Vegetarische oder vegane Ernährung hat sich in den letzten Jahren immer mehr durchgesetzt. Das bemerkt man im Freundeskreis, aber auch, wenn man als Band durch die Republik tourt. Vor allem in autonomen Jugendzentren ist es schon lange üblich, dort auftretende Bands vegetarisch, immer häufiger auch vegan zu bekochen. Als uns bei einem Konzert in Oldenburg vor drei Jahren ein Hackbraten vorgesetzt wurde, war die Verwunderung groß. Damals ernährte sich jedoch nur ein Fünftel unserer Band vegetarisch, heute sind mehr als die Hälfte Veganer/Vegetarier. Diese allgemeine Entwicklung ist begrüßenswert, denn wer ethisch denkt, weiß, dass eine fleischhaltige Ernährung schon lange nicht mehr notwendig ist.
Ich muss jedoch gestehen, dass ich zu den zwei Fünfteln der Band gehöre, die nach wie vor Fleisch essen. Als ich nun das Ox-Kochbuch „Kochen ohne Knochen – Mehr als 200 vegane Punk-Rezepte“ zugeschickt bekam, überlegte ich zunächst, wem ich das Buch zur Review geben könnte oder ob ich es nach der Besprechung weiterschenke. Doch warum ist das Denken hier eigentlich so festgefahren? Kann ich als Fleischesser nicht auch ein vegetarisches oder veganes Kochbuch besitzen? Ein indisches Kochbuch zwingt einen ja auch nicht dazu, jeden Tag indisch zu kochen. Ist ein vegetarisches oder veganes Kochbuch also nicht sogar genau das richtige Geschenk für einen Fleischesser, der seine Ernährung zumindest gelegentlich kritisch hinterfragt?
„Kochen ohne Knochen“ hat sicherlich keine festgelegte Zielgruppe. Alteingesessene Veganer werden hier ganz bestimmt noch neue Rezepte entdecken (oder kanntet Ihr bereits „Verduras al horno con pimenton vera“ – ein andalusisches Ofenrezept mit geräuchertem Paprikapulver?), genauso wird Neulingen aber auch erklärt, wie man beispielsweise Seitan herstellt und dass Sojasteaks in der Regel länger eingeweicht werden müssen als auf der Packung angegeben. Gelungen ist auch die abwechslungsreiche Rezeptauswahl: neben Rezepten mit veganen Alternativprodukten (Tofu, Seitan, Soja, …) gibt es Gerichte, die auf jeglichen „Fleischersatz“ verzichten (sehr zu empfehlen sind z.B. die „Kräutergnocchi mit Rote-Beete-Salbei-Creme“), diverse Suppen, Salate, Brotaufstriche, aber auch Schleckermäulchen kommen hier nicht zu kurz. Dass veganes „Mousse au Chocolat“ fantastisch schmeckt, weiß mittlerweile ja jedes Kind.
Die meisten Rezepte sind einfach in der Zubereitung, größtenteils bewegen wir uns in der veganen Basisküche. Weil hinter den Autoren alte Punk-Recken stecken, empfehlen sie natürlich zu jedem Gericht einen entsprechenden Musiktitel. Und was passt da schon besser zu einem Spargelrisotto mit (selbstgesammelten) Steinpilzen als Joey Ramone und „Don´t worry ´bout me“?