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KIPPEN – Talfahrt zur Futterkrippe

Die mittlerweile auf Hochglanz polierte deutsche Indie-Szene hat neue Anti-Helden: KIPPEN aus Braunschweig machen einen auf Spielverderber und sind der Stachel im Fleisch einer Bewegung, die ihre Ursprünge auf der krankhaften Suche nach der perfekten Melodie und dem vermeintlich unpeinlichsten Liebeslied zunehmend aus den Augen verliert. Der Sänger der GRÄTENKINDER steuert mit seiner neuen Dreiercombo diesem Trend entgegen und haut kurze, prägnante Songs heraus, die in ihrer Grauzone zwischen Schrammel-Indie und Ungestümdrauflosholz-Punk erfrischend an die frühen TOCOTRONIC erinnern. „Talfahrt zur Futterkrippe“ ist ein liebenswertes Album voller DIY-Haltung und subtiler Kritik an den bestehenden Verhältnissen: „Münte hat gelogen, war uns schon lange klar. Aber das jetzt ist die Höhe! Und keiner der sich ernsthaft daran stört. Wo brennen denn die Agenturen? Wo bleibt denn der Aufschrei?“ heißt es etwa in Anspielung auf Franz Münteferings Befürwortung der Agenda 2010 in dem Lied „Münte“. Wer vor Verzückung nun ebenfalls zur Gitarre greifen möchte, der bekommt übrigens im Booklet auch gleich noch zu jedem Lied die passenden Akkorde mitgeliefert. Bei dem eben zitierten Lied heißt es da beispielsweise: „Die ganze Zeit: a – c – d – e, Zwischenteil: d – e – c, Ende: Krach!“. Indie-Rock kann so einfach sein.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.