässt sich auf diesem Album blicken, wie beispielsweise in „Animals“, bei dem es sich im Grunde genommen auch um einen Song aus der Spätphase der RAMONES handeln könnte. Nette Untermalung für sonnige Frühlingstage!
https://roxies.bandcamp.com

SEDLMEIR – Befehl aus dem Weltraum I & II (Label: Rookie Records, VÖ: 21.03.2025)
(so) Ist der erste Track noch einer für die Freund:innen von ASMR, geht es mit Track 2 dann in irgendwie seltsame Gefilde bei SEDLMEIR, irgendwo zwischen Italopop, NDW und Psychedelic. Auch „Die Industrie“ spielt sich im Feld des Minimal fest und wirkt dabei ebenfalls leicht deplaziert. Es scheint, als haben sich SEDLMEIR diversen Drogen hingegeben oder auch zu viel EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN gehört, jedenfalls ist „Befehl aus dem Weltraum I & II“ ein ziemlicher Fiebertraum zwischen ASMR und Wahnsinn.
https://sedlmeirx.bandcamp.com

SOFIA HÄRDIG – Lighthouse of glass (Label: Bark at your owner, VÖ: 11.04.2025)
(so) SOFIA HÄRDIG aus Schweden packt die ganz große Nummer aus, es wird … hochkünstlerisch? Jedenfalls klingt es nach hoher Kunst, was sie uns auf „Lighthouse of glass“ entgegenschmettert, unterlegt mit fast orchestralem Sound und mit nahezu opernhaftem Gesang. Die Melodien scheuen keine Höhen, keinen Haken und keine Herausforderung, mir wird es dadurch etwas zu verkünstelt und verliert die Wirklichkeit ein wenig aus den Augen. HÄRDIGs Stimme ist großartig, da gibt es keine zwei Meinungen, aber ein bisschen weniger wäre durchaus ein bisschen mehr gewesen. So bleibt es ein kunstvolles, fast klassisches Werk.
https://sofiahardig.bandcamp.com

VENTURA – Superheld (Label: Vitesse Records, VÖ: 07.03.2025)
(jg) Irgendwie passt der etwas antiquierte Titel „Superheld“ vortrefflich zur Musik dieses Trios aus Lausanne. Die ist nämlich auch so weit weg von Stilen wie Trap, Amapiano, NNDW und Y2K Techno wie Donald Trump von Begriffen wie Empathie, Innovationen und Glaubwürdigkeit. Ein wenig erinnert mich das an Bands wie STERNZEIT, 35007, SMASHING PUMPKINS und alte THE NOTWIST – allesamt schon vor 30 Jahren oder mehr aktiv. Irgendwo zwischen Grunge, Stoner- und Indierock. Nichts Neues zwar, aber trotzdem immer wieder gut zu hören. Schlagzeug, Bass, Gitarre, Gesang – mehr braucht es nicht, um amtlich zu rocken.
https://vntr.bandcamp.com/